wenigsten Wichtige.«
»Sie haben hier mal gearbeitet, oder?«
»Sehr gut, Herr Hauptmann, das stimmt. Deshalb könnten Sie auf diesem Gelände tagelang suchen, ohne mich zu finden.«
»Ich hab gar keine Lust, Sie zu suchen«, rief Wegener, »was ist Ihr Angebot und wie lauten die Bedingungen?«
Es klackte. Irgendeine Einstellung war verändert worden, die Lautsprecherstimme dröhnte jetzt aus einer anderen Richtung über den Platz und klang noch blecherner: »Im Gegenzug für meine Aussage im Mordfall Albert Hoffmann verlange ich ein höchstpersönliches Zeugenschutzprogramm. Freies Geleit in den Westen. Ein einfacher, fairer Handel, denke ich. Umso schöner, dass Sie direkt einen Herrn aus der BRD dabei haben.«
Kayser setzte sich in Bewegung und kam auf Wegener zu. »Entweder, der Typ ist krank«, sagte er leise, »oder hier hockt der Hauptgewinn in irgendeinem Trabant-Kadaver.«
»Ich kann niemandem Zeugenschutz versprechen«, sagte Wegener genau so leise, »und eine Fahrt nach Westdeutschland erst recht nicht.«
»Der ist kein Dummkopf. Seien Sie ehrlich zu ihm, mal gucken, was er sich ausgedacht hat.«
Wegener sah in die Richtung, aus der die Stimme zuletzt gekommen war. Ein Trabant über dem anderen, alle mit dem gleichen traurigen Kühlergesicht. »Das wird schwer«, rief er, »ein Ausreiseantrag kann nur vom Zentralkomitee nach Prüfung durch die Staatssicherheit bewilligt werden und ist Ergebnis eines komplizierten Prozesses. Dazu müssten wir erst mal Ihre Aussage kennen. Wie stellen Sie sich das vor?«
»Ganz einfach«, sagte die Lautsprecherstimme, »bitten Sie den Herrn aus dem Westen zu telefonieren. Wenn ich richtig informiert bin, ist Ihre aktuelle Arbeit von einer gewissen Bedeutung für die Zukunft beider Deutschlands. Da machen die bestimmt gern eine Ausnahme.«
»Aber das geht nicht von jetzt auf gleich!«
»Doch, das geht durchaus. Die Staatsanwaltschaft schickt mir per Virtualpostverfahren ein RVD, in dem mir bei Aussage zum Fall Hoffmann Straffreiheit und Aufnahme in den Zeugenschutz zugesichert werden. Auf dem gleichen Weg erhalte ich die notwendigen Ausreisepapiere. Und keine Sorge, sie verhelfen keinem Mörder zur Flucht, ich hab niemanden umgebracht.«
»Wenn wir ein so aufwendiges Verfahren in Gang setzen sollen, müssen wir wenigstens in etwa wissen, was Sie zu bieten haben.«
Knack. Wieder der erste Lautsprecher: »Ich kann Ihnen nicht sagen, wer genau Hoffmann ermordet hat. Dafür weiß ich, welche Interessengruppe dahintersteckt. Und ich nenne Ihnen einen weiteren wichtigen Zeugen.«
»Den wir dann erst mal suchen müssen.«
»Den finden Sie schnell, der sitzt schon im Bau.«
Wegener zögerte. »Waren Sie dabei, als Hoffmann ermordet wurde?«
»Nein. Aber ich kenne wie gesagt das Umfeld der Täter.«
»Ein bisschen vage das Ganze, für einen Freischein ins Paradies, oder?«
Die Lautsprecherstimme klang belustigt. »Dass der Westen ein Paradies ist, wäre mir neu.«
»Paradiesischer als dieser Schrottplatz ist er allemal.«
»Ohne meine Hinweise drehen sich Ihre Ermittlungen in zehn Jahren noch im Kreis. Mithilfe meiner Hinweise können Sie die Sache in absehbarer Zeit klären. Was Ihnen das wert ist, müssen Sie selbst entscheiden.«
»An welche Adresse ginge das RVD?«
»Ganz leicht zu merken, extra eingerichtet:
[email protected]. Nur, damit Sie die Situation richtig einschätzen: Sie werden von einer Videokamera gefilmt, die unser Gespräch auf einen gesicherten Server streamt, diesen Server überwacht ein Freund. Das RVD leitet sich ebenfalls automatisch an diesen Freund weiter. Wenn Sie sich entschließen, meine Bedingungen zu akzeptieren, sollten Sie es ernst meinen, sonst mache ich Sie alle gemeinsam zum nächsten großen Transnetzskandal.«
Schatten. Die Sonne war hinter einer Wolke verschwunden.
»Scheißtechnik«, sagte Kayser.
Wegener sah ihn an. »Telefonieren Sie mit Brendel, der soll dafür sorgen, dass Bonn in der Sache auf höchster Ebene Druck macht. Das geht schneller, als wenn ich versuche, hier über Borgs die Bürokratie anzuschmeißen.«
»Was ist ein RVD?«
»Ein rechtsverbindliches virtuelles Dokument. Eine elektronische Urkunde.«
Kayser nickte, wählte und schlenderte mit dem Handy am Ohr in Richtung Boulevard.
»Sie versuchen es«, stellte die Lautsprecherstimme fest. »Schön.«
»Das hätten wir auch alles telefonisch besprechen können«, rief Wegener. »Warum dieser Aufwand?«
»Ich bin ein wenig in Eile, Herr