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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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sagte Früchtl, zeig diesen Luftpumpen, dass du ein harter Junge bist.
    Wegener: Seit wann bin ich denn ein harter Junge.
    Früchtl: Und ich dachte, du fällst drauf rein.
    »Genosse Hauptkommissar Wegener.« Steinkühler machte eine künstliche Pause und nahm seine Brille ab. »Wir haben Sie in einer Angelegenheit hergebeten, die die nationale Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik nicht nur tangiert, sondern unmittelbar betrifft. Alles, was jetzt mit Ihnen besprochen wird, unterliegt der militärischen Geheimhaltungsstufe. Das heißt, es geht hier um Staatsgeheimnisse. Mir ist wichtig, dass Sie sich darüber voll und ganz im Klaren sind.« Steinkühler starrte Wegener über die Tafeldistanz an. Er lächelte. Ein Satz Goldkronen lächelte mit.
    »Ich bin mir im Klare n …«
    »Sprechen Sie bitte in Ihr Mikrofon.«
    »Ich bin mir im Klaren über die Bedeutung der militärischen Geheimhaltungsstufe.« Und so höre ich mich an, wenn ich wegen eurer Quarzerei demnächst Kehlkopfkrebsbesitzer bin, dachte Wegener, mit Robotronroboterstimme, eine redende Konservendose.
    »Gestern hat uns die Aufmachergeschichte der nächsten SPIEGEL-Ausgabe erreicht«, sagte Münzer, »noch nicht final, noch nicht komplett, Stand 20 . Oktober nachmittags.« Hinter ihm verdunkelte sich die Weltkarte, zwei Projektoren unter der Turnhallendecke sprangen an, surrten, ein stark vergrößertes, schwarz-weißes Faxblatt erschien, Hammer und Zirkel, blutverschmiert, darunter: DIE STASI MORDET WIEDER . Wie ein unbelehrbarer Geheimdienst Europas Energiezukunft verspielt.
    »In dem Artikel behauptet ein Mann, dessen Name die Redaktion geheim hält, er sei am vergangenen Sonntag Zeuge eines Mordes gewesen, der angeblich im Auftrag der Staatssicherheit begangen wurde. Und zwar in Ostberlin.« Münzer kratzte sich am Doppelkinn. »Der Mord, um den es hier geht, ist der Fall, den Sie seit Mittwochabend eher ergebnisoffen bearbeiten.«
    Endlich mal ein witziges Arschloch, sagte Früchtl, witzige Arschlöcher sind selten.
    Wegener versuchte, keine Reaktion zu zeigen. Steinkühler beobachtete ihn immer noch. Die Goldkronen waren verschwunden.
    »Nach Ihren Ermittlungen handelt es sich bei dem Toten um einen gewissen Emil Fischer, wohnhaft Ludwig-Renn-Straß e 32 in Berlin-Marzahn.« Münzer griff nach einem Wasserglas und trank. Blechernes Gurgeln schluckte aus den Boxen. Dann setzte er das Glas so vorsichtig ab, dass nichts zu hören war. »Sie sind ja schon zu Recht davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine Scheinadresse handelt. Der Informant des SPIEGEL behauptet nun, dass der Tote realiter ein gewisser Albert Hoffmann sei. Sagt Ihnen der Name etwas?«
    Wegener schüttelte den Kopf.
    Das Projektorbild wechselte, ein schwarz-weißes Gruppenfoto erschien, Egon Krenz mit dunklen Haaren, dünner als heute, umringt von alten Männern. Das Bild wechselte wieder und zeigte jetzt einen vergrößerten Ausschnitt: Krenz grinste wie ein Haifisch im Sprottenschwarm, eng neben ihm ein Grauhaariger, der ernst in die Kamera blickte.
    Münzer verschränkte die Arme vor der Brust. »Professor Albert Hoffmann ist oder war Politikwissenschaftler, seit 1977 mit einem Lehrstuhl in Heidelberg. 1983 aufgrund seiner politischen Überzeugungen von Westdeutschland in die DDR emigriert. Gehörte in den Jahren vor der Wiederbelebung zum Beraterstab des Staatsratsvorsitzenden.«
    »Ein kluger Mann.« Die Steinkühlerstimme. »Hab ihn mal in Wandlitz kennen gelernt. Noch zur alten Zeit, versteht sich.«
    Münzer blätterte in seinen Unterlagen. »Dieser neue SPIEGEL enthält allerhand Nützliches. Fotos vom Tatort. Fotos der Leiche, wenn auch geschwärzt. Ein wirklich investigatives Magazin ist das. Löst den Fall, während unser Hauptmann noch seine privaten Kontakte beim Ministerium für Energieexport auffrischt.«
    Kallweit schüttelte so traurig den Kopf, als hätte ihm Münzer gerade Jan »Schmuso« Hermanns Leidlieder vorgesungen.
    Wer auch immer ihnen von meinem Treffen mit Karolina erzählt hat, dachte Wegener, er musste es gar nicht, sie wissen es ohnehin, weil sie alles wissen, weil jedes Auge und jedes Ohr in diesem Land ihr Auge und ihr Ohr ist, Guck und Horch, erneuert, verbessert, allgegenwärtig.
    Frag sie, ob Hoffmann der Tote ist, sagte Früchtl.
    Wegener beugte sich zum Mikrofon. »Und? Ist Hoffmann der Tote?«
    Münzer sah ihn an.
    Einer der Anzugmänner nieste. Niemand wünschte ihm Gesundheit für sein weiteres Stasileben.
    »Das konnten wir

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