Ploetzlich blond
nehme es aber an, denn sie hörten auf, fiese Kommentare abzugeben, und erklärten mir sogar, was sie taten. Denise, die Visagistin, sagte mir, wie wichtig es sei, das Gesicht jeden Abend und jeden Morgen zu reinigen und dafür ein mildes Tonic zu verwenden, um den Schmutz wirklich aus den Poren zu bekommen. Außerdem empfahl sie mir, gegen meine trockene Haut eine Feuchtigkeitscreme zu verwenden. Etwas, das ich natürlich noch nie in meinem Leben benutzt hatte, weil meine alte Haut nie zu trocken gewesen war. Ich hatte höchstens Pickel bekommen, weil sie zu fettig war.
Aber okay, anscheinend hatte ich jetzt trockene Haut.
Norman riet mir, meine Haare nicht täglich zu waschen, sondern nur zwei- bis dreimal pro Woche, weil sie dann einfacher zu stylen seien. Außerdem schenkte er mir einen Puder, mit dem ich jeden Morgen meine Haare bestäuben und sie anschließend ausbürsten sollte, damit sie gut aussahen.
Doreen modellierte mir mithilfe einer Schablone neue Nägel aus einem Kunststoffgel, das unter einer UV-Lampe schnell aushärtete. Anschließend feilte sie meine neuen Nägel kurz und lackierte sie dann schwarz. »Jetzt versuch mal, daran zu knabbern«, sagte sie. »Na los. Probier's.«
Als ich mir den Nagel in den Mund steckte, hätte ich mir fast einen Zahn daran ausgebrochen.
»Solange du die drauf hast, wirst du nie mehr Nägel kauen, das verspreche ich dir«, sagte Doreen zufrieden. »Aber du musst zweimal im Monat zum Auffüllen zu mir kommen.«
Zum Schluss bekam ich noch Tropfen in die Augen geträufelt, die leicht gerötet waren. (Und ich wurde ein bisschen geschimpft, weil ich geweint hatte.) Das gesamte Team über legte inzwischen gemeinsam, was sie mir Wichtiges über mich selbst mitteilen könnten, das ich womöglich vergessen hatte. Zum Beispiel, dass meine Haut zu empfindlich sei, um sie mit Wachsstreifen zu enthaaren (als wäre ich jemals auf die Idee gekommen!). Deshalb müsse ich mich rasieren. »Und wenn du deine Bikinizone rasierst, musst du jedes Mal eine brand neue Klinge verwenden, sonst bekommst du sofort hässliche Pickelchen«, unterrichtete Norman mich. Das war mir zwar – hallo? – unendlich peinlich, aber im Hinblick auf die Bade modenausgabe von Sports Illustrated wahrscheinlich eine ganz nützliche Info. Außerdem dürfe ich keine Fertigprodukte essen, weil sie mein Sodbrennen verschlimmern würden. (Danke. Das hatte ich selbst auch schon bemerkt.) Und außerdem (das fand ich schon wesentlich interessanter) hätten Brandon und ich uns vor meinem Unfall fast getrennt, weil ich es sattgehabt hätte, dass er hinter meinem Rücken mit Mischa rummachte. (Zum Glück sagten sie mir das, als Brandon gerade nicht im Zimmer war. Sie wussten anscheinend auch nicht, dass Nikki hinter Brandons Rücken mit dem Freund ihrer Mitbewohnerin rumgemacht hatte. Puh.)
Während alle durcheinanderredeten, verging die Zeit wie im Fluge, sodass ich kaum bemerkte, wie sie meine Wimpern mit einer Zange nach oben bogen und tuschten, meine Haare glatt bügelten, meine Zehennägel passend zu den Fingernägeln schwarz lackierten und (ungelogen) die Härchen auf meinen Armen bleichten.
Dann hieß es: »Okay, ab in die Garderobe«, und ich wurde in einen (kaum) durch einen Vorhang abgetrennten Teil des Raumes geführt, in dem mich drei zierliche Mädchen erwarteten, die alle mindestens einen Kopf kleiner waren als ich, mich einfach (ohne zu fragen!) auszogen und mir neue Sachen zum Anziehen hinhielten … Sachen, von denen ich nicht mal wusste, wie herum ich sie anziehen sollte. Deshalb war es ganz gut, dass sie da waren, um mir zu helfen.
Sobald ich etwas anhatte, betrachteten sie mich kritisch, und dann machte eine von ihnen ein Foto, verschwand eilig hinter dem Vorhang und kam mit einem »Ja« oder einem »Nein« zurück. Zuletzt entschieden sie sich für ein durchsichtiges weißes Kleid, das so tief ausgeschnitten war, das ich Angst hatte, es würde herunterrutschen, dazu silberne Riemchensandalen. Sie beschlossen, dass ich keine Ohrringe anziehen sollte, und führten mich aus der mit Vorhängen abgeteilten Kabine in den Flur hinaus, einen langen, mit einem weichen Teppich ausgelegten Gang entlang und an vielen stylisch gekleideten Leuten vorbei. Sie starrten mich alle an (oder besser ge sagt: zu mir empor , weil meine Absätze so hoch waren), und ein paar von ihnen sagten: »Hallo, Nikki!« Ich versuchte zu rückzugrüßen, erntete aber jedes Mal verwunderte Blicke. Anscheinend war Nikki nicht gerade
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