Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
Vom Netzwerk:
uns.«
    »Das ist mir egal«, sagte ich. »Ich werde sie nicht zurücklassen.«
    Ein Brüllen zerriss die Stille und der Wolf galoppierte aus dem Nebel auf uns zu. Er scheuchte die Vergessenen wie kleine Vögelchen auseinander. Dann schob er seinen mächtigen Körper zwischen mich und den schmalen Mann, musterte zähnefletschend die Menge und knurrte mich an: »Beweg dich, Prinz, das Boot legt bereits ab. Schnell!«
    Ich steckte mein Schwert weg, nahm Ariella in beide Arme und lief taumelnd über den Steg. Auf halber Strecke wartete Puck auf mich. »Mann, du stehst auch total drauf, bis zum letzten Moment zu warten, damit es möglichst dramatisch wird, was, Eisbubi?«, murmelte er, als wir über die Planken rannten. Am Ende des Piers löste sich gerade ein kleiner, mit Moos und Ranken überwucherter Raddampfer vom Steg und glitt langsam auf den Fluss der Träume hinaus. Grimalkin saß auf der Reling und beobachtete uns mit glühenden, goldenen Augen.
    »Schneller!«, drängte er, während sich das Boot immer weiter entfernte. »Sie kommen!«
    Hinter uns hörte ich das Knurren des Wolfs, der sich langsam zurückzog, und spürte die Leere der Vergessenen, die selbst auf diese Entfernung noch an mir zerrte. Und dann krochen sie plötzlich unter dem Steg aus dem Wasser und griffen mit geisterhaften Fingern nach uns. Puck schlug nach einem von ihnen. Er zerfiel in zwei Hälften wie ein Blatt Papier und löste sich in Nebelfetzen auf. Doch es kamen immer mehr. Unermüdlich griffen die ausgehungerten Kreaturen nach uns.
    Und die Fähre trieb immer weiter auf den Fluss hinaus.
    Dröhnende Schritte krachten über die Planken. Ich drehte mich um und sah den Wolf mit mächtigen Sprüngen auf uns zustürmen. Dutzende von Vergessenen hingen ihm an Rücken und im Nacken, und jedes Mal, wenn er sich knurrend schüttelte, nach ihnen schnappte und sich befreite, rückten unzählige neue nach. Die Vergessenen, die sich unter dem Steg angeschlichen hatten, zogen sich zurück und wandten sich dem Wolf zu. Sofort wollte ich die Verfolgung aufnehmen, aber der Wolf sah mich mit einem flackernden Blick aus seinen grünen Augen an und zog die Lefzen hoch.
    »Macht, dass ihr wegkommt!«, brüllte er, und wir stürzten los, der Fähre hinterher. Puck erreichte als Erster das Ende des Stegs, sprang, landete mit rudernden Armen an der Bootskante und konnte sich gerade noch an der Reling festklammern, um nicht ins Wasser zu fallen. Ich setzte direkt hinter ihm mit einem Hechtsprung über, Ariellas kaum spürbares Gewicht fest an mich gedrückt. Ich schaffte es knapp, rollte mich auf den Bootsplanken ab und krümmte mich schützend um das Mädchen in meinen Armen. Mein Rücken prallte schmerzhaft gegen eine Bank.
    Unsicher richtete ich mich auf, legte Ariella auf der Sitzbank ab und lief dann zur Reling, um nach dem Wolf Ausschau zu halten. Doch der Steg war im Nebel verschwunden. Ein leises Plätschern verriet mir, dass die Vergessenen immer noch scharenweise im Wasser unterwegs waren. Auch das Knurren des Wolfs war noch zu hören, aber sehen konnte ich ihn nicht mehr.
    »Wie tragisch«, bemerkte Grimalkin, und es klang fast so, als würde er es ernst meinen. »Dabei hatte ich mich beinahe schon an seinen Gestank gewöhnt.«
    Genau in diesem Augenblick tauchte die dunkle Gestalt des Wolfs aus dem Nebel auf und flog über das Wasser. Er verfehlte die Fähre knapp und spritzte uns alle nass. Grimalkin verschwand fauchend unter den Bänken. Der Wolf kam wieder hoch, stemmte sich aus dem Wasser, krallte sich an der Reling fest und schaffte es schließlich klatschnass an Deck.
    Ich zuckte kurz zusammen, als er sich heftig schüttelte und uns endgültig in Flusswasser tränkte. Doch er gähnte nur, ignorierte Pucks empörten Aufschrei und musterte mich aus schmalen Augen.
    »Damit habe ich euch bereits zum zweiten Mal das Leben gerettet, Prinz. Vergiss ja nicht, diesen Teil der Geschichte zu erwähnen, wenn du sie weitergibst.«
    Mit einem erneuten Gähnen stellte er seine mächtigen Fangzähne zur Schau und schob sich leichtfüßig zwischen den schmalen Bänken hindurch zum Achterdeck. Dort rollte er sich zusammen, legte den Kopf auf die Pfoten und beobachtete uns, bis ihm die Augen zufielen und er einzuschlafen schien.
    Ich drückte mir das Wasser aus der Kleidung und atmete tief durch. Völlig lautlos fuhr das Boot über den Fluss der Träume und die Stadt blieb immer weiter zurück. Schon jetzt konnte ich mich nicht mehr an ihren Namen erinnern.

Weitere Kostenlose Bücher