Plötzlich durch Gewalt
aus, als ich meinen Wagen durch die Wasserwand steuerte, und das
gedämpfte, monotone Knacken der Scheibenwischer bildete eine stimmungsvolle
Begleitmusik für die schimmernde Nässe, die sich vor der Windschutzscheibe
unendlich weit erstreckte. Es war eine teuflische Nacht, um einen Besuch zu
machen; doppelt teuflisch, jemanden zu besuchen, der am äußersten Ende von Long
Island wohnte.
Es war Viertel nach sieben, als
ich dort ankam. Als ich den Motor abstellte, konnte ich das dumpfe Rauschen der
See hinter dem Haus hören, und das bestärkte mich in meinem Glauben, daß mir
für den Rest meiner Tage der hübsche Ausblick auf den Central Park genügte.
Selbst in einer solchen Nacht macht das Gras kein Geräusch, während es wächst.
Ich rannte vom Wagen die
Vortreppe zur Haustür hinauf, wobei mir der Regen ins Gesicht schlug, schöpfte
nach Luft und drückte dann auf die Klingel; ich preßte meinen Daumen etwa fünf
Sekunden lang auf den Klingelknopf. Wenn die Klingel funktionierte, hätte man
mich eigentlich im Haus hören müssen.
Trotzdem öffnete mir niemand
die Tür. In dem Haus brannten reichlich Lichter. Es
mußte also jemand da sein. Ich überlegte, daß es besser sei, es noch einmal mit
der Klingel zu versuchen, und erst dann, wenn sich das als ergebnislos erwies,
die Tür einzutreten oder sonst etwas zu unternehmen. Der Regen schlug schräg
unter das Vordach, und meine Füße fingen an, naß zu
werden. Nasse Füße konnte ich mir auch in Manhattan holen, dazu brauchte ich
nicht nach South Hampton hinauszufahren.
Dann ging die Tür langsam auf,
und ein dunkelhaariges Mädchen stand vor mir und sah mich an. Sie trug einen
weißen, feingestrickten Pullover und eine schwarze wollene Hose; ihre Kleidung
überließ vom Hals bis zu den Knöcheln nichts der Phantasie. Es war die Tochter
des Hauses, Suzy Lakeman : das Mädchen in der
Badewanne, das Mädchen im Badetuch, das Mädchen in der Besenkammer; vielleicht
das Mädchen, von dem jemand träumte.
»Boyd«, sagte sie. Mit dem
gleichen Ton hätte sie auch Wanze sagen können.
»Der allereinzigste ,
das Original in Lebensgröße«, gab ich bescheiden zu. »Das klassische Profil,
der zum Leben erwachte griechische Gott, das nie schlafende Auge. Sie haben
recht, Suzy, ich bin’s, Daniel Boyd persönlich .«
»Was wollen Sie ?« fragte sie kalt.
»Das ist aber unfreundlich«,
antwortete ich vorwurfsvoll. »So behandelt man keinen Gast. Ich wurde von Ihrem
Vater zum Essen eingeladen; außerdem hole ich mir gleich eine doppelte
Lungenentzündung, wenn nicht noch Schlimmeres, weil ich völlig durchnässe, wenn
ich hier stehenbleibe .«
»Vater ist gerade nicht da«,
sagte sie, »und ich weiß nichts davon, daß er Sie zum Essen eingeladen hat. Es
klingt mir nicht sehr wahrscheinlich. Sie müssen schon da warten, bis er
zurückkommt; dann wollen wir hören, was er sagt .«
Sie wollte die Tür vor meiner
Nase schließen. Ich stieß sie wieder auf und trat in die Halle. Suzys Gesicht
verfärbte sich schnell, wobei sie mich anfunkelte.
»Ich habe Ihnen doch gesagt,
daß Sie nicht hereinkommen können .«
»Ich bin aber drin«, wies ich
sie auf die offensichtliche Tatsache hin. »Und ich werde drin bleiben. Bei
diesem Wetter würde man keinen Hund vor die Tür jagen .«
»Für einen Hund hätte ich
vielleicht noch Sympathie«, erwiderte sie scharf. »Gehen Sie jetzt, Mr. Boyd!
Oder muß ich jemanden rufen, um Sie hinauswerfen zu lassen ?«
Ich schlug die Tür hinter mir
zu und schnitt damit den eisigen Luftstrom ab, der mir in den Rücken fuhr.
»Schatz«, sagte ich, »neulich
abends im Bad waren Sie ein ganz anderes Mädchen. Vielleicht haben Sie in der
Besenkammer Schaden an Ihrer Seele genommen. Aber was es auch sei, es ist mir
gleichgültig. Warum lassen Sie sich nicht die Schrauben im Kopf nachziehen und
kommen dann lächelnd wieder, damit wir noch einmal von vorn anfangen können ?«
»Also gut«, sagte sie mit
kalter Wut. »Sie wollen es nicht anders .« Sie hob ihre
Stimme und schrie laut: »Charlie !«
»Schämen Sie sich, Suzy«, sagte
ich. »Diesen Affen zu rufen. Sie wissen doch, was er das letzte Mal mir angetan
hat .«
»Ich werde dafür sorgen, daß er
Sie diesmal gründlicher bearbeitet«, sagte sie zwischen zusammengepreßten
Zähnen. Wieder schrie sie: »Charlie !«
Resigniert hob ich die
Schultern und riß die Haustür wieder auf. Suzy lachte verächtlich.
»So ist’s richtig, Boyd«, sagte
sie, »laufen Sie, solange Sie Zeit haben
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