Pizza House Crash
ohnehin wertlos gewesen. Die Negative der Fotos waren verschwunden. Alles, was ich noch hatte, war die Lifestyle-Connection und eine Liste der Gesellschafter. Das war zu dürftig.
»Es ist noch nicht aus, Georgina. Da ist noch eine gute Story zu schreiben, wenn es eine Untersuchung gibt. Gott, Mädchen, Sie sehen ja furchtbar aus... schrecklich. Sie sollten heute nicht arbeiten. Gehen Sie irgendwo schlafen - oben, wenn Sie wollen. Mal sehen, wie Sie sich später fühlen.«
Max ging, und ich stand wortlos auf und schlich zu meinem unordentlichen, papierübersäten Schreibtisch.
Die neueste Ausgabe der Technology Week lag glatt und glänzend zuoberst auf dem Stapel von Zeitungen und Pressemitteilungen. Auf dem Titel war Nicks Foto von den graugesichtigen Händlern auf den rotglühenden Computermonitoren zu meiner Story über Broadwick & Kleins erfolgreiches Computersystem und die drohenden Probleme anderer Firmen, deren Systeme unter der Belastung zusammenbrachen.
Es war Freitag - eine Woche war es her, daß Warren und ich zu Julians Cottage hinausgefahren waren. Es war das Ende einer zweiwöchigen Abrechnungsperiode für Aktienhändler. Die Abrechnungscomputer der Broker und der Bankenbuchhaltungen auf beiden Seiten des Atlantiks würden Überstunden machen, um die Last der massiven zusätzlichen Handelsumsätze während des Crashs zu bewältigen. In den USA waren es jetzt noch sieben Tage bis zum Zahltag, in Großbritannien zehn; es wäre also ein Montag, der erste Montag im November, an dem die City den ersten echten Ansturm eines Winters erleben würde, der lang und hart zu werden versprach.
Die britischen Firmen waren immer noch damit beschäftigt gewesen, den durch die großen Privatisierungskampagnen der Regierung verursachten Rückstau aufzulösen. Nachdem der Crash nun dazugekommen war, würden sie unter Bergen von Papier versinken. Es war bereits nicht mehr klar, wer kaufte, wer verkaufte, und zu welchem Preis das geschah, wenn das Tempo seinen hektischen Höhepunkt erreichte. Es war eine gute Story, zumal ich die ersten Gerüchte über einen Stellenabbau in der City gehört hatte, weil Computerprojekte abgesagt wurden. Auch den Zusammenbruch des SEAQ hatten wir dabei, und es gab einen spekulativen Abschnitt über Programmhandel. Mary Stow hatte eine gute Story über eine große Computerfirma, die einen Millionenauftrag verloren hatte, weil eine große Brokerfirma im Rahmen unverzüglicher Kosteneinsparungen nach gewaltigen Verlusten an der Börse eine Computereinrichtung abbestellte. Charlie hatte keinen nennenswerten Beitrag im Blatt, und während ich die Analyse zur Lage der City im Innenteil überflog, fragte ich mich, wieviel er schon hatte aufbringen können, um seine Schulden zu begleichen. Ich mußte ebenfalls an meine Zukunft denken. Max würde den Investment-Club nicht vergessen.
Als ich noch das Heft durchblätterte, klingelte das Telefon. »Ich bin’s.« Warrens trockene Stimme kam knisternd durch die Leitung, und ich hielt den Atem an. Meine Niedergeschlagenheit verflog sofort.
»Oh, Gott sei Dank«, flüsterte ich, schon wieder den Tränen nahe. »Ich wußte nicht, was mit dir passiert war. Bist du verletzt? »Mit mir ist alles okay. Ich hab’ im Krankenhaus angerufen. Die haben gesagt, du hättest dich selbst entlassen... dumm, so dumm wie eh und je... Aber lassen wir das. Bist du in Ordnung? Gott, ich dachte, du wärest tot.«
»Bin ich auch, sozusagen.«
»Ziemlich übel, hm?«
»Sagen wir’s so: Ich habe solche Prügel nicht mehr erlebt, seit ich...«
»Oh, du bist so verflucht cool.« Vor lauter Erleichterung lachte er ein bißchen, und eine kurze, vertraute Erinnerung an vergangene Zeiten linderte den Schmerz.
Wir schwiegen, bevor wir gleichzeitig befangen unsere Entschuldigungen hervorstammelten, und verstummten dann wieder, als mache es uns verlegen, zu entdecken, wie nah unsere Stimmen und wie fern unsere Münder waren.
»Alles okay? Erzähl mir, was passiert ist. Ich kann mich nur an ein kleines Stückchen erinnern«, sagte ich.
Er sagte, er habe zwei angeknackste Rippen. Er habe sich Sorgen um mich gemacht und trotz allem, was ich gesagt hatte, draußen gewartet, bis ich aus dem Pub käme, um sich zu vergewissern, daß ich unversehrt zu Max gelangte. Dann sah er mich auf die Straße kommen, und im nächsten Augenblick sei er durch die auseinanderströmende Menge von mir getrennt worden. Die beiden Männer hätten mich wie eine betrunkene Bekannte zwischen sich
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