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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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Goodrich rief etwas, aber Cam verstand nur den warnenden Tonfall, nicht die Worte. Er hatte weniger als dreißig Schritte zurückgelegt, doch er schien in eine fremde Welt geraten zu sein. Insbesondere die von Ohrensausen überlagerte Stille machte ihm zu schaffen. Die Artillerie hatte sich für kurze Zeit auf dieses Stück Hang konzentriert, und der Hügel glich einer Mondlandschaft.
    Ruth hätte ebenfalls hier sein sollen. Sie war mit Estey, Ballard, Mitchell und Deborah im zweiten Jeep gefahren. Aber sie hatten sich offensichtlich in alle Richtungen verteilt. Was, wenn sie irgendwo oberhalb der Fahrzeuge war?
    Er suchte das aufgewühlte Gelände nach ihr ab. Als Estey ihn nach unten zu ziehen versuchte, wehrte er ab. Er hatte einen menschlichen Umriss in den dunklen Schwaden entdeckt, und dann noch einen. Ein Mann auf der Flucht, verfolgt von einem anderen Mann. Die Riesen waren fort. Die Sonne zerteilte den Staub, und Cam kroch aus dem Krater, nur um sich sofort wieder flach hinzuwerfen und nach seiner Pistole zu fingern. Er hatte seinen Karabiner im Jeep verloren, aber Estey besaß seine Waffe noch. Cam drehte sich kurz zu ihm um und schrie: »Aufpassen, Estey!«
    Mindestens zehn Menschen stolperten durch den Qualm, weit mehr als die verschwundenen Mitglieder seines Trupps. Ihre Rufe klangen gedämpft und fremdartig. Auch die Farben stimmten nicht. Cams Einheit trug olivgrüne Uniformen, während diese Leute in braun gefleckten Tarnanzügen steckten und irgendwie missgestaltet wirkten. Unterschiedlich lange braune Tücher hingen von ihren Köpfen und Armen. Cam kamen weder ihre langen Gewehre noch ihre Maschinenpistolen bekannt vor.
    Er zielte, feuerte aber nicht, als sich jemand in dem Krater dicht vor ihm erhob. Deborah. Ihre blonde Mähne war zwar rußverschmiert, aber unverkennbar. Cam erhob sich und lief auf sie zu. Ihm war schlecht vor Angst, weil er sie schon von Kugeln durchsiebt sah, doch in diesem Augenblick winkte sie den näher rückenden Soldaten zu. Cam horchte angestrengt auf die Stimmen der Männer.
    »US-Marines! US-Marines!«
    Er senkte die Pistole und rannte zum Krater.
    Ruth stieß gegen seine schmerzende Rippe, als sie ihn stürmisch umarmte, und er lachte und sog den herrlichen, vielschichtigen Geruch nach ungewaschener Weiblichkeit ein. Sie lebte. Sie war mit Schrammen, blauen Flecken und einer Schrapnellverletzung an der Hüfte davongekommen. Man würde die Wunde nicht nur von Blechsplittern, sondern auch von Uniformfetzen säubern müssen. Andere hatte es weit schlimmer erwischt. Park und Wesner waren tot, und Somerset befand sich nach einem Bauchschuss und einer Gesichtsverletzung in einem kritischen Zustand. Haie, der ebenfalls im ersten Jeep mitgefahren war, hatte sich das Schlüsselbein und beide Beine gebrochen, als das Fahrzeug einen Salto drehte. Es grenzte geradezu an ein Wunder, dass Goodrich nicht mehr als einen Schnitt am Arm davongetragen hatte.
    Cam nahm diese Neuigkeiten wie durch Watte auf, aber die anderen brüllten laut genug. Die meisten hatten Schwierigkeiten mit dem Gehör, und bei allen war der Adrenalinspiegel nach oben geschnellt. Sie wussten, dass die feindliche Artillerie jeden Moment wieder loslegen konnte.
    »Mein Stein«, sagte Ruth. »Ich habe meinen Stein verloren!«
    Sie wusste sicher, dass es irrational – um nicht zu sagen verrückt – war, aber sie durchsuchte ihre Kleidung und ließ ihre Blicke hilflos über den zerpflügten Hang schweifen.
    »Schsch«, sagte Cam. »Schsch, Ruth.«
    Sie entschieden, dass sich alle, die noch laufen konnten, aus der Angriffszone entfernen sollten, alle bis auf Mitchell und Foshtomi, die freiwillig bei Somerset blieben. »Wir lassen ihn nicht allein zurück«, erklärte Foshtomi. Der Captain der Marines nickte und gab ihnen sein Funkgerät.
    Die Späher und Scharfschützen gehörten zu einer Patrouille, die das Gelände oberhalb der Interstate 70 erkunden und nach Stellungsmöglichkeiten suchen sollten, die leicht zu verteidigen waren. Als jedoch Parks Einheit in ihrem Sektor auftauchte, hatten sie beschlossen, erst mal den Schutz der Ranger zu übernehmen. Zwei ihrer Männer waren bei dem Angriff ebenfalls verwundet worden, weil sie in das Schussfeld der Feinde gelaufen waren, anstatt sich zurückzuziehen. Cam empfand Bewunderung für ihren Mut und ihre Disziplin.
    Ohne ihre tatkräftige Hilfe wäre die Evakuierung von Ruth, ihrer Ausrüstung und den äußerst dezimierten Rangern niemals gelungen. Das Kommando der

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