Plan D
schwarze Ding runter, zwei weiße Arschbacken lachten ihn an, was machst du hier, dachte Wegener, guck dem Typen nicht auf den Hintern, zieh lieber dein Cordwunder direkt samt Unterhose aus, damit der nicht sieht, dass dein Land noch in der Slipmoden-Steinzeit steckt.
»Viel Spaß den Herren«, sagte die Zeitung, als sie nackt vor der Hütte standen, die Sonnenbrillen im Gesicht, die Ausweise in der Hand, miesepetrige Hauptdarsteller einer zweitklassigen Klamotte.
Brendel guckte säuerlich.
Wegener nahm die Handschellen.
Dann gingen sie nebeneinander über den Trittbretterweg zum Wasser, Blicke geradeaus, jetzt bist du so nackt, wie du dich immer gefühlt hast, dachte Wegener, aber du bist nicht allein, der andere hat auch nichts mehr an, der andere ist zum ersten Mal ohne jeden Schutz, ausgezogen bis auf die Dienstmarke, sportlicher und muskulöser zwar, das war klar, nicht der kleinste Bauchansatz, aber die Hose musste er trotzdem runterlassen.
Wegener lächelte.
Der Algengeruch und die Oktobersonnenstrahlen ließen ein seltsam intensives Glücksgefühl in ihm hochschwappen. Diese Nacktheit war eine Freiheit, die er völlig vergessen hatte und die jetzt unerwartet über ihn kam, die man ihm gerade noch aufgezwungen hatte und die er jetzt schon wieder genießen konnte, eine Kindernacktheit, an die er sich plötzlich wieder erinnerte, das selbstverständliche Loswerden von allem, was verhüllte, versteckte, verbarg. Damals hatte er neben seinen Eltern den Trabantmief und den Braunkohlestaub ausgezogen, die Altbauwohnungsfeuchtigkeit und die FDJ-Langeweile, heute waren es die fettigen Phobosabgase, die Karolinaverzweiflung, die gärende Unsicherheit, die Angst, eines Tages wie Toralf Kleyer zu enden, staatlich verschollen, für immer aus dem Spiel genommen, bei lebendigem Leibe mundtot gemacht zu werden. All das wurde für ein paar erlösende Minuten egal, sobald einem die kühle Seeluft überallhin wehte, sobald sie den kompletten Körper traf und die Ostsee roch, wie sie immer gerochen hatte, nicht nach DDR, sondern nach Weltmeer. In diesem Moment scheint alles möglich, dachte Wegener, auch wenn man weiß, dass der Moment im nächsten Moment vorbei ist und dann sofort wieder nichts mehr möglich sein wird, aber für diese wenigen Augenblicke Echtzeit ist sogar das Allerunrealistischste vorstellbar, die private Wiederbelebung, das fantastisch Geträumte, eine kitschig-idyllische Sommerfrische mit Vater, Mutter, Karolina und den gemeinsamen rothaarigen Kindern vor einem Strandkorb, die ewige Nichteinsamkeit, der einzige Ort absoluten Vertrauens, der gerechte Staat, alles das, was niemals passieren konnte, weil Liebe und Verrat in diesem Land immer die Rollen tauschen: Der Verrat kam, die Liebe ging.
»Stopp!« Ein freundlicher, aber entschlossener Befehlston.
Wegener und Brendel blieben synchron stehen, drehten sich synchron um, staunten synchron.
»Schließen Sie sich mit den Handschellen aneinander, dann werfen Sie mir erst den Schlüssel rüber und danach Ihre Ausweise.« Die junge Frau war nackt bis auf eine Umhängetasche aus neoprenartigem Stoff, ihr Kopf drehte sich zu allen Seiten, ein Stasiradar mit grünen Augen und vollen Lippen, die hellblonden Haare hingen ihr in feuchten Strähnen über die Brüste, eine Hand steckte in der Umhängetasche, hielt eine Schusswaffe oder auch nicht. »Kommen Sie keinen Schritt näher.«
Wegener drückte sein rechtes Handgelenk in die Schelle, Brendel sein linkes. Das einrastende Metall klackte.
»Den Schlüssel und die Ausweise.«
Wegener warf alles nacheinander mit der linken Hand, der Schlüssel wurde in einer schnellen Bewegung aus der Luft gegriffen, beide Ausweise landeten im Sand. Die junge Frau ging in die Hocke, nahm die Plastikkarten, prüfte sie genau, sah dabei im Sekundentakt zu ihnen hoch, musterte schließlich ungeniert Brendels Hüftgegend und stand wieder auf. Ein spöttisches Lächeln zog langsam in das hübsche Gesicht ein. »Ich glaub Ihnen auch ohne Ausweis, dass der da ein Westbulle ist, Herr Martin Alfons Wegener.«
Wegeners Augen ignorierten das warnende Knurren seines Verstands, richteten den Blick nach unten, der Blick saß fest. Brendel war vollständig rasiert. Kein Haar an dem braunen Penis, der sich wie eine beschnittene Banane nach unten wölbte und in einer dicken blassrosa Eichel endete, kein Haar an den prallen braunen Eiern, die wie zwei unterschiedlich gefüllte Beutel in Richtung Strand baumelten, lang gezogen vom eigenen
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