Plasma City
nicht viel zu tun, Aiah muss nur wenige Anforderungen in den Computer eingeben. Mit der Luftzirkulation stimmt schon wieder etwas nicht und in Aiahs fensterlosem Büro ist es heiß und drückend. Es riecht penetrant nach den Windeln des schlafenden Kindes. Aiah liest in der freien Zeit einen Text über Plasmatheorie, während Tella ein Puzzle zusammenbaut und mit Freundinnen telefoniert.
»Wen meinst du?«, fragt Aiah abwesend. Sie sieht kurz zu Gils Bild im Rahmen aus Silberimitat. Ihr Herz schlägt etwas schneller, aber vielleicht nicht ganz so schnell wie sonst.
»Der Mann, der dich nach der Arbeit abholt. Der Mann mit dem großen Wagen.« Tella lächelt. »Siehst du dich anderweitig um? Ich kann dir ja wirklich keinen Vorwurf machen, wenn Gil dich so schlecht behandelt.«
»Gil behandelt mich sehr gut«, wehrt Aiah automatisch ab. »Es ist doch nicht seine Schuld, dass er nicht da ist.«
»Wer ist es denn?« Tella lächelt erbarmungslos, die Zähne schimmern weiß. »Gelen von der Einsatzplanung sagt, er sei ein Barkazil.«
Wer? Es ist das erste Mal, dass Aiah etwas von Gelen aus der Einsatzplanung hört. Aber sie schenkt sich die Frage. Tellas Netzwerk von Freundinnen in der Behörde ist unendlich und nicht zu durchschauen.
»Er ist kein Barkazil«, sagt Aiah. »Er ist ein Cheloki.«
»Ist er reich?«, fragt Tella. »Er muss reich sein, wenn er einen Elton fährt. Und mir ist aufgefallen, dass du dich besser kleidest.«
Aiah kratzt sich abwesend unter den Rüschen am Kinn. Zwei Anzüge, denkt sie, und ein Paar Schuhe, und schon glauben deine Kolleginnen, du würdest ausgehalten.
Sie fragt sich, was Tella sagen würde, wenn sie mit dem Diamanthalsband zur Arbeit käme.
Die klickende Wiege zählt die Sekunden ab, bis Aiah antwortet.
»Der Mann, den Gelen gesehen hat, ist der Fahrer des Wagens, aber nicht der Besitzer«, erklärt sie vorsichtig. Sie weiß, dass Gelen und alle anderen Korrespondentinnen in Tellas Nachrichtenunternehmen die Geschichte während der nächsten Stunden im Hauptsitz der Behörde verbreiten werden.
Tellas Augen funkeln. »Ich bin beeindruckt.«
»Aber in Wirklichkeit arbeite ich für ihn«, fährt Aiah fort. »Es ist eine beratende Tätigkeit, die ich aufgenommen habe, um irgendwie zurechtzukommen.«
»Oh.«
»Und ich habe die Behörde nicht um Erlaubnis gefragt, also wäre ich dankbar für deine Diskretion.«
»Ach so.«
»Und außerdem ist er verheiratet. Na ja, so gut wie.«
Tella braucht einen Augenblick, um es zu verdauen. »Und was sagt Gil dazu?«, fragt sie schließlich.
»Ich habe nicht mit ihm gesprochen, seit ich damit angefangen habe.«
»Ach so.«
»Im Übrigen«, fährt sie trotzig fort, während sie spürt, wie am Hals die Hitze aufsteigt, »im Übrigen wüsste ich sowieso nicht, warum es ihn stören sollte.«
»Aber der Mann, für den du da arbeitest, ist reich?« Tella beugt sich vor.
»Ich glaube schon.« Aiahs Mundwinkel zucken amüsiert. »Aber er klagt trotzdem ständig, er hätte nicht genug Geld.«
»Reiche Leute sind wohl so«, sagt Tella.
Aiah sieht sie an. »Wie viele reiche Leute kennst du eigentlich?«
»Wirklich reiche Leute? Nun ja …«
»Er ist reich genug, um seine Clinks nicht zählen zu müssen. Aber er zählt sie trotzdem, weil das Reichwerden ein Spiel ist, in dem es gewisse Regeln gibt. Eine davon ist wohl die, dass man immer Angst haben muss, man würde ausgenutzt.« Sie runzelt die Stirn. »Ich glaube jedenfalls, dass es so funktioniert.«
»Und was erwartet er für die Clinks, die er dir bezahlt?«
Aiah lacht. »Wenn ich das wüsste. Nicht, was er nicht auch selbst tun könnte, wenn er es wollte.«
»Und er ist glücklich mit seiner Frau oder was sie auch ist?«
»Seine persönliche Assistentin.«
Tella lacht. »Persönliche Assistentin.« Sie schüttelt den Kopf. »Und wie kommen sie zurecht?«
»Im Augenblick wohl nicht sehr gut.«
»Mädchen!« Tella klatscht in die Hände. »Wach auf! Du kannst ihn haben!«
Aiah lacht, schüttelt den Kopf, fährt verlegen mit den Fingerspitzen über die verkratzte Oberfläche ihres Schreibtischs. »Ich glaube nicht.«
»Und wenn doch? Unternimmst du etwas in dieser Hinsicht?«
Ich nehme alles Geld, das ich bekommen kann, denkt sie. Verdammt, er ist mein Passu.
So ist es jedenfalls am sichersten.
»Entweder er kommt von sich aus darauf oder eben nicht«, erklärt Aiah. »Ich glaube, er ist schon darauf gekommen und wollte nicht.«
Tella sieht sie herablassend an.
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