Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Einstellung: In den USA soll ja jeder sein Glück finden können, wie er es für richtig hält.
Die meisten Menschen, die sich gegen die Homo-Ehe aussprechen, haben auch gar nichts gegen irgendeine andere gleichgeschlechtliche Bindung. Manche amerikanischen Bundesstaaten lassen beispielsweise eine »civil union« zu – eine »eingetragene Partnerschaft« wie in Deutschland –, und dagegen gibt es wenig Widerspruch. Eine »civil union« ist leichter politisch durchzusetzen, aber der schwulen Gemeinde in den USA ist das nicht genug. Sie will das Wort »Ehe« festgeschrieben haben, um sich gleichberechtigt zu fühlen.
Eben diese Forderung – dasselbe Wort benutzen zu dürfen – macht vielen konservativen Amerikanern Angst. Es ist nicht nur ein Wort, es ist ein Symbol für sie: Sie sehen seit vielen Jahren, wie die Ehe immer unwichtiger wird, wie die Scheidungsrate steigt, und irgendwann wird die Familie gar keine Bedeutung mehr haben. Das ist die grundlegende, manchmal unbewusste Angst der Amerikaner, denn die Familie ist bei uns das Einzige, worauf wir uns wirklich verlassen können! Umso bemerkenswerter, dass Obama sich im Wahlkampf 2012 unmissverständlich für die Homo-Ehe ausgesprochen hat.
Wenn ich das Wort »pioneer« höre, kommt mir übrigens nie ein Bild von einem Mann in den Kopf, sondern von einer Frau.
Während deutsche Urgroßmütter Benimmregeln, Theaterstücke und das Frauenwahlrecht diskutierten, haben amerikanische Urgroßmütter eine Farm geschmissen, wilde Tiere verjagt, 13 Bälger aufgezogen und am Abend ihrem müden Mann eine Suppe aus Hühnerknochen und Brotresten gekocht. Sie haben nicht nur die Überfahrt aus Europa im Zwischendeck, sondern auch den Alltag im Wilden Westen überlebt.
Starke Frauen prägen die ganze amerikanische Geschichte, im Westen noch mehr als anderswo. Dort waren unverheiratete Frauen nicht bloß Huren und Schullehrerinnen, wie das Western meist nahelegen (wenn das auch zwei gute und respektable Möglichkeiten waren, seinen Unterhalt zu verdienen, wobei Hure natürlich etwas respektabler als Lehrerin war). Sie verdingten sich auch als Cowgirls. Oft waren Cowgirls die Ehefrauen und Töchter von Ranchern – wer auf einer Ranch aufwuchs, musste auf der Ranch arbeiten. Vermutlich gab es viel mehr, als wir heute wissen.
Elizabeth Williams war Schullehrerin und gründete bald ihre eigene Lehranstalt in Austin, Texas. Doch das reichte ihr nicht. Abends schrieb sie unter falschem Namen Artikel und Kurzgeschichten für die örtliche Zeitung. Aber auch das war noch nicht das wahre Leben.
Nebenher machte sie auch die Buchhaltung für die großen Viehzüchter und merkte irgendwann, wie viel Geld man mit Vieh machten konnte. Anscheinend versäumte man, ihr zu sagen, dass Vieh Männersache war. Sie sparte also ihr Geld zusammen und investierte in eine Viehhandelsgesellschaft. Nach drei Jahren hatte sie genug Profit gemacht, um selbst Rinder zu kaufen, ließ ein eigenes Brandzeichen registrieren und kaufte ein paar Hektar Weidefläche für 3.000 Dollar. Man befand sich mitten im Bürgerkrieg, da waren sehr viele Tiere herrenlos. Also investierte sie weiteres Geld, um Cowboys anzuheuern, die im Busch nach herrenlosem Vieh suchten.
Ihre Herde wuchs. Bald nannte man sie die »Texas Cattle Queen«, und sie soll die allererste Frau gewesen sein, die ihr Vieh selbst zu Markte trieb. Als sie heiratete, bestand sie darauf, dass ihr Mann einen Ehevertrag unterschrieb, damit ihr Land weiterhin ihr gehörte, obwohl er selbst auch Land in die Ehe brachte. Bald waren sie zusammen reich und mächtig, und sie war auch nicht traurig, als einige Pläne der beiden danebengingen – zum Beispiel der, eine eigene Kolonie aufzubauen.
Das Einzige, was sie nicht ertrug, war sein Tod. Sie war kein herzloses Ungeheuer, das nur an Geld dachte. Im Gegenteil – das Schönste an ihrer Geschichte sind die Eskapaden, die sie ihrem geliebten Gatten ständig durchgehen ließ. Während ihrer Ehe traf er immer wieder unglückliche Geschäftsentscheidungen, und sie zahlte dann seine Gläubiger aus – doch sobald er wieder Geld verdiente, bestand sie darauf, dass er ihr alles ordnungsgemäß zurückzahlte. Als er 1914 starb, kaufte sie ihm angeblich einen 600-Dollar-Luxussarg, und als sie die Rechnung unterzeichnete, schrieb sie quer darüber: »So sehr hab ich den alten Bussard geliebt.«
Bald darauf wurde sie wunderlich, gab sich als arm aus und lebte von Suppe und Kräckern. Als sie zehn Jahre später
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