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Planet am Scheideweg

Planet am Scheideweg

Titel: Planet am Scheideweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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auf halbem Weg ein. Er brauchte in der nächsten Stunde einen klaren Kopf.
    »Der Generalvertrag ist so gut oder so schlecht wie die Moral der Parteien, die ihn einhalten oder brechen wollen.«
    Er setzte sich und dachte nach.
    In wenigen Tagen würde einer ihrer Freunde hier landen, die Gruppe von rund zweihundert Jägern abholen, mitsamt ihrer Beute und ihren aufschneiderischen Geschichten. Yahai Paik würde dann genaue Nachrichten mitbringen und vermutlich wieder eine unvollständige Ladung. Offensichtlich hatte sich Ousmane Diack entschlossen, den Vertrag auf seine Weise außer Kraft zu setzen. Der Kampf war also schon in vollem Gang. Zuerst nur ein vorsichtiges Abtasten, ein Gefecht der Plänkler.
    »Verdammt!« murmelte Martinon.
    »Sagten Sie etwas?« fragte Rasst bestürzt.
    »Nein, ich dachte laut. Und es waren nicht eben angenehme Dinge, an die ich dachte. Lassen Sie sich jedenfalls von der Auseinandersetzung nicht inkommodieren; genießen Sie die nächsten Stunden. In Kürze wird Chiriana Iwaki ein Planet im Kreuzfeuer sein.«
    »Wir werden uns an Ihren Rat halten, Martinon. Noch einen Schluck von diesem guten Zeug?«
    »Nein«, sagte Martinon und stand auf, ging hinüber zu den Hockern und sah Grager zu. »Mir ist schon jetzt schlecht geworden. Wir trinken Kaffee, rauchen eine Zigarette und versuchen dann, die Beute abzuholen. Sie wird noch nicht zerfleischt worden sein – das geschieht meistens nicht vor Einbruch der Dunkelheit.«
    »Geht in Ordnung.«
    Der Kaffee besänftigte die aufgebrachten Gedanken nur unwesentlich. Die Zigaretten halfen nicht sehr viel. Die Männer schwiegen und dachten an die Konsequenzen dieser eben erfahrenen Fakten. Zweifellos würde es die Jäger nicht wesentlich davon abhalten, weiter hierher zu fliegen und viermal im Jahr auf die gefahrvolle Jagd zu gehen. Vielleicht ein Rückgang der Buchungen, ein Rückgang in den Einnahmen des Planeten. Aber diese inszenierten Zwischenfälle waren nur ein Steinchen aus einem Mosaik, das Ousmane Diack zusammensetzte. Wenn das ganze Bild zusammengesetzt war, würde es nur eine Bedeutung haben können. Jeder, der Diack kannte, seine Zwangslage und seinen starren, zähen Charakter, wußte die Bedeutung:
    Blacklanders Idea wurde nach einigen Jahrhunderten zu einem Traum. Die Oase auf Chiriana wurde vernichtet, das Paradies zerstört, seine Bewohner vertrieben. Ein Bild, das niemand gern sehen würde.
    Nicht einmal Diack.
    Aber Ousmane Diack besaß genügend Erfahrung, um auch düstere Bilder mit einem gewissen Wohlgefallen zu betrachten. Ein Macchiavelli inmitten der sieben Räte des Sonnensystems Iwaki war an den Hebeln der Macht.
    »Eine düstere Prognose«, murmelte Martinon. Dann sagte er lauter: »Los, holen wir unsere Felle ab!«
    Sie öffneten das Netz, nachdem sie die beiden toten Tiere heruntergeholt hatten, Martinon steuerte den Wagen hinaus und bedeutete Rasst, sich auf seinen Sitz zu stellen und die Büchse auf dem Überrollbügel aufzustützten. Dann schaltete er das Ultraschallgerät ein, dessen schmerzhafte und unhörbare Vibrationen alle Tiere in einem gewissen Umkreis vertrieben.
    Der Wagen schaukelte hinunter und erreichte, zwischen den monolithischen Steinbrocken auftauchend, den kleinen Kessel, in dem die merkwürdige Jagd stattgefunden hatte. Noch immer hallte die Landschaft von den Schreien und Kämpfen wieder. Die Madeo kamen nicht zur Ruhe, und wenn sie es wagten, sich auf der Spitze eines Felsens niederzulassen, wurden sie von halb rasenden Tarka angegriffen.
    »Dieses Feld ist eine hervorragende Erfindung!« sagte Grager. »Aber wie holen wir die Beute, ohne hineinzugeraten?«
    Er meinte den Kreis aus lautlosen Schwingungen, an dessen Außenlinie die unsichtbare Grenze verlief. Der Wagen war das Zentrum, und kein Tarka würde sie in den nächsten Minuten angreifen.
    »Das ist eben das Gefährliche an der Jagd«, gab Martinon zu. »Wenn wir den Wagen verlassen, müssen wir das Feld abstellen. Wir müssen dann ziemlich schnell sein.«
    »Aha!«
    Der Wagen blieb an der Stelle stehen, an der sie ihren fluchtartigen Rückzug angetreten hatten. Überall lagen die leuchtend roten und die pechschwarzen Körper. Dort, wo die Ultraschallkegel die Büsche und Steine berührten, schwirrten die Insekten auf, die sich in Scharen auf den Kadavern niedergelassen hatten, Martinon nahm die Kamera in die Hand und sagte:
    »Sie sammeln ein, ja? Ich achte darauf, daß wir nicht angegriffen werden. In dem Moment, wo ich warne, kommen Sie

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