Planlos ins Glueck
„Warte, ich wollte dich noch fragen … Also, ich dachte, wir könnten vielleicht mal zusammen essen gehen. Ein bisschen Zeit miteinander verbringen und so.“
„Oh, Mitch, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre.“
Als er lächelte, erschienen sympathische kleine Fältchen in seinen Augenwinkeln. „Denkst du wenigstens mal drüber nach?“
„Tut mir leid, Mitch. Ich weiß das Angebot wirklich zu schätzen, aber … Ich habe jemand Neues kennengelernt.“ Wenn sie Chase schon benutzte, um ihre Sexfantasien auszuleben, konnte sie ihn genauso gut als Ausrede benutzen.
„Pech für mich, aber den Versuch war es wert. Falls du wieder zu haben bist, ruf mich an.“
„Mach ich. Und danke.“ Sie zwang sich, ganz langsam wegzugehen, auch wenn sie eigentlich am liebsten einen Sprint hingelegt hätte. Ihre Panik war vollkommen unbegründet. Mitch hatte keine Ahnung, was sie bei der Polizei gewollt hatte. Er bedeutete keinerlei Gefahr. Tatsächlich war er sogar ein ziemlich toller Typ. So toll, dass sie bis heute nicht wirklich verstand, warum sie überhaupt mit ihm Schluss gemacht hatte.
Wann immer sie einem perfekten Kandidaten begegnete – einem perfekten Mann, der eine richtige Beziehung führen wollte -, lief sie davon. Lief, als ginge es um ihr Leben. Unddas, obwohl sie es eigentlich auf genau so einen Mann abgesehen hatte. Aber sobald das Thema Kinder oder Ehe aufkam oder sie den Eltern vorgestellt werden sollte, kam die Panik auf.
Und dabei war es doch genau das, was sie immer schon gewollt hatte! Einen erfolgreichen, zuverlässigen Ehemann. Ein hübsches Haus in einer guten Gegend. Kinder, die auf einem grünen Rasen spielten.
Keine Wohnwagensiedlungen mehr. Keine Gefängnisbesuche. Keine straffälligen Stiefväter, die sich gegenseitig die Klinke in die Hand gaben. Keine Secondhandklamotten, keine Gebrauchtwagen, keine Eltern, die man seinen Lehrern lieber nicht vorstellte.
Jane atmete tief durch und ging betont langsam weiter. Mitch war genau der Typ Mann, den sie heiraten wollte. Also warum reichte sein bloßer Anblick aus, um ihr die Luft abzuschnüren?
Als ihr Handy klingelte und sie Chases Nummer auf dem Display erkannte, löste sich das Eisenband um ihre Kehle schlagartig. Was natürlich nur daran lag, dass sie unbedingt hören wollte, was sein Vater gesagt hatte, und nicht daran, dass sie sich freute, weil Chase an sie dachte.
„Hallo?“
„Jane. Hi. Also, mein Dad ist mit an Bord.“
„Oh, toll! Ich freue mich sehr. Und ich bezahle ihn auf jeden Fall dafür, wenn das für dich in Ordnung ist. Die Anwältin meinte, dass es durchaus üblich ist, einen Privatermittler anzuheuern.“
„Klar. Er hat um eine Kopie des Festnahmeprotokolls gebeten. Und dann braucht er noch die Aussageprotokolle der Frauen, denen die Handtaschen geklaut wurden. Na ja, und natürlich die Unterlagen über die Vermisstenmeldung und die Tote. Brauchst du meine Hilfe? Das klingt nach einer ganzen Menge Arbeit!“
„Nein, nein, alles in Ordnung. Das Festnahmeprotokoll habe ich gerade in der Hand, und Jessies Anwältin hat die Freigabe des gesamten Beweismaterials beantragt. Ich gehe gleich nochmal zurück zur Polizeistation und sehe, was ich an Material über die Frauen auftreiben kann.“
„Wann soll ich dich abholen?“
Sie warf einen Blick auf ihre schlichte silberfarbene Uhr. Es war erst halb elf. „Wahrscheinlich brauche ich eine Weile, um alle Berichte durchzugehen. Und ich sollte wenigstens kurz im Büro vorbeischauen. Ich habe mir zwar für heute freigenommen, aber … Sag mal, musst du nicht auch irgendwann arbeiten? Ich will wirklich nicht, dass du wegen mir in Schwierigkeiten gerätst.“ Sie hätte ihm gerne angeboten, dass sie bis fünf warten konnte. Aber sie musste ihrem Bruder helfen. Um jeden Preis. Bitte lass mich nicht bis um fünf warten.
„Ich kann heute früher Schluss machen. Was hältst du von halb drei? Ist das zu spät?“
„Nein! Chase, du bist so nett zu mir. Danke für alles. Auch für gestern Nacht.“ Aus dem Handy drang Schweigen. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Dann dämmerte es ihr. Oh Gott. „Ich meine, für die Hilfe in der Bar!“
„Nein, gern geschehen. Wirklich.“
Gott. War das beim letzten Mal nicht genauso gelaufen? Ein höfliches Danke für schmutzigen Sex? „Ich … Okay, also dann sehen wir uns um halb drei.“ Sie gab Chase ihre Adresse und legte auf.
Nervös und durcheinander eilte sie ins Büro und ging hastig die Post auf ihrem Schreibtisch
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