Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
durchgedrückt hätte, wäre ich als Pfütze in blauem Satin auf dem Boden gelandet. Ash erwiderte meinen Blick. Seine Augen waren die ganze Zeit auf mein Gesicht gerichtet, doch gleichzeitig spürte ich, wie er mich musterte und meinen Anblick so sicher in sich aufnahm, wie Puck mit einem Blick mein ganzes Kleid erfasst hatte. Ich konnte nicht anders als zurückstarren. Alles um mich herum – Geräusche, Farben, Leute – trat zurück, verlor jegliche Bedeutung und Wichtigkeit, bis es auf der ganzen Welt nur noch Ash und mich gab.
Dann nahm jemand meinen Ellbogen und mein Verstand begann wieder zu arbeiten.
»Okay«, sagte Puck ein wenig zu laut und zog mich in eine andere Richtung. »Die Truppe ist vollzählig. Gehen wir jetzt auf diese Party oder nicht?«
Ash trat neben mich. Er gab keinen Laut von sich, aber ich konnte seine Anwesenheit ebenso selbstverständlich spüren wie meine eigene. Weder bot er mir seinen Arm noch versuchte er sonst irgendwie, mich zu berühren, doch meine Nerven summten und meine Haut kribbelte, einfach weil er dort stand. Ich spürte einen Hauch von Frost und diesen seltsamen klaren Geruch, der allein seiner war, und die Erinnerung an unseren ersten gemeinsamen Tanz stieg in mir auf.
Doch mir entging auch nicht der subtile Blick, den Ash und Puck wechselten. Ashs Miene blieb dabei bewusst ausdruckslos, während Pucks Mund sich zu einem feinen, höhnischen Lächeln verzog – eines von seinen gefährlichen – und er ganz leicht die Augen zusammenkniff.
Die Schwester musste es ebenfalls gesehen haben, denn sie klatschte so energisch in die Hände, dass ich einen wahren Luftsprung hinlegte. »Dürfte ich euch drei daran erinnern, dass wir zwar auf eine Party gehen, aber nur aus einem ganz bestimmten Grund?«, fragte sie mit ihrer strengsten Stimme. »Wir werden weder etwas in den Punsch schütten noch die Menschen verführen, das Essen verzaubern, die Männer zu irgendwelchen Kämpfen herausfordern oder sonst irgendetwas tun, was als Unfug gilt. Ist das klar?«
Während dieser Aufzählung warf sie Puck einen scharfen Blick zu, der daraufhin auf seine Brust deutete und die Augen in einem Ausdruck verständnisloser Unschuld aufriss. Sie fand das nicht komisch.
»Ich werde euch im Auge behalten«, warnte sie, und auch wenn sie gerade mal einen Meter zwanzig groß, weißhaarig und schrumpelig wie eine Rosine war, klang diese Drohung bei ihr wirklich furchteinflößend. »Versucht, euch anständig zu benehmen!«
Der Winterball
Es war ein ziemlich schräges Gefühl, wieder durch die Flure meiner Schule zu gehen, nachdem ich so lange weg gewesen war. Dutzende von Erinnerungen zogen durch meinen Kopf, als wir an den früher so vertrauten Orten vorbeikamen: Mr. Delanys Klassenzimmer, wo ich im Literaturkurs hinter Scott Waldron gesessen hatte, die Toiletten, auf denen ich so viel Zeit mit Heulen verbracht hatte, die Cafeteria, in der Robbie und ich immer zusammen gegessen hatten, am letzten Tisch ganz hinten in der Ecke. Seit damals hatte sich so viel verändert. Die Schule schien jetzt irgendwie anders zu sein, weniger real. Oder vielleicht war auch ich es, die sich so verändert hatte.
Trauben von blauen und weißen Ballons säumten den Weg zur Turnhalle und Licht und Musik drangen durch die Doppeltüren und Fenster. Je näher wir der Halle kamen, desto mehr nervöse Purzelbäume schlug mein Magen, besonders als sich die Türen öffneten und zwei kichernde Schüler Händchen haltend herauskamen. Der Junge zog das Mädchen an sich und gab ihr einen langen, schlabberigen Zungenkuss, bevor sie sich wieder voneinander lösten und sich hinter dem Gebäude ein stilles Eckchen suchten.
»Mm, riech nur, diese Lust«, murmelte Puck an meiner Seite.
Die Schwester schnaubte abfällig. »Sie dürften die Turnhalle gar nicht unbeaufsichtigt verlassen«, knurrte sie und stemmte die Hände in die Hüften. »Wo sind die Betreuer? Ich fürchte, ich werde mich darum kümmern müssen. Ihr drei, benehmt euch!« Sie stapfte davon, sozusagen mit empört gesträubtem Gefieder, und folgte dem Pärchen in die dunklen Schatten hinter der Turnhalle.
Die Luft war rein. Ich schluckte meine Nervosität hinunter und drehte mich zu den Jungs um, ob sie bereit waren. Puck grinste mich so erwartungsvoll an wie immer und der Schalk stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ash musterte mich ernst. Er wirkte bereits kräftiger, seine Augen strahlten wieder und die Schnittwunden waren zu blassen, feinen Narben verheilt, die
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