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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jannis Plastargias
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diesen Helden am Bildschirm. Ich liebe diesen Helden, der mich in seinen Armen hält. Bis der Film sein Ende erreicht. Bis Afyon »Super!« ruft.
    Er will aufstehen.
    »Wo willst du hin?« Ich ziehe ihn zu mir zurück.
    Er schaut tief in meine ängstlichen Augen. Seine Lippen bewegen sich. Er summt eine Stimme, findet eine Melodie, »denn es macht jetzt keinen Sinn, fort zu gehn«. Das Lied von Xavier Naidoo. Er küsst mich, greift nach seinen Klamotten, seine Augen sind feucht. Ich erhebe mich, umarme ihn von hinten, er versucht seine Unterhose anzuziehen.
    Meine Stimme, aus tiefem Herzen an seinem Ohr: »Ich halt‘ dich fest, such dich Nord, Ost, Süd und West, um dich anzuflehn«, er dreht sich zu mir, »wo willst du hin«, ich kann nicht aufhören mit dem Lied. Er muss lächeln.
    »Ich muss nach Hause.«
    »Der Abend war wunderschön. Und … ich hatte gehofft, ich wäre gerne in deinen Armen eingeschlafen.«
    »Geht nicht!« Er wird laut. Und nervös. Er löst sich aus meiner Umklammerung. Wie ein Tier, das in die Enge getrieben wird. Er wendet sich ab. Er spürt meine verzehrenden Blicke. Er nimmt mich noch einmal in den Arm. Ein kleiner Kuss. Doch er reißt sich wieder los. Er zieht sich an. Ich ziehe mich an. Alles rast um mich herum.
    »Sehen wir uns morgen?« frage ich, »wir könnten einen Ausflug machen« in meinem Kopf male ich mir schon Szenarien aus.
    »Es geht nicht!« Dieser Ton ist nicht seiner.
    »Wieso?«
    Er zuckt nur die Schultern.
    »Wann sehen wir uns wieder?«
    »Wir sehen uns.«
    Er hält die Türklinke fest. Ich ziehe ihn nochmals an mich heran. Küsse ihn. Er schließt die Augen. Öffnet sie. Sein Gesichtsausdruck ist weich und wirkt glücklich. Beim Hinausgehen singt er wieder das Lied von Xavier Naidoo. Seine Musik, sein Style, nicht meiner.

    Wer ist Afyon? Fragen über Fragen rasen mir durch den Kopf, als ich alleine bin – Fußball, zocken, draußen abhängen, Playstation, Wrestling, Hip Hop. Meine Antworten bestehen aus einfachen Wörtern – Türke, strenge Eltern, keine Bücher, kein Theater. Filmgeschmack? Action und Blockbuster! Afyon kann nicht diskutieren! Hat nie gelernt seine Gefühle auszudrücken! Kommt er mit seiner Identität klar? Was ist überhaupt seine Identität? Wofür steht er? Was will er? Was will er von mir? Undurchsichtig erscheint er mir. Was mag er an mir? Er hat mir noch nie etwas Nettes gesagt. Hat er? Was schätzt er an mir? Was begehrt er? Wer in Gottes Namen ist Afyon?
    Ich liege im Bett. Rieche seinen weihnachtlichen Geruch auf dem Kopfkissen, schließe die Augen, fühle mich glücklich. Gestreichelt zu werden, Wärme zu spüren, Erregung zu erwarten. Es war wie Kitzeln im Bauch, an der Fußsohle. Wie er mich gestreichelt hat, wie er mich geküsst hat, das hat mich verrückt gemacht. Das war alles so schön. Schön und unbekannt. Ich habe bereits wieder Sehnsucht nach ihm, und in der nächsten Sekunde überkommt mich Traurigkeit, dass er weg ist. Das Bett ist zu groß für mich alleine! Scheiße, dass seine Eltern nicht so drauf sind wie meine! Ich würde gerne mit ihm in einem Bett einschlafen. Irgendwann ... ach ja!

    Afyon und ich reiten durch einen Wald. Wir sind umgeben von Lerchen, Tannen, Fichten, Ahorne, Kastanien, Waldrosen und am Rand des Pfades Vergissmeinnicht und Edelweiß, farbenfrohe Büsche, die meisten Gewächse haben wir noch nie gesehen. Rehe und Hirsche bleiben stehen und beobachten uns, Vögel mit hübschen Federn schwirren um uns und singen fröhliche Lieder, bunte Schmetterlinge setzen sich auf die Mähnen unserer Pferde. Wir reden nichts, in diesem Zauberwald scheinen wir uns telepathisch zu verstehen, Gefühle, wohlige Empfindungen, tiefes Verständnis ohne Worte fliegen zwischen uns. Wir sehen im Waldesinneren kleine Feen. Der Pfad vor uns führt zu einem riesengroßen See, der von Wiesen mit herrlichen, bunten Blumen umsäumt ist. Wir halten an, Afyon zieht seine Kleider aus und springt in den See, ich tue es ihm nach, wir schwimmen in dem angenehm warmen Wasser, das so klar ist, dass wir auf den Grund des Sees schauen können. Wir tauchen nach Muscheln, Afyon findet eine wunderschöne, in allen Farben glänzende, die er mir schenkt. Ich küsse ihn auf die Wange. Er zieht mich aus dem Wasser, er setzt sich auf die Wiese, ich neben ihn, wir halten uns an den Händen und schauen in die Ferne. Nach einiger Zeit schaut Afyon mir in die Augen, ich lege mich hin, er legt sich auf mich, küsst mich, wir lieben uns. Um uns herum

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