Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
in den Nacken. Ihre fröhliche Stimme traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. Taumelnd blieb ich stehen. Wie lange war es schon her, dass ich dieses Lachen gehört, dieses Lächeln gesehen hatte? Während ich die beiden beobachtete, meinen ehemals besten Freund und meine Feenfrau, fühlte ich mich plötzlich krank. Sie wirkten so … natürlich zusammen. Zwei überirdische, elegante Feenwesen, ewig jung, agil und schön. Sie sahen so aus, als gehörten sie zusammen.
Und in diesem Moment der Verzweiflung erkannte ich, dass ich ihr all das nicht bieten konnte. Ich konnte nicht mit ihr tanzen, sie nicht beschützen, ihr nicht die Ewigkeit anbieten. Ich war ein Mensch. Dazu bestimmt, zu altern, zu verblühen und schließlich zu sterben. Ich liebte sie so sehr. Aber sie? Würde sie noch genauso empfinden, wenn ich erst alt und gebrechlich war und sie noch immer so alterslos wie die Zeit selbst?
Meine Hand glitt vom Schwertgriff. Puck und Meghan tanzten noch immer, wirbelten lachend durch den Raum. Ihre Stimmen schmerzten mich wie tausend Nadelstiche in der Brust. Ich drehte mich um, schob mich durch die Menge und verließ den Ballsaal. Dann humpelte ich durch die dunklen eisigen Flure des Palastes, bis ich unsere Kutsche erreichte. Nach einem Blick in mein Gesicht stieg Glitch wortlos aus und gab mir Gelegenheit, mich in den Schatten zurückzuziehen.
Ich sank auf der Sitzbank in mich zusammen, bedeckte das Gesicht mit den Händen und schloss die Augen. Noch nie hatte ich mich so einsam gefühlt.
Noch mehr Zeit war ins Land gegangen.
Ich ließ die Hände sinken und kniff meine trüben Augen zusammen, um im Halbdunkel etwas erkennen zu können. Das Licht, das hinter mir durchs Fenster fiel, reichte längst nicht aus, um die Schatten zu vertreiben, aber ich war mir fast sicher, gehört zu haben, wie jemand hereinkam. Vielleicht einer der Dienstboten, der sichergehen wollte, dass der verschrumpelte, grauhaarige Mensch nicht aus seinem Sessel gefallen war. Oder ihm dabei helfen sollte, in sein Zimmer zurückzuschlurfen, wo er sich dann auf seinem schmalen Einzelbett zusammenrollen konnte, einsam und vergessen.
Meghan war fort. Nach jahrelangem Frieden hatte der Krieg dann doch das Eiserne Königreich tangiert, und die Eiserne Königin war ausgezogen, um den Sommerkönig im Krieg gegen den Winter zu unterstützen. Glitch war als Befehlshaber der Armee an ihrer Seite und Kierran hatte sich auf dem Schlachtfeld als wahres Monster erwiesen. Mit dem eisigen Schwert, das einst mir gehört hatte, pflügte er sich durch die feindlichen Reihen. Die meisten Bewohner des Schlosses waren ihrer Königin in die Schlacht gefolgt. Selbst die Gremlins waren fort, und ohne ihre summenden Stimmen hinter den Wänden war der Palast still, kalt und leer. Nur ich war noch hier. Wartete auf die Rückkehr der anderen. Völlig vergessen.
Als ein Regentropfen gegen das Fenster schlug, schreckte ich hoch. Ein Blitz zuckte über den Himmel und der Donner grollte in der Ferne. Ich fragte mich, wo Meghan gerade war und was sie und Kierran wohl in diesem Moment taten.
Wieder leuchtete ein Blitz auf, und in dem grellen Licht erschien plötzlich eine Gestalt in einer dunklen Robe mit tiefer Kapuze neben mir. Wäre ich jünger gewesen, wäre ich sicher aufgesprungen und hätte zur Waffe gegriffen. Doch jetzt war ich einfach zu müde dazu.
Blinzelnd starrte ich zu dem Eindringling hoch, den ich nur verschwommen sehen konnte. Obwohl sein Gesicht unter der Kapuze verborgen war, spürte ich, wie er meinen Blick erwiderte. Er griff nicht an, er drohte mir nicht, er beobachtete mich stumm. Abwartend. Aus den Tiefen der Vergangenheit stieg eine Erinnerung in mir auf wie ein halb vergessener Traum. »Ich … kenne dich.«
Der Wächter nickte. »Du hast das Ende deiner Prüfungen erreicht, Ritter des Eisernen Hofes«, erklärte er. Draußen donnerte es so laut, dass die Fenster klirrten. »Nun hast du auch die letzte Erkenntnis über das Leben als Mensch erfahren: Egal wie stark oder tapfer sie auch sind, die Sterblichen können dem Lauf der Zeit nicht entrinnen. Als Mensch am Eisernen Hof wirst du alt werden, während alle um dich herum auf ewig unverändert bleiben. Dies ist der Preis der Sterblichkeit. Du wirst sterben, und du wirst dabei vollkommen allein sein.«
Noch während er diese Worte sprach, legte sich eine kalte Hand auf meine Schulter und eine Seite meines Körpers verkrampfte sich. Ich fuhr zusammen, Übelkeit und Schwin del überwältigten
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