Ploetzlich blond
eignete sich wirklich ganz hervorragend dafür – und sagte etwas steif: »Tja, dann. Ich komme bei euch vorbei, sobald ich mal einen Abend freihab.«
Ich drückte mich absichtlich so unbestimmt aus, weil Mr Phillips direkt neben uns stand und alles mitbekam. Ich fand, dass die Leute bei Stark Enterprises schon genug über mein Privatleben wussten.
Leider ahnte meine Mutter nichts von meinen Bedenken. Ich hätte meinen Eltern von Nikkis verwanztem Computer erzählen sollen, aber die beiden sind technisch so unbedarft, dass sie wahrscheinlich gedacht hätten, Nikkis Laptop wäre von Ungeziefer befallen.
»Nichts da, du kommst am Freitag zum Abendessen!«, sagte Mom streng und stellte sich auf die Zehenspitzen, um mir einen Abschiedkuss zu geben. Früher hatte sie sich nie auf die Zehenspitzen stellen müssen, um mich zu küssen. »Ich reserviere uns einen Tisch im Peking Duck House auf der Mott Street. Das war doch immer dein Lieblingsrestaurant.«
Ich schielte vielsagend in Mr Phillips Richtung, der eifrig irgendwelche Notizen in seinen BlackBerry tippte, was ich üb ri gens sehr interessant fand. Warum er wohl keinen Organizer von Stark benutzte?
»Mal sehen, ob ich dann kann«, sagte ich. »Ich rufe euch an.« Ja, aber garantiert nicht auf dem Stark-Handy.
»Es bleibt bei Freitag.« Dad drückte mich so fest an sich, dass Cosabella aus Angst, zerquetscht zu werden, laut aufjaulte. »Du hast gehört, was deine Mutter gesagt hat.«
»Und ruf uns an, sobald das Shooting vorbei ist.« Mom nestelte an meiner Jacke herum. »Wenn du doch nur eine wärmere Jacke hättest. Ich hätte dir eine von zu Hause mitbringen sollen.«
»Mo-om«, stöhnte ich.
»Nikki hat doch sicher noch wärmere Jacken als diese da.« Sie zupfte besorgt an der dünnen Wildlederjacke, die ich mir aus Nikkis begehbarem Kleiderschrank mitgenommen hatte. »Versprich mir, dass du morgen etwas Wärmeres anziehst.«
»Mo-om«, sagte ich noch einmal.
»Es ist November. Hier. Nimm wenigstens meinen Schal.« Sie zog sich ihren Schal vom Hals.
»Mo-om«, sagte ich ein drittes Mal, als sie mir den Wollschal so eng um den Hals wickelte, dass sie mich fast erwürgt hätte. »Ich fahre nach unten in die Tiefgarage und setze mich in eine warme Limousine und das Shooting findet drinnen statt. Ich brauche keinen …«
»Vergiss nicht anzurufen«, sagte Mom und schloss mich noch einmal in die Arme. Dann ließ sie mich so abrupt los, als müsste sie sich dazu zwingen.
Cosabella und ich fühlten uns ziemlich grün und blau gequetscht, als wir schließlich zu Frida kamen, die als Letzte in der Reihe stand. »Tja, dann«, sagte ich unbeholfen. »Sehen wir uns morgen in der Schule?«
Es war Mr Phillips tatsächlich gelungen, mir einen Platz an der Tribeca Highschool zu verschaffen. Die Schulleitung hatte mir freigestellt zu kommen, sobald mein Terminplan es zuließ. Was – wie ich hoffte – morgen sein würde.
Frida zuckte mit den Schultern. »Ja, mal sehen«, sagte sie. Wir schlugen uns verlegen auf die Schulter, wobei ihre ungefähr auf Hüfthöhe von mir waren, weil sie viel kleiner war als ich. Dann drehte ich mich um und konnte auf einmal fast nichts mehr sehen, weil mir plötzlich Tränen in die Augen schossen. Das muss wohl am kratzigen Schal gelegen haben.
Plötzlich kam eine von zwei Bodyguards begleitete rothaarige Frau in einem engen grünen Kostüm mit einem Headset im Ohr den Flur entlang und schob mich am Ellbogen in den Aufzug. »Ja, ja, ich hole sie gerade ab«, sprach sie in ihr Mikro. »Wir sind schon auf dem Weg. Geschätzte Ankunftszeit bei Stark Corporate in fünfzehn Minuten.«
Einer der Bodyguards drückte den Knopf für die Tiefgarage, und sobald die verweinten, lächelnden Gesichter meiner Eltern hinter den sich schließenden Aufzugtüren verschwunden waren, drehte die Frau im grünen Kostüm sich zu mir um, schaltete ihr Headset aus und lächelte gekünstelt. »Nikki, Liebes.« Sie duftete nach teurem Parfüm. »Bin ich froh, dass es dir schon wieder besser geht. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Ach so, ich habe vergessen, dass du dich ja gar nicht an mich erinnern kannst. Ich bin Kelly Foster-Fielding.« Sie streckte die Hand aus und schüttelte meine so energisch, dass ich Angst hatte, sie würde mir die Knochen brechen. »Deine PR-Agentin. Wie fühlst du dich?«
Ich sah sie skeptisch an. Wusste sie es wirklich nicht oder tat sie vor den Bodyguards nur so? Hatte Stark Enterprises sie nicht eingeweiht? Wusste sie
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