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Plan D

Plan D

Titel: Plan D Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Urban
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Namen und Dienstränge ihrer Gäste ab, ließ die Mundspalte geschlossen, setzte sich wieder. Der Snookertisch hielt jeden, der auf die absurde Idee gekommen wäre, Renate die Hand zu geben, auf Distanz. Als Kayser fertig war, präsentierte Wischinsky mit sparsamer Geste drei hölzerne Besucherstühle ohne Kissen.
    »Um gleich zur Sache zu kommen«, sagte Brendel schon im Hinsetzen, »ich gehe davon aus, dass Sie über die Faktenlage in der Causa Hoffmann genauestens informiert sind.«
    »Sie gehen richtig«, sagte Wischinsky.
    Und abends schneidest du mit deiner Stimme Brot, dachte Wegener.
    Brendel nickte. »Dann erlauben Sie mir, eine offene Frage zu stellen.«
    Wischinskys Mundwinkel wanderten zwei Millimeter nach oben.
    Brendel wurde noch ein bisschen freundlicher. »Wie beurteilen Sie die Art und Weise der Tötung?«
    »Naiver Dilettantismus«, sagte Wischinsky.
    Kayser freute sich. »Dann hat die Staatssicherheit in Zeiten der Wiederbelebung dilettantisch gearbeitet?«
    »Die Staatssicherheit hat nie dilettantisch gearbeitet.«
    »Das ist mir neu.«
    »Sie sind Verbindungsmann, oder?«
    »Korrekt.«
    »Kein Wunder, dass Sie es nicht zu mehr gebracht haben.«
    »Toll«, sagte Kayser, »ich steh auf freche Stasifrauen.«
    »Wer hat denn dilettantisch gearbeitet?«, fragte Brendel.
    »Die Dilettanten waren auf eigene Faust operierende Altkader.« Wischinsky sah von einem zum anderen. »Männer, die glaubten, die DDR dürfe sich nicht entwickeln. Männer, die nicht akzeptierten, dass Herr Honecker in den wohlverdienten Ruhestand wollte und Herr Krenz bei der Auswahl seiner Geheimdienstbeamten mehr Wert auf berufliche Befähigung als auf alte Kontakte legte. Diese Männer waren nicht mehr bei der Staatssicherheit beschäftigt und handelten folglich nicht in deren Auftrag.«
    »Als si e …?« Kayser beugte sich ein Stück vor.
    »Als sie ihre von Krenz eingesetzten Nachfolger angriffen.«
    »Dann gab es diese Morde tatsächlich.«
    »Es gab sieben Fälle und einen Versuch. Die Täter wurden gefasst und in einem internen Verfahren verurteilt. Die meisten sind inzwischen gestorben, einige wenige sitzen noch ein.«
    »Das ist alles?«
    »Das ist alles. Ich war 1993 Assistentin des Anklagevertreters. Sie werden hier im Haus also niemanden finden, der Ihnen exaktere Angaben zu diesen Vorgängen machen kann als ich.«
    »Deshalb sind Sie heute unsere Gesprächspartnerin.«
    »Exakt.«
    Kayser und Brendel schwiegen. Ob aus Taktik oder Überraschung, konnte Wegener nicht feststellen.
    »Sie glauben, dass die Staatssicherheit in der Hoffmann-Sache drinhängt«, sagte Wischinsky. »Ich kann Ihnen nur so viel mitteilen: Mir ist weder ein Täter bekannt noch ein Motiv.«
    »War Hoffmann bei der Staatssicherheit?«, fragte Wegener.
    »Nein.«
    »Auch nicht inoffiziell?«
    »Nein heißt nein, Hauptmann Wegener.«
    »Weshalb sollte man ihn dann auf diese Weise umbringen?«
    »Sie sind der Ermittler.«
    »Gibt es eine Akte Hoffmann?« Wegener schlug ein Bein übers andere.
    Wischinsky musterte ihn zwei Sekunden lang wie etwas Essbares. »Es gibt eine Akte, die ab 1985 über einen Zeitraum von sechs Jahren unregelmäßig geführt wurde. Der letzte Eintrag datiert vom 23.11.1991.«
    »Danach hat es keinen weiteren Vorgang gegeben?«, fragte Kayser.
    »Nicht mal ein internes Memo mit der Anregung, einen neuen Vorgang zu eröffnen«, erklärte Wischinsky betont langsam. »Hoffmann hatte seine Arbeit im Beraterstab des Staatsratsvorsitzenden an diesem Tag in aller Form niedergelegt und sonst keine weiteren offiziellen oder inoffiziellen Ämter inne.«
    »Zu dieser Zeit wurde die Mauer wieder geschlossen«, sagte Brendel. »Hatte Hoffmann damit irgendwas zu tun?«
    »Vermutlich überschätzen Sie den Einfluss eines politischen Beraters«, sagte Wischinsky. »Von Hoffmanns Sorte stehen dem Staatsratsvorsitzenden rund vierzig Leute zur Seite. Spezialisiert auf diverse Fachgebiete.«
    »Warum hat Hoffmann nur zwei Jahre nach der Wiederbelebung kapituliert?«, fragte Kayser.
    Wischinskys gegerbte Gesichtsmaske zuckte. »Kapitulation ist Ihre Interpretation. Hoffmann war damals um die 60. Er war müde.«
    »Die meisten Menschen arbeiten länger.«
    »Wenn es Sie stört, dass in der Bundesrepublik notorisch das Renteneintrittsalter angehoben wird, sollten Sie vielleicht auch mal darüber nachdenken, überzusiedeln«, sagte Wischinsky und zog eine abstruse Grimasse.
    Das war ein Lächeln, dachte Wegener.
    »Politische Berater sind oft bis ins

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