Pizza Letale: Palinskis elfter Fall
Mercedes …«, er warf einen Blick auf seine Aufzeichnungen, »200 D, weiß, Baujahr 1983, mit dem Kennzeichen ›W 12 344 L‹ heraus. Der Wagen steht wahrscheinlich irgendwo im 19. Bezirk.« Er blickte Arthur fragend an.
Der hatte inzwischen einen Schlüsselbund aus der Tasche gefischt und auf den Schreibtisch gelegt. »Hier«, meinte er freundlich, »die Schlüssel. Das Auto steht in der Heiligenstädter Straße Ecke Sickenberggasse.«
»Danke, sehr kooperativ«, anerkannte der Chefinspektor. »Das wird sich vor Gericht positiv für Sie auswirken.« Er schüttelte ungläubig den Kopf.
»Ich fürchte, Bachmayer, uns ist da gerade etwas Einmaliges gelungen. Wir haben einen Mord geklärt, ehe er überhaupt stattgefunden hat. Offiziell zumindest.«
»Und was ist jetzt mit der Bender-Nicerec?«, wunderte sich der Oberleutnant.
Wallner zuckte fragend mit den Schultern. »Alles wieder zurück an den Start«, murmelte er. »Und dann müssen wir herausbekommen, wie Arthurs Lily mit vollem Namen geheißen hat.«
*
Palinski, der irgendeinen Kriminalbeamten in Franka Wallners Begleitung erwartet hatte, war ziemlich erstaunt, nein, angenehm überrascht, als sie mit einer attraktiven Dame das Mamma Maria betrat. Einer Vera Asbinova, wie er gleich darauf erfuhr.
Franka, die das vorher mit der Magistra besprochen hatte, klärte Mario auf, dass Frau Asbinova Herrn Wilhelm Sanders physiotherapeutisch betreut hatte und kurz davor gestanden war, ihren Patienten zum Mann zu nehmen.
›Na, so etwas‹, wollte Palinski gerade erwidern, ›ich heirate auch in Kürze. Am kommenden Samstag, um präzise zu sein.‹ Aber unter den gegebenen Umständen, immerhin war der Bräutigam dieser Frau kalt, starr und nicht mehr zu verwenden, erschien ihm das dann doch unpassend. Und so nickte er nur mit dem Kopf.
»Ehe Sie sich fragen, warum ich jetzt nicht in Tränen vor Ihnen sitze«, begann die Therapeutin zu erzählen, »darf ich Folgendes erläutern. Wilhelm und ich sind …, waren gute Freunde. Kein Liebespaar, nur sehr gute Freunde. Was wir vorgehabt haben, war eine reine Vernunftehe. Aber auf Basis echter Freundschaft. Ich gebe durchaus zu, dass die Aussicht auf die damit verbundene finanzielle Sicherheit eine gewisse Rolle bei meiner Entscheidung gespielt hat. Das war aber nur ein Aspekt unter mehreren. Also, das Geld war sicher nicht das entscheidende Argument.«
Palinski war unwillkürlich beeindruckt von der Offenheit der Frau. Andererseits, eine reine Liebesheirat hätte er ihr angesichts der näheren Umstände auch nicht abgenommen.
»Ich bin seit letztem Freitag in Bayern bei einem Kongress und auf einer Fachmesse gewesen«, fuhr die Asbinova fort. »Wilhelm und ich haben regelmäßig telefoniert, täglich mindestens einmal. Nachdem ich ihn seit Sonntag nicht erreichen und mir auch niemand sagen konnte, was mit ihm los war, habe ich mich gestern ins Auto gesetzt und bin einfach hergefahren.« Nun hatte sich doch so etwas wie Trauer über ihr Gesicht gelegt. »Leider haben sich meine Befürchtungen als berechtigt erwiesen.«
»Kennen Sie eigentlich Lorenzo Bertollini, der …?«, wollte Palinski jetzt wissen, aber die Frau ließ ihn gar nicht ausreden.
»Ich habe gehört, dieser junge Mann soll etwas mit dem Tod Wilhelms zu tun haben«, fiel sie ihm ins Wort. »Na, so ein Blödsinn. Ich habe den …, wie heißt er noch, ach ja, Lorenzo ein-, zweimal gesehen, wenn ich die Pizza entgegengenommen habe. Wilhelm war ja fast süchtig nach dem Zeug. Also, dieser junge Mann, der hat sicher nichts damit zu tun. Abgesehen davon hätte Wilhelm einen Fremden nie so nahe an sich herangelassen. Dazu war er viel zu vorsichtig.«
»Aber Herr Sanders hat Lorenzo angeblich wiederholt als ›Katzelmacher‹ und ›Spaghettifresser‹ beschimpft. Und Streit mit ihm wegen Marika Sanders gehabt. Er wollte angeblich nicht, dass sie sich mit dem ›Itaker‹ abgibt«, entgegnete Palinski.
»So ein Unsinn«, begehrte die Asbinova auf, »Wilhelm hätte solche Ausdrücke nicht einmal zum Spaß verwendet. Wer hat das behauptet? Ich wette, das war Marika selbst, dieses Biest.«
Inzwischen hatten die drei eine hervorragende Minestrone als ersten Gang hinter sich gebracht, und das bei einem italienischen Menü obligatorische Pastagericht, Cannelloni ricotta e spinaci, stand unmittelbar bevor.
»Wenn ich Sie richtig interpretiere, sind Sie nicht unbedingt ein Fan von Herrn Sanders’ Tochter«, meinte Palinski zu der Physiotherapeutin.
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