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Planeten 03 - Venus

Planeten 03 - Venus

Titel: Planeten 03 - Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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vielleicht ein Gebet. Wahrscheinlich aber ein paar deftige Flüche.
    Ich schaute wieder nach oben und sah, dass die Hesperos kurz vor dem endgültigen Zerfall stand. Die Gondel war an hundert Stellen aufgerissen, und die Gashülle glich einem unvollendeten Puzzle.
    Wir konnten von Glück sagen, dass die Luft in dieser Höhe ziemlich dicht und damit relativ ruhig war. Relativ. Die Hesperos wurde noch immer umhergewirbelt wie ein Blatt in einer starken Brise.
    Marguerite schien nicht mehr zu weinen. Sie musste wohl begriffen haben, dass ihre Mutter nicht mehr kommen würde und dass sie nichts daran zu ändern vermochte. Es blieb ihr noch genug Zeit zum Trauern, nachdem wir unsren Hals gerettet hatten, sagte ich mir. Wenn man sich selbst in Lebensgefahr befand wie wir, versuchte man erst einmal die eigene Haut zu retten und hob sich Sentimentalitäten für später auf.
    »Jetzt!«, riss Fuchs’ Kommando mich aus meinen müßigen Überlegungen.
    Es klaffte noch immer eine große Lücke zwischen mir und dem Steg der Lucifer, und Schultern und Arme schmerzten höllisch durch die Belastung.
    »Jetzt, verdammt!«, röhrte er. »Springt!«
    Ich ließ los. Im ersten Moment war ich ohne Orientierung und hatte das Gefühl, bewegungslos in der Luft zu hängen. Als ich mir schließlich bewusst wurde, dass ich doch fiel, prallte ich schon mit solcher Wucht auf die gewölbte Hülle der Lucifer, dass es mir den Atem raubte.
    Ich hatte den Steg und die Männer, die mir Hilfestellung leisten sollten, um ein paar Meter verfehlt. Ich rutschte an der Wölbung der Hülle ab und versuchte mit Armen und Beinen einen Halt zu finden, einen Handlauf, irgendetwas, das mich davor bewahrte, in die Tiefe zu stürzen. Nichts. Die Hülle war so glatt wie polierter Marmor.
    Im Kopfhörer vernahm ich ein heulendes Geräusch, ein ersticktes Heulen, das in den Ohren gellte wie der Schrei eines primitiven Tiers. Es wollte kein Ende nehmen. Ich hörte nichts anderes mehr, nichts außer diesem gequälten Heulen.
    Wäre die Lucifer so klein wie die Hesperos gewesen, dann wäre ich von der Hülle gerutscht und in die dichten heißen Wolken gefallen, die viele Kilometer unter mir lagen. Noch heute frage ich mich manchmal, ob ich beim Sturz in die brandheiße Atmosphäre bei lebendigem Leib gegrillt oder durch den gewaltigen Druck wie eine Eierschale zerquetscht worden wäre.
    Doch Fuchs’ Leute retteten mich. Einer von ihnen sprang vom Steg, glitt auf dem Bauch zu mir herab und hielt mich fest. Das schmerzliche Grunzen, als seine Leine uns beide abstoppte, übertönte sogar das infernalische Heulen im Kopfhörer. Dann schlang er mir die zweite Leine, die er dabei hatte, um die Schultern.
    Ich zitterte so heftig im Anzug, dass ich die Beine erst beim dritten Versuch wieder unter Kontrolle bekam und dem Besatzungsmitglied von Fuchs zum Steg zu folgen vermochte, wo sein Kamerad sich bereits um Marguerite kümmerte. Später erfuhr ich, dass sie zielgenau auf dem Steg gelandet war und nicht einmal das Gleichgewicht verloren hatte.
    Ich stützte mich auf Händen und Knien ab und schnappte durch die Anstrengung der letzten Minuten nach Luft. Dabei hatte ich das Gefühl, als ob man mir die Arme ausgekugelt hätte und war so fix und fertig, dass ich nicht einmal mehr Schmerz verspürte.
    Der Steg schien sich unter mir zu verschieben, und ich kippte auf die Seite. Ich schaute auf und sah die Hesperos auseinanderfallen; große Teile der Hülle brachen ab, und die Gondel riss der Länge nach auf.
    Marguerite stieß einen Schrei aus. Ich sah den Strang der Sicherheitsleinen heftig flattern.
    Unter Schmerzen kniete ich mich hin und hielt Ausschau nach Rodriguez. Er war
    nirgends zu sehen.
    »Wo ist Rodriguez?«, fragte ich.
    Niemand antwortete.
    Ich schaute Marguerite direkt an. Sie hatte sich vom Besatzungsmitglied gelöst, das sie festgehalten hatte.
    »Wo ist Tom?«, schrie ich.
    Ich sah zwar nicht ihr Gesicht im Helm, aber ich spürte ihr Kopf schütteln. »Er ist nach mir gesprungen ...«
    »Was ist mit ihm passiert?« Ich stand mühsam auf.
    Fuchs’ Stimme ertönte im Helmlautsprecher. »Die dritte Person in Ihrer Gruppe ist zu spät gesprungen. Ich musste das Schiff zur Seite manövrieren, um den von der Hesperos herabfallenden Trümmern auszuweichen. Er hat uns verfehlt und ist in die Wolken gefallen.«
     

LARS FUCHS
     
    Das war also der langgezogene Todesschrei gewesen, den ich im Kopfhörer gehört hatte: Rodriguez war in die Tiefe gestürzt.
    Ich blieb auf

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