Pizza House Crash
Pulli, eine schwarze Jeansjacke und auch noch kamelhaarfarbene Desert Boots. Die Schuhe hatte ich wegen ihrer Haltbarkeit und weniger aus modischen Erwägungen ausgesucht, aber insofern hatten sie schon wieder einen gewissen Stil.
Mein ramponiertes Abbild, das sich in der vielfachen Verspiegelung der Umkleidekabine grausam wiederholte, geriet ins Schwimmen, daß mir ganz flau wurde, als ich mich mit den Knöpfen meiner Jeans abquälte. Die älteren, gelben und malvenfarbenen Stellen in meinem Gesicht stachen hervor wie alte Knutschflecke. Neue Blutergüsse prangten auf meinen Schläfen, und die mittlerweile dauerhaften dunklen Schatten unter meinen Augen vertieften sich noch in meinem grauen, finsteren Gesicht. Ich brauchte schweres Make-up, und das junge Mädchen, das es mir brachte, fragte, ob mir auch nichts fehle. Ich belog sie, aber sie glaubte mir nicht. Sie brachte mir ein
Glas Wasser und zwei Aspirin und nahm meine alten Sachen in einer Tüte mit hinaus. Ich setzte mich auf die Bank in der Umkleidekabine, nippte behutsam an dem kalten Wasser und dachte wieder an Warren. Es war so schwer, mich zu erinnern. Ich wußte inzwischen, daß man mich zu einem Parkplatz verschleppt und zusammengeschlagen hatte. Ein Motor lief, und der erstickende Dunst der Auspuffgase in meinem Gesicht nahm mir den Atem. Ringsum wurde es schwarz, während ich würgte und mich wehrte. Die schmutzigen Flüche konnten von mir stammen. Ich konnte nicht verstehen, warum Warren mit einem Messer da war. Ich erinnerte mich, wie die Klinge mich an der Hand erwischte. Blut lief mir wie warme Sauce über Gesicht und Bluse, aber es war nicht meins, es war ganz sicher nicht meins. Er mußte jemand anderen geschnitten haben. Oder hatte jemand ihn verletzt? Ich saß allein auf meiner Bank, durcheinander und voller Angst - voller Angst um ihn und mit einem schlechten Gewissen. Das Schuldbewußtsein war fast so schmerzhaft wie mein Kopfweh, es brannte beinahe ebenso heftig wie meine Hand.
Ich kämpfte die Tränen nieder. Es war alles nur meine Schuld. Plan B. Es mußte immer noch einen Plan B geben, der uns aus dieser Sache rausbringen würde. Aber erst mußte ich in die Redaktion, zu Max.
Es saßen nur wenige Leute dort herum, als ich schließlich eintrudelte. Es war Erscheinungstag; also mußte sich niemand besonders beeilen. Ihren Gesichtern sah ich an, wie ich aussah, aber ich ermunterte niemanden, mir nahezukommen.
Max saß ganz still in seinem Stuhl, die Lippen mißgelaunt zusammengepreßt.
»Sie sind eine dämliche kleine Idiotin«, sagte er, als ich mich setzte.
»Danke«, erwiderte ich. »Genau das, was ich brauche nach einer solchen Nacht. Mitgefühl, Trost, Ermutigung...«
Er wurde um eine Idee milder und erkundigte sich, was passiert sei. In einer für seine Verhältnisse außergewöhnlich menschlichen Geste tätschelte er mit seiner blassen Hand mitfühlend die meine, während er auf irgendeinen weit entfernten Punkt im Büro starrte.
Ich erzählte ihm alles, woran ich mich erinnern konnte.
»Ich denke, wir müssen jetzt die Polizei informieren«, unterbrach Max mich forsch. »Die Börse rufen wir auf jeden Fall an. Die wird die Sache untersuchen und an die Börsenaufsicht weiterleiten, was immer das wert ist. Höchstwahrscheinlich wird sich das Ministerium für Handel und Industrie unverzüglich einschalten. Haben Sie irgendwelche Namen?«
»Was soll das nützen? Dann ist die Katze aus dem Sack, und wir können die Halunken niemals festnageln. Überhaupt, die Polizei hat sich bereits wegen des Überfalls mit mir unterhalten. Ich habe gesagt, ich könnte mich an nichts erinnern... was durchaus stimmte, als sie mit mir sprachen.«
Ich wollte Eddie jetzt nicht entwischen lassen - nicht, wenn ich so nahe dran war. Max mußte tun, was richtig war, aber ich wollte nicht.
»Georgina, ich muß Ihnen sagen, daß ich heute morgen mit Mr. Piggott von Pull Up For Pizza gesprochen habe. Julians Dateien sind noch intakt. Aber es gibt im System keinerlei Anzeichen für fremde Codes oder Programme.«
»Bis zu welchem Level?«
»Auf jedem Level, das er erreicht hat. Mr. Piggott ist äußerst beunruhigt. Löschungen in einem solchen Ausmaß hinterlassen natürlich an sich schon wieder Spuren, Beweise für das Eindringen, wie Sie wohl wissen. Er untersucht die Sache.« Das hieß, meine Story fiel auseinander. Es gab keinen Beweis für die Message, die Julian getötet hatte. Warren hatte die Ausdrucke weggeworfen, aber sie wären jetzt
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