Plan D
Schnürsenkeln?«
»Fingiert. Um die Staatssicherheit zu belasten.«
»Es ging also darum, die Konsultationen zu verhindern.«
»Klar.« Gruber zog mit geschlossenen Augen an seiner Zigarette. »Hätten Sie auch selbst darauf kommen können, oder?«
Die Krähe beschloss, dass Voss eine Nummer zu groß für sie war und schwebte davon.
»Wir warten jetzt mit Ihnen auf die Leute vom K5«, sagte Kayser »und sorgen dafür, dass Sie freundlich in Empfang genommen werden. Damit uns bei diesem kleinen Service nicht langweilig wird, erzählen Sie dem Kollegen Wegener noch ein paar Details über den Anschlag auf den Palast der Republik. Verstehen wir uns?«
Gruber nickte.
Wegener sah den Schaumstofffetzen zu, die vor seinen Schuhen herumgescheucht wurden. Immer, wenn er eine Ahnung hatte, in welche Richtung sie sich als Nächstes bewegen könnten, veranstaltete der Wind das Gegenteil. Hellblauen Nagellack hatte Karolina am Wannseetag auf ihren hübschen, kleinen Zehen getragen. Wie aus weiter Entfernung hörte er Gruber reden.
20
E astSide Resor t – der Westen im Osten . Am Alexanderplat z 1, Berlin (O). Wegener legte die Visitenkarte zurück auf den polierten Nussbaumschreibtisch und griff nach dem Verzeichnis der Minibar, Wodka Putin 2 cl nur 9,2 0 Euro/27,6 0 Mark, Rotkäppchen Sekt halbtrocken, 0, 2 l nur 12,5 0 Euro/37,5 0 Mark, Radeberger, 0,3 3 l nur 7,4 0 Euro/22,2 0 Mark, dann legte er die Liste weg und kniete sich auf den knallblauen Teppich, der alle fünfzig Zentimeter von einer goldgelben Königswappenimitation durchwebt war, weich und kurzgemäht wie das Green des Wandlitzer Golfplatzes.
Wegener ließ sich auf den Bauch kippen. Griff mit beiden Händen in die flauschige Fläche. Drückte seine Wange fest auf den Boden. Rieb sein Gesicht an der samtigen Wolle, hin und her. So fühlten sich die ostdeutschen Mädchen also, wenn sie in den Penthousesuiten der Gas-Russen und Geld-Wessis von hinten genommen wurden. Gedemütigt und geborgen und gebumst. Zwischen Nussbaum und Messing. Vom zugekoksten Ivan, vom stinkbesoffenen Schwaben über den royalen Flaum geschoben. Teppichbrandgefahr gleich null dank Qualitätsauslegeware. Wegener drehte sich auf den Rücken. Beinahe bequemer als das eigene Bett. Die Zimmerdecke der cremefarbenste Himmel. Mit weißem Stuck und Glühbirnchensternen. Luxus-Lichtstimmung. Safranfarbene Tapeten. Der Ton der Mercedes-Tachoscheibe: Ägypten bei Sonnenuntergang. Eine Männerstimme auf dem Flur. Die Stimme kam näher. Noch nie war ich Ägypten so nah, dachte Wegener und stand auf.
Das Schloss der Zimmertür klickte, Kayser kam herein, das Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt. »Kann sein. Und was haben Sie dem erzählt? Tja. Meine Frau würde sagen: der Mittelweg ist der Tod.« Er wedelte mit einem dünnen Blatt Faxpapier, drückte Wegener das Fax in die Hand und verzog das Gesicht zu einer schiefen Triumphmimik. »In meiner Suite, hab hier oben ganz guten Empfang. Du, Richard ist heute Morgen nach Bonn geflogen. Macht nichts. Aber ich kann mal gucken, ob ich was bei ihm rumliegen sehe.« Kayser stemmte die schwere Verbindungstür zum Nebenzimmer auf und ließ sie mit einem Rums hinter sich zufallen. An der Messingklinke schaukelte ein Plastikanhänger: Bitte nicht stören, träume von der Globalisierung.
Wegener überflog das Fax:
Ü . P.: Blühdorn, Werner; Grüner We g 55, 69117 Heidelberg (BRD)
Ü-Z.: 24.10.10 . – 24.10.11.
Auslandsgespräche (selektiert: DDR) aus dem Festnetz; Dt . Telekom; (Anschluss-Nr.: 0622 1 – 566 78 90; Anschlusseigner: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; Seminarstraß e 2, 69117 Heidelberg): Anzah l 0
Auslandsgespräche (selektiert: DDR) aus dem Mobilfunknetz; O2-Germany; (Anschluss-Nr.: 017 6 – 13 22 487; Anschlusseigner: Blühdorn, Werner; Grüner We g 55, 69117 Heidelberg): Anzah l 0
Auslandsgespräche (selektiert: DDR) aus dem Festnetz; Dt . Telekom; (Anschluss-Nr.: 0217 1 – 334 23 00; Anschlusseigner: Blühdorn, Werner; Hoeningswe g 1, Leverkusen-Opladen): Anzah l 4
Einzelverbindungsnachweis:
003 7/ 018 2 35 66 24 / 24.10.11. / 13:02 (24,7 3 Euro)
003 7/ 018 2 35 66 24 / 24.08.09. / 3:52 (2,8 7 Euro)
003 7/ 59 0 56 0 0 / 23.08.09. / 14:08 (12,5 4 Euro)
003 7/ 018 2 35 66 24 / 23.08.09. / 1:24 (1,0 9 Euro)
003 7/ 018 2 35 66 24 / 22.08.09. / 2:56 (2,2 3 Euro) Anschlusseigner d . i. Einzelverbindungsnachweis aufgef. Rufnummern:
Rufnummer 0037 / 59 0 56 0 0 (FN ) – Humboldt-Universität zu Ostberlin; Unter den
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