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Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition)

Titel: Planet America: Ein Ami erklärt sein Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric T. Hansen
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uns allen noch um »Ragged Dicks«.
    Ehrlich gesagt sind wir heute sogar noch besser dran, denn seitdem waren wir nicht faul und haben einiges dazugelernt. Wir haben studiert, analysiert, nachgedacht, und wissen heute viel besser als damals, wie man es schafft, von einem Lumpen-Richard zu einem Steve Jobs zu werden.
    Theoretisch.

10
Wir sind süchtig nach Erfolg
    H ier sind einige sehr schmutzige Geheimnisse über unsere ganz eigene Art des Kapitalismus, die wir Amerikaner nur ungern verraten:
    1. Wir hatten mehr Rezessionen als Präsidenten;
    2. Wir können nicht leben, ohne Schulden zu machen;
    3. Eigentlich lieben wir Spekulanten und:
    4. Wir versuchen nicht, Privat- und Geschäftsleben zu trennen, sondern, ganz im Gegenteil, das eine in den Dienst des anderen zu stellen.
    Erstens: Amerika hat mehr Rezessionen überlebt als Präsidenten. Barack Obama ist unser 44. Präsident. Die so genannte »große Rezession« der Jahre 2007/8, die unter George W. Bush begann und unter Obama mehr schlecht als recht endete, war unsere 47.
    Warum so viele, ist unklar. Möglicherweise hängt es mit unserer Risikofreudigkeit zusammen, unserer Lust auf starkes Wachstum und unserer Abneigung gegen die Regulierung der (Finanz-)Märkte. Unter den vielen interessanten Theorien findet sich auch die, dass es ausgerechnet mit dem Hass auf Banken zusammenhänge.
    George Washingtons Finanzminister Alexander Hamilton gründete gleich nach dem Unabhängigkeitskrieg trotz lautstarkem Protest Amerikas erste Zentralbank, die Bank of the United States. Sie überlebte nicht lange. Viele hassten Banken als Werkzeug von Spekulanten und anderen dreckigen Parasiten. Darunter befand sich auch Thomas Jefferson, einer der reichsten Männer Amerikas.
    Für ihn war ein Dollar ein Dollar und nicht ein Dollar und zehn Cent, wenn ich ihn dir leihe und du ihn mir morgen mit Zinsen wiedergibst. Wirtschaftlich dachte er immer noch wie ein mittelalterlicher Landbesitzer. Für ihn war die Wirtschaft dann in Ordnung, wenn der Herr auf seiner Veranda saß und dichtete, während seine Sklaven die Arbeit verrichteten. »Ich war schon immer ein Feind der Banken«, beharrte er noch im hohen Alter auf seinem Standpunkt.
    Als er 1801 Präsident wurde, musste als Erstes die frischgebackene Zentralbank dran glauben. Damit zerstörte er aber auch das einzige und beste Werkzeug der Regierung, um die Finanzmärkte zu regeln. Laut dem Historiker John Steele Gordon (An Empire of Wealth) war das der Beginn einer langen Geschichte von explosiven Aufs und Abs in der amerikanischen Wirtschaft. Die USA brauchten zwei weitere Anläufe, bis sie wieder eine Zentralbank besaßen – die Federal Reserve –, mit der auch unsere Finanzgenies von Politikern einverstanden waren.
    Die Aussicht, dass wir unsere Gewohnheiten ändern und so vernünftig werden wie manche europäischen Länder, die weniger risikofreudig sind, ein etwas langsameres Wachstum akzeptieren und dafür vielleicht etwas seltener Rezessionen erleben, kann man sich abschminken. Wir werden uns nicht ändern. Wir können ohne das Risiko, ohne die Schnelligkeit, ohne die großen Träume vom schnellen Geld nicht leben. Und nicht ohne den Konsum. Wir lieben Konsum. Hatte ich das schon erwähnt?
    Erstaunlicherweise gibt es aber doch Licht am Ende des Tunnels. Einige Wirtschaftshistoriker glauben, einen positiven Trend erkannt zu haben: Ganz langsam treten unsere Rezessionen weniger häufig auf. Von 1790 bis 1934 gab es 34 Rezessionen bzw. Depressionen – eine alle vier Jahre. Seit der »Großen Depression« von 1934 bis heute waren es aber nur noch 13 – das ist eine alle 5,7 Jahre.
    Es kann sein, dass Amerika langsam lernt, mit Rezessionen besser umzugehen.
    Vielleicht ist diese Einstellung gegenüber dem Risiko auch der Grund, warum wir abgebrühter auf Rezessionen reagieren als Europäer. In der Rezession 2008/9 gab es in unserer Presse, soweit ich sehen konnte, keine Prophezeiungen vom Ende des Kapitalismus. Zur selben Zeit waren der Spiegel und die Zeit voll von solchen Befürchtungen, und während der Griechenland-Krise konnte man jeden zweiten Tag irgendwo den Ruf nach der guten alten D-Mark vernehmen.
    Die Neigung der labilen Europäer, bei jeder Krise gleich das ganze System in Frage zu stellen, zeigte sich im Übrigen schon in den 1930ern. Die Antwort der Deutschen und Italiener auf die Finanzkrise war damals, das Kind mit dem Bade auszuschütten: Das ganze unzuverlässige demokratische System wurde rausgeschmissen und

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