Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
der Eispanzer, der mich gefangen hielt. Mit dem Klang von brechendem Porzellan löste er sich in tausende Kristallsplitter auf, die im schwachen Licht funkelten. Ich schrie und taumelte rückwärts, endlich frei von der eisigen Umarmung, während sich eine schlanke dunkle Gestalt aus den Schatten löste.
»Ash.« Rowan sah lächelnd zu, wie sein Bruder auf uns zukam.
Mein Herz machte einen Sprung. Einen Moment lang glaubte ich, Ashs graue Augen wären wütend zusammengekniffen, aber dann kam er näher und wirkte dabei genauso wie am Abend zuvor – kühl, distanziert und gelangweilt.
»Was für ein Zufall«, sagte Rowan, der immer noch dieses widerliche, selbstgefällige Grinsen zur Schau trug. »Leiste uns doch etwas Gesellschaft, kleiner Bruder. Wir haben gerade von dir gesprochen.«
»Was machst du hier, Rowan?«, fragte Ash und seufzte gereizt. »Mab hat gesagt, wir sollen die Missgeburt nicht belästigen.«
»Ich soll sie belästigt haben?« Rowan schien fassungslos zu sein und riss die blauen Augen weit auf – das reinste Unschuldslamm. »Ich würde sie niemals belästigen. Wir haben uns nur angeregt unterhalten. Ist es nicht so, Prinzessin? Warum sagst du ihm nicht, was du mir gerade erzählt hast?«
Ashs silberne Augen richteten sich kurz auf mich und ich sah Verunsicherung darin aufblitzen. Meine Lippen öffneten sich ungewollt und hastig schlug ich wieder die Hände vor den Mund, um die Worte aufzuhalten, die herauskommen wollten. Ich sah ihn mit flehendem Blick an und schüttelte den Kopf.
»Komm schon, Prinzessin, nicht so schüchtern«, schnurrte Rowan. »Du schienst doch eine Menge über unseren lieben Jungen Ash zu sagen zu haben. Na los, erzähle es ihm.«
Ich starrte Rowan an und wünschte mir, ich könnte ihm sagen, wo er sich seine Kommentare hinschieben konnte, aber inzwischen war mir so schlecht und schwindelig, dass ich mich voll darauf konzentrieren musste, nicht umzukippen. Ashs Blick wurde hart. Er wandte sich von mir ab, bückte sich und hob etwas aus dem Schnee auf, das er eingehend musterte.
Es war die Frucht, die ich fallen gelassen hatte, nachdem ich nur einen Bissen davon genommen hatte, wie bei Schneewittchens vergiftetem Apfel. Nur dass es jetzt kein Apfel mehr war, sondern ein großer gepunkteter Pilz, dessen Fleisch so weiß war wie gebleichte Knochen. Mein Magen zog sich krampfartig zusammen und fast hätte ich den Bissen wieder ausgekotzt.
Ash sagte nichts. Mit einem vielsagenden Blick hielt er Rowan den Pilz entgegen und zog eine Augenbraue hoch.
Rowan seufzte. »Mab hat nicht ausdrücklich gesagt, dass wir keine Spucksauspilze verwenden dürfen«, sagte Rowan und zuckte mit den schmalen Schultern. »Außerdem glaube ich, dass du es höchst interessant finden dürftest, was unsere kleine Sommerprinzessin über dich gesagt hat.«
»Warum sollte ich?« Ash warf den Pilz weg und wirkte wieder höchst gelangweilt. »Diese Unterhaltung ist nicht wichtig. Ich bin diesen Handel eingegangen, um sie hierher zu bringen, und das war’s. Alles, was ich gesagt oder getan habe, diente nur dem Zweck, sie an den Hof zu bringen.«
Keuchend ließ ich die Hände sinken und starrte ihn an. Dann war es also wahr. Er hatte die ganze Zeit nur mit mir gespielt. Was er mir im Eisernen Königreich gesagt hatte, alles, was wir geteilt hatten – nichts davon war echt. Ich spürte, wie Kälte sich in meinem Bauch ausbreitete, und schüttelte den Kopf, als könnte ich so verdrängen, was ich eben gehört hatte. »Nein«, murmelte ich so leise, dass es niemand verstehen konnte. »Das ist nicht wahr. Das kann nicht wahr sein. Sag, dass das gelogen ist, Ash.«
»Mab ist völlig egal, wie ich es geschafft habe, solange der Auftrag erfüllt wurde«, fuhr Ash fort, der nicht einmal bemerkte, wie sehr er mich quälte. »Was man von dir nicht gerade behaupten kann.« Er verschränkte die Arme und zuckte mit den Schultern, die personifizierte Gleichgültigkeit. »Also, wenn wir hier fertig sind, sollte die Missgeburt besser wieder reingehen. Die Königin wird nicht erfreut sein, wenn sie erfriert.«
»Ash«, flüsterte ich, als er sich abwandte. »Warte!« Er würdigte mich keines Blickes. Tränen stiegen in mir auf und ich stolperte hinter ihm her, immer noch gegen die Schwindelgefühle ankämpfend. »Ash! Ich liebe dich!«
Die Worte purzelten einfach so aus mir heraus. Ich wollte das nicht sagen, aber in dem Moment, als ich es tat,
zog sich mein Magen vor Angst und Fassungslosigkeit zusammen.
Weitere Kostenlose Bücher