Planet im Aufbruch
Geschwindigkeit, die eher zu Bäumen als zu Kämpfern passen wollte.
Stark brummte etwas und ließ den Mann los. »Du hattest dich zu dicht über mich gebeugt«, sagte er.
Der Mann holte tief Luft und faßte sich an den Hals. »Ich war neugierig«, flüsterte er. »Ich wollte einen Menschen aus einer anderen Welt sehen. Außerdem liegst du auf meinem Bett.« Er sah Ashton an. »Stammt er auch aus einer anderen Welt?«
»Ja.«
Stark hörte jetzt, daß draußen Musik erklang, süße, traurige Musik, und daß sich viele Menschen versammelt hatten, die leise murmelten. Der Mann war jung und hatte die gleichen unerforschlichen braunen Augen wie der Junge. Stark mochte diese Augen immer weniger. »Ich bin Ceidrin, ein Bruder des Bräutigams. Ich soll euch zum Fest bringen.«
Er ging mit steifen Schultern aus dem Zelt. Er sah sich nicht um, ob sie folgten.
Die alte Sonne ging kupferrot unter. Etwa zweihundert Männer und Frauen und halb so viele Kinder hatten sich auf dem Platz zwischen den Zelten und dem Haus des Winters versammelt. Sie blickten in die alte Sonne. Auf einem Felsen brannte ein Feuer. Neben ihm stand Cethlin. Die Musik schwieg jetzt. Nach einem Augenblick gespannten Schweigens setzte sie wieder ein, kleine flache Trommeln, Flöten und zwei Instrumente mit vielen Saiten. Die Musik war jetzt nicht mehr süß und traurig. Sie klang hart und grell.
Sie wurde leiser, und die Leute begannen zu singen.
Cethlin hielt einen goldenen Krug in der Hand, und als die dunkelrote Sonnenscheibe unter den Horizont gesunken war, löschte er das Feuer auf dem Felsen.
»Die alte Sonne ist gestorben«, sangen die Leute. »Sie wird nicht wieder auferstehen. Die Göttin wird uns diese Nacht den Frieden schenken. Es wird kein Morgen kommen.«
Als der Gesang beendet war, fragte Stark den jungen Ceidrin: »Macht ihr das jeden Abend?«
»Jeden Abend, wenn wir über dem Erdboden sind.«
»Die meisten Leute beten, wenn die Sonne aufgeht, und freuen sich, daß ein neuer Tag begonnen hat.«
»Die Göttin wird sie strafen.«
Stark schüttelte sich. Er hatte den Atem der Göttin gespürt, als Hargoth, der Kornkönig, und seine Magier und Priester diesen eisigen Atem auf die Wagen des Händlers Amnir aus Komrey herabgerufen hatten, und der Frieden der Göttin hatte sich auf Amnir und seine Gefährten und Tiere gesenkt, und ihre Gesichter hatten sich mit glitzerndem Reif überzogen.
Die Leute setzten sich nun um große Tücher, die auf den Boden gebreitet worden waren. Gelbe Vögel liefen durch die Reihen. Dampfende Kessel hingen über Feuern, die mit trockenem Dorngestrüpp unterhalten wurden.
Ashton schnüffelte. »Ich würde gern wissen, was in diesen Töpfen ist.«
»Was es auch sein mag«, sagte Stark, »du ißt es lieber.«
Ceidrin gab ihnen zu verstehen, sie sollten sich zwischen Cethlin und Norverann niederlassen. Dann wurde ungesäuertes Brot aufgetragen. Dazu gab es ein Gericht aus Getreide und Gemüse, in dem einige wenige kleine Fleischstückchen schwammen. Stark sah von seinem Napf hoch und warf einen Blick auf die Vögel.
»Wir bitten sie um Verzeihung«, sagte Norverann, »so, wie wir das Getreide um Verzeihung bitten, wenn wir es ernten, und auch die anderen Pflanzen, wenn wir sie aus dem Boden reißen. Sie verstehen uns. Sie wissen, daß wir eines Tages ihre Nahrung sein werden.«
»Und dein Sohn«, sagte Ashton. »Wirst du das Messer in sein Herz stoßen, wenn der Tag gekommen ist?«
»Natürlich«, sagte Norverann, und Cethlin sah sie leicht erstaunt an.
»Wem sonst«, fragte er, »gebührt diese Ehre?«
Als Stark gegessen hatte, sagte Norverann: »Und jetzt möchte ich wissen, wer unseren östlichen Leib bedroht.«
Stark erklärte es ihr, so gut er konnte. »Ich glaube, sie werden kaum noch Schaden anrichten, wahrscheinlich nur noch, wenn die beiden anderen Schiffe kommen. Bald danach werden sie abziehen.«
»Sie werden die Heide verlassen. Werden sie aber auch Skaith verlassen?«
»Ja. Die Stabträger haben alle Schiffe vertrieben. Es werden keine mehr kommen.«
»Das ist gut«, sagte Norverann. »Mutter Skaith muß sich jetzt allein um ihre Kinder kümmern.«
»Weißt du, was die Zukunft bringt?«
»Ich nicht. Aber mein Sohn hat die Göttin im Nachtwind sprechen hören. Sie hat ihn gebeten, sich zur Hochzeit vorzubereiten. Ich glaube, wir müssen nicht mehr lange warten, nur noch diesen Winter oder den nächsten.«
Man hatte Fackeln entzündet. Die Leute standen auf und nahmen Aufstellung zu
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