Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)
Auszeichnung wegen seiner Propaganda-Techniken und George W. Bush, weil er in Afghanistan und im Irak einmarschiert war.
Hätte es Hitler schon im 18. Jahrhundert gegeben, hätten sich auch sämtliche Gründerväter den Vergleich gegenseitig an den Kopf geschmissen. Dafür warf der sechste Präsident der USA , John Quincy Adams, im Wahlkampf Andrew Jackson Mord, Genozid und Ehebruch vor. Jackson feuerte zurück: Adams hätte als Zuhälter dem russischen Zar junge Mädchen zugeführt und auf Kosten des Steuerzahlers das Weiße Haus mit verruchten Glücksspielgerätschaften vollgestellt. Die »Glücksspielgerätschaften« entpuppten sich als ein Schachbrett und ein Billardtisch, aber Andrew Jackson wurde zum siebten Präsidenten gewählt.
Selbst der noble Geist Thomas Jefferson machte mit. Als er einmal Hilfe gegen seinen einstigen Freund und damaligen politischen Gegenspieler John Adams brauchte, wurde er auf einen besonders schmierigen Journalisten und Flugblatt-Schreiberling aufmerksam. James T. Callender war ein Profi-Verleumder, der sich auf anonyme, brutale Attacken voller Übertreibungen, Falschdarstellungen und Beleidigungen gegen Politiker, auch gegen die verehrten, noch aktiven Gründerväter, spezialisiert hatte. Jefferson sprach mit ihm, und prompt erschien ein Flugblatt, auf dem John Adams Korruption vorgeworfen wurde und das diesem so sehr zusetzte, dass er Callender umgehend wegen Verleumdung anzeigte. Callender wanderte in den Knast und blieb da, solange Adams Präsident war.
Als er allerdings rauskam, ging er schnurstracks zu Jefferson und verlangte seine Belohnung: Ein Posten zum Beispiel wäre doch nett. Jefferson hatte sich zwar dazu erniedrigt, Callenders Dienste in Anspruch zu nehmen, aber einer Erpressung würde er sich niemals beugen. Er schmiss Callender raus, und es kam, wie es kommen musste: Bald schon erschienen Flugblätter, die genüsslich pikante Details über Jeffersons Affäre mit seiner Sklavin Sally Hemings und ihre gemeinsamen Kinder verbreiteten.
Doch meine Lieblingsanekdote über Politik-unter-der-Gürtellinie aus der Zeit der Gründerväter stammt von einer »Gründermutter«:
Schon vor Gründung der USA griff Lady Francis Berkeley, Ehefrau des angefeindeten Gouverneurs von Virginia, kreativ in den politischen Wirrwarr ein, indem sie den städtischen Henker zu den Feinden ihres Mannes schickte, um morgens vor ihren Häusern auf sie zu warten, als ob sie Kriminelle wären.
Was sie möglicherweise auch waren. Amerika besitzt ja eine lange und ehrwürdige Tradition von kriminellen Amtsträgern.
Der spätere kalifornische Kongressabgeordnete Philemon Thomas Herbert wurde schon 1844 von der Uni in Alabama verwiesen, weil er einen anderen Studenten mit einem Messer erstochen hatte. In echte Schwierigkeiten aber geriet er, nachdem er bereits Kongressabgeordneter war und in einem Hotel einem besonders unangenehmen Kellner begegnete. Sie kennen diese Typen: Sie als Gast kommen um 11 Uhr morgens besoffen in den Frühstückraum, und der Kellner zieht ein Gesicht, weil das Frühstück um 11 Uhr doch schon nicht mehr serviert wird. Sie beschimpfen den Kerl, der als irischer Einwanderer nun wirklich nicht in der Position ist, anderen Menschen Vorschriften zu machen, und er bringt dann auch Frühstück, aber es ist alles nicht so, wie Sie es bestellt haben. Was bleibt Ihnen in einer solchen Situation dann anderes übrig, als Ihre Pistole rauszuholen und dem Iren in die Brust zu schießen?
Vor Gericht wurde Herbert für unschuldig befunden.
Philip Barton Key wiederum war ein renommierter Staatsanwalt, als er die schöne junge Frau des Senators Daniel Edgar Sickles kennenlernte. Senator Sickles war als übler Hund bekannt: Er stand schon wegen Unterschlagung vor Gericht, reiste zu einer Audienz bei Queen Victoria einst mit einer bekannten Prostituierten an und lehnte es als guter amerikanischer Diplomat in England rundweg ab, am Unabhängigkeitstag auf die Gesundheit der Königin zu trinken.
Als Sickles die Affäre entdeckte, konfrontierte er seine Ehefrau mit dem Vorwurf. Diese gab unumwunden alles zu. Es war auch halb so schlimm, er hatte ja ohnehin längst bessere Unterhaltung anderswo gefunden. Der Fehler war allerdings, dass die Ehefrau ihren Liebhaber Key nicht informierte, dass er sich vielleicht besser ein Weilchen nicht blicken lassen solle. Als dieser nichtsahnend auf einer Party im Hause Sickles auftauchte, hatte dieser natürlich keine andere Wahl, als ihn zu verprügeln und
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