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Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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ganz allein vergehen und die Leben jener beklagen, die er vernichtet hatte.
    Ein passendes Ende, dachte ich und gab damit den Stimmen nach, ließ sie weiter schreien und spotten. So würde ich niemanden mehr verletzen. Hier endete mein Streben, in diesem Loch der Finsternis und der Reue. Und falls ich hier nicht sterben sollte, falls ich ewig weiterlebte und den Stimmen all jener lauschen musste, denen ich Unrecht getan hatte, bis ans Ende aller Zeiten, so wäre das vielleicht ein erster Schritt zur Wiedergutmachung.
    »Hier steckst du also.«
    Als diese Worte durch die Dunkelheit schwebten, hob ich den Kopf. Sie waren anders als das hasserfüllte Flüstern um mich herum, das Vergeltung forderte. Die Gruft war stockfinster und ich konnte mich kaum vom Fleck rühren. Doch als ich die zwei goldenen Augen aufleuchten sah, die scheinbar körperlos auf mich zuschwebten, wusste ich, wer da gesprochen hatte.
    »Grimalkin.« Meine Stimme klang so rau, als hätte ich sie seit Monaten nicht mehr benutzt. Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit in Wirklichkeit vergangen war. Vielleicht waren es ja tatsächlich einige Monate gewesen. »Was machst du denn hier?«
    Der Kater wurde nun vollständig sichtbar und blinzelte ernst. »Ich denke, diese Frage sollte wohl eher ich stellen. Warum versteckst du dich bei den Toten, statt dich auf die letzte Prüfung vorzubereiten?«
    Ich zog die Schultern hoch und schloss die Augen, als der Chor der wütenden, quälenden Stimmen wieder einsetzte. »Lass mich in Ruhe, Cat Sidhe.«
    »Du kannst nicht hier unten bleiben«, fuhr der Kater fort, als hätte ich nichts gesagt. »Was hat es denn für einen Zweck, hier herumzusitzen und nichts zu tun? Indem du hierbleibst und die Vergangenheit betrauerst, hilfst du niemandem.«
    Leise Wut regte sich in mir, ich hob den Kopf und starrte den Kater finster an. »Was weißt du schon davon?«, flüsterte ich. »Du hast kein Gewissen. Für dich ist alles nur ein Austausch von Gefälligkeiten, dir ist doch völlig egal, wen du manipulierst. Ich kann einfach nicht vergessen … was ich getan habe.«
    »Das verlangt ja auch niemand.« Grimalkin setzte sich, legte den Schwanz um die Pfoten und fuhr fort: »Das ist immerhin Sinn und Zweck eines Gewissens – dass man jene nicht vergisst, denen man Unrecht getan hat. Doch sage mir eines: Wie willst du Wiedergutmachung leisten für deine Verbrechen, wenn du gar nichts tust? Meinst du denn, deine Opfer interessiert es noch, ob du lebst oder stirbst?«
    Darauf hatte ich keine Antwort. Naserümpfend stand Grimalkin auf und peitschte mit dem Schwanz. Seine goldenen Augen musterten mich wissend.
    »Es interessiert sie nicht. Also ist es sinnlos, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie sind tot, du lebst. Wenn du an dieser Prüfung scheiterst, wird sich nie etwas ändern. §Es gibt nur einen Weg, um zu verhindern, dass du zu dem wirst, was du verabscheust: Beende, was du angefangen hast.«
    Die Stimmen zischten noch immer, voller Verzweiflung, und hielten die Erinnerung an meine Verbrechen wach, §an das Blut an meinen Händen, an die Leben, die ich zerstört hatte. Und das zu Recht. Ich konnte nichts mehr für sie tun. Doch damals war ich ein anderer gewesen. Rücksichtslos, seelenlos. Ein Dämon, genau, wie sie es gesagt hatten. Aber … vielleicht konnte ich ja noch einmal von vorne anfangen.
    Grimalkin zuckte mit dem Ohr und trottete in die Dunkelheit zurück. »Verdiene dir deine Seele, Ritter«, rief der graue Schatten, der sich in der Finsternis aufzulösen schien. »Beweise, dass du aus deinen Fehlern lernen kannst. Denn nur dann kannst du ein Mensch werden.«
    Seine Worte beschäftigten mich noch lange, nachdem er verschwunden war. Ich hockte in meiner kalten Ecke und grübelte über meine Vergangenheit nach, über all jene, die ich verletzt, manipuliert und vernichtet hatte.
    Grim hatte recht. Wenn ich hier starb, wer sollte sich dann noch an sie erinnern? Wenn ich scheiterte und ohne Seele nach Hause zurückkehrte, würde ich auch weiterhin gefühllos in die Vergangenheit blicken, ohne Reue, ohne Schuld, ohne Gewissen.
    Brynnas gebrochene, hasserfüllte Stimme erklang in meinem Kopf: Ich habe dich geliebt. Ich habe dich so sehr geliebt, und du hast mich umgebracht. Das werde ich dir niemals verzeihen.
    Ich weiß , versicherte ich ihrem Andenken und stemmte mich endlich auf die Füße. Meine Beine taten so weh, dass ich mich an der Wand abstützen musste. Und das solltest du auch nicht. Ich will keine

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