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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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ganze Vororte, so genannte »Shantytowns«, aus Pappe und weggeworfenem Holz. Auf dem Land vernichtete man sechs Millionen Schweine, um die Preise für Fleisch zu stabilisieren, und in den Städten vor den Suppenküchen sah man Schlangen, in denen über tausend Menschen standen. Unter den geschätzten vier Millionen Männern, die in Güterzügen illegal von Ort zu Ort fuhren, auf der Suche nach Arbeit, war eine Viertelmillion Teenager. Fünftausend Schulen hatten dichtgemacht, die meisten anderen verkürzten ihre Schuljahre, weil die Bundesstaaten sich keine Lehrer mehr leisten konnten.
    Da wussten die Demokraten, dass ihr Tag gekommen war.
    Der demokratische Präsident Franklin D. Roosevelt griff in das Geschehen in einem Ausmaß ein, das das Land bisher nicht kannte, und entwarf unseren ersten Sozialstaat, »New Deal« genannt. Er finanzierte neue Straßen und öffentliche Gebäude, Schulen, Dämme, Aufforstungsprojekte sowie billige Häuser und Wohnungen für Arbeiter. Er subventionierte Farmen, stärkte die Gewerkschaften, ließ Banken vorübergehend schließen, bis die Finanzlage sich stabilisiert hatte, und führte die »Social Security« ein.
    In den 1960ern wurde der Sozialstaat dann von Lyndon B. Johnson (John F. Kennedys Vize und nach dessen Tod Präsident) weiter ausgebaut. Als er erfuhr, dass die Armut im Lande bei 19 Prozent lag, rief er den so genannten »War on Poverty« aus – den »Krieg gegen die Armut«. (Allein das Schlagwort kam so gut an, dass Nixon und George W. Bush es später in »War on Drugs« bzw. »War on Terror« umgewandelt haben.) Das Wichtigste daran war eine Reihe von Gesetzen, die die Bildungschancen für arme Arbeitnehmer, Kinder und Jugendliche erhöhten. Bis Ende 1973 fiel die Zahl der in Armut lebenden Menschen so auf 11 Prozent, und seitdem ist die Armutsrate niemals mehr höher als bis auf 16 Prozent gestiegen.
    Zu den Mythen des amerikanischen Sozialstaats gehört das weitverbreitete Vorurteil, dass nur linke Politiker die Sozialleistungen ausbauen und nur die Konservativen diese wieder einschränken. Im Allgemeinen pflegen auch die Politiker diese Legenden, aber die Praxis ist eher eine andere. Es war Richard Nixon, in einer Quäker-Familie aufgewachsen, der das »Supplemental Security Income«-Gesetz – eine Art zusätzliche Hartz-IV-Regelung, die sogar für illegale Einwanderer gilt – ins Leben rief. Und der Mormone Mitt Romney hat als Gouverneur von Massachusetts 2006 dort eine allgemeine Krankenversicherungspflicht eingeführt, also ein Gesundheitssystem der Art, wie es sich die Demokraten schon lange wünschen – und heute alle Hände voll damit zu tun, die Verantwortung für diese »Jugendsünde« öffentlich herunterzuspielen.
    Andererseits war es der Demokrat Bill Clinton, der als Präsidentschaftskandidat versprach, den Sozialstaat so weit zu überholen, bis »die Arbeitslosenunterstützung, wie wir sie kennen, nicht mehr existiert«. Und er machte sein Versprechen wahr.
    1996 empfingen 12 Millionen US -Bürger Arbeitslosenunterstützung. Vor allem die zahlreichen Langzeitarbeitslosen und die Bewohner der vielen Ghettos, die anscheinend nur von Arbeitslosenunterstützung lebten, schienen der Mehrheit beängstigend unamerikanisch. Clintons Antwort war das oben erwähnte TANF : Ab sofort bekam man bloß noch fünf Jahre lang Geld und auch das nur gegen den Nachweis, dass man Arbeit sucht. Die Folge war dramatisch: 60 Prozent aller TANF -Empfänger verließen das System und fanden Arbeit, die Armutsrate sank. Anscheinend hatte Clinton es tatsächlich geschafft, die Arbeitslosenunterstützung von den unamerikanischen »Schmarotzern« zu befreien. Heute – die Rezession 2008/9 mitgerechnet – leben nur noch etwas über 4 Millionen Amerikaner von TANF .
    Clinton scheiterte aber mit dem Versuch, das Gesundheitssystem zu reformieren. Erst Barack Obama hat Clintons Idee wieder aufgegriffen und erfolgreich umgesetzt. Der Grund, warum er dabei allerdings auf so viel Widerstand stieß, war folgender: Er wollte die Krankenkasse zur Pflicht machen.
    Bisher ist das freiwillig. Die meisten sind über ihre Arbeitgeber versichert, und wer es nicht ist, dem stehen »Medicare« bzw. »Medicaid« als günstige Alternativen offen. Wer überhaupt nicht krankenversichert ist – weder staatlich subventioniert noch privat –, hat irgendwann die Entscheidung getroffen, sein Geld anderswo auszugeben.
    Unter dem bisherigen System sind rund 83 Prozent aller Menschen in Amerika

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