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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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zwang mich, mit fester und ruhiger Stimme zu antworten: »Ja, ich bin bereit.«
    Als sie sich abwandte und die Kabine verließ, schloss ich die Augen und versuchte ein Bild meines Bruders vors geistige Auge zu projizieren. Ich tue das für dich, Alex, sagte ich mir. Ich werde herausfinden, wieso du sterben musstest – und wer für deinen Tod verantwortlich ist.
    Doch als ich Duchamp den Gang entlang folgte, stand mir ein anderes Bild vorm geistigen Auge – meine Mutter, so jung und schön und verletzlich.
    Wir hatten ein Dutzend Simulationen der EVA-Prozedur durchgeführt, und ich hatte jedes Mal den Anzug angelegt. Ich fand das albern, wie Kinder, die sich verkleideten, aber Duchamp hatte darauf bestanden, dass wir die schweren Anzüge und Stiefel, Helme und Tornister anlegten, obwohl wir in der VR-Kammer des Schiffs nur eine Übung durchführten.
    Nun hatte die Besatzung sich an der Hauptluftschleuse versammelt und war damit zugange, in die Raumanzüge zu steigen. Ich wähnte mich im Umkleideraum einer Sporthalle oder an einem Badestrand. Dennoch konzentrierte ich mich auf jedes Detail der Prozedur. Dies war der Ernstfall. Ein Fehler konnte tödlich sein. Die Unterhose zuerst, dann die dick gefütterten Stiefel. In den Anzug schlüpfen und die Arme durch die Ärmel schieben. Den Kugelhelm auf den Kopf setzen und den Halsring verriegeln.
    Dann die Handschuhe überstreifen. Die Handschuhe hatten ein knochiges Exoskelett an der Oberseite, das von winzigen Servomotoren angetrieben wurde und die Muskelkraft um das Zehnfache verstärkte. In die Schulter-, Ellbogen- und Kniegelenke des Anzugs waren ebenfalls Servos integriert.
    Duchamp hängte die Lebenserhaltungsleine persönlich an meinem Rücken ein und schloss den Luftschlauch und die Stromkabel an. Der Tornister lastete wie ein Tonnengewicht auf meinen Schultern.
    Ich hörte, wie das Anzugsgebläse wimmernd anlief – es hörte sich an wie entfernte Mücken – und spürte, wie kühle Luft mir übers Gesicht fächelte. Der Anzug bot erstaunlich viel Bewegungsfreiheit, wenn das Innenfutter auch leicht an den Beinen scheuerte.
    Marguerite, Rodriguez und die anderen vier Mitglieder der Besatzung waren bereits in voller Montur. Selbst Dr. Waller runzelte leicht ungeduldig die Stirn, während sie darauf warteten, dass ich endlich fertig wurde.
    »Verzeihung, dass ich so langsam bin«, murmelte ich.
    Sie nickten in den Fischglashelmen. Marguerite rang sich sogar ein Lächeln ab.
    »In Ordnung«, sagte Duchamp schließlich, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass mein Anzug hermetisch abgedichtet war. »Funkprüfung.« Ihre Stimme wurde durch den Helm etwas gedämpft.
    Einer nach dem andern meldeten die Besatzungsmitglieder sich beim EVA-Controller auf der Brücke. Ich hörte jeden von ihnen in den Helmlautsprechern.
    »Mr. Humphries?«, fragte der Controller.
    »Ich höre Sie«, sagte ich.
    »Funkprüfung abgeschlossen. Captain Duchamp, Sie und Ihre Besatzung sind bereit zum Überwechseln.«
    Unter Duchamps Regie gingen sie durch die Luke der Luftschleuse, allen voran Rodriguez. Dann kamen
    der Doktor und die drei Techniker. Ich folgte Marguerite.
    Duchamp leistete mir Hilfestellung, als ich vorsichtig über die Kante der Luke in die metallene Höhle der Luftschleuse trat.
    Nachdem die Innenluke zugeschwungen war, hatte ich das Gefühl, in einem Metallsarg eingeschlossen zu sein. Ich atmete schneller und spürte das Herz heftiger schlagen.
    Ruhig!, befahl ich mir. Beruhige dich, ehe du anfängst zu hyperventilieren.
    Als die Außenluke aufglitt, wäre ich trotzdem fast in Panik geraten.
    Es gab nichts dort draußen! Sie erwarteten von mir, dass ich in eine totale Leere fiel. Ich hielt nach Sternen in dieser schwarzen Unendlichkeit Ausschau, nach irgendetwas, an
    dem ich mich festzuhalten vermochte, doch durch den stark getönten Helm sah ich nichts.
    »Einer fehlt.« Rodriguez’ vertraute Stimme beruhigte mich ein wenig. Aber wirklich nur ein wenig. Dann sah ich den ehemaligen Astronauten – der nun wieder Astronaut m
    war – in ein Blickfeld schweben, eingerahmt von den Konturen der offenen Luke.
    »Geben Sie mir Ihre Leine«, sagte Rodriguez und streckte die behandschuhte Hand nach mir aus. Es sah aus, als ob ein Robot nach mir griffe. Ich erkannte sein Gesicht nicht. Obwohl die Kugelhelme uns eine hervorragende Rundumsicht gewährten, wirkten sie durch die Sonnenschutztönung von außen wie Spiegel. Alles, was ich in Rodriguez’ Helm sah, war die Spiegelung

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