Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
kannst, solange du so aussiehst.« Sie musterte meinen Pulli und meine Jeans abschätzig und rümpfte die Nase. »Das schreit ja nicht gerade: ›Ich bin eine erfolgreiche Geschäftsfrau‹. Eher: ›Ich bin süchtig nach Secondhand‹. Wenn wir dich bei SciCorp reinschmuggeln sollen, brauchst du mehr als Glück und Schein. Du brauchst eine Generalüberholung.«
»Aber uns läuft die Zeit davon. Warum kann Puck mir nicht einfach mit Schein ein paar Klamotten …«
»Liebes, Liebes, Liebes.« Leanansidhe wedelte abwehrend mit der Hand. »Man lässt einfach niemals eine Gelegenheit aus, shoppen zu gehen. Außerdem hast du Grimalkin doch gehört, oder? Selbst der mächtigste Schein neigt dazu, sich aufzulösen, wenn er von Stahl und Eisen umgeben ist. Wir wollen nicht nur, dass du wie eine Angestellte des Konzerns aussiehst, Täubchen, wir wollen, dass du zu einer Angestellten des Konzerns wirst . Und wir werden shoppen gehen, keine Diskussion.« Sie schenkte mir ein mildes Lächeln, das mir kein bisschen gefiel. »Sieh in mir einfach vorübergehend deine gute Fee, Liebes. Ich muss nur noch schnell meinen Zauberstab holen.«
Ich folgte Leanansidhe durch einen der langen Korridore, der uns zu einem sonnigen Bürgersteig brachte, auf dem jede Menge Leute unterwegs waren, die von unserem plötzlichen Auftauchen aus einer gerade noch leeren Gasse überhaupt keine Notiz nahmen. Obwohl die Sonne schien und der Himmel klar war, lag beißende Kälte in der Luft und die Leute auf der Straße trugen dicke Pullis und Mäntel – ein Zeichen dafür, dass der Winter vor der Tür stand oder sogar schon begonnen hatte. Als wir an einem Zeitungskasten vorbeikamen, warf ich schnell einen Blick auf das Datum in der Ecke und atmete dann erleichtert auf. Fünf Monate. Ich hatte fünf Monate im Feenreich festgesessen. Sicher, das war eine lange Zeit, aber immer noch besser als fünf Jahre oder fünf Jahrhunderte. Jedenfalls lebten meine Eltern noch.
Den Rest des Nachmittags wurde ich von einem Geschäft ins nächste gezerrt und dackelte hinter Leanansidhe her, die ständig irgendwelche Sachen von den Ständern pflückte und mir mit dem Befehl in die Hand drückte, sie anzuprobieren. Als ich wegen der astronomischen Preise protestierte, lachte sie nur und erinnerte mich daran, dass sie heute doch meine gute Fee sei und Geld keine Rolle spiele.
Zuerst probierte ich Businesskostüme an, schmale Jacketts und enge knielange Röcke, in denen ich fünf Jahre älter aussah – zumindest behauptete Leanansidhe das. Ich hatte bestimmt zwei Dutzend verschiedene Schnitte, Farben und Kombinationen angezogen, bevor Leanansidhe endlich verkündete, dass ihr das schlichte schwarze Outfit am besten gefiele, das genauso aussah wie alle anderen schwarzen Outfits, die ich anprobiert hatte.
»Dann sind wir jetzt fertig?«, fragte ich hoffnungsvoll, als Leanansidhe die Verkäuferin mit dem Kostüm losschickte, damit sie es einpackte.
Die Fee sah ehrlich überrascht auf mich herab und lachte. »Oh nein, Liebes. Das war erst das Kostüm. Jetzt brauchst du noch Schuhe, Make-up, eine Tasche, ein paar Accessoires … nein, Täubchen, wir haben gerade erst angefangen.«
»Ich dachte immer, Feen stehen nicht auf Shoppen und Kaufrausch. Ist das nicht ein bisschen … unnatürlich?«
»Aber auf keinen Fall, Liebes. Shoppen ist nur eine andere Form der Jagd. Alle Feen sind Jäger, ob sie es nun zugeben oder nicht. Das ist ein Teil unseres Wesens und hat nichts Unnatürliches an sich, Liebes.«
Auf eine verdrehte Art und Weise ergab das sogar einen Sinn.
Noch mehr Geschäfte. Ich verlor völlig den Überblick über die Läden, die wir betraten, die Regalreihen, die wir abschritten, und die Ständer, die wir durchsuchten. Leanansidhe war eine Fee mit einer Mission. Sobald wir ein Geschäft betraten, ließen sämtliche Verkäufer alles stehen und liegen, scharten sich um sie und fragten, ob sie behilflich sein könnten. Neben ihr war ich unsichtbar – selbst wenn Leanansidhe verkündete, dass wir für mich einkauften, vergaßen die Verkäufer, dass ich existierte, sobald sie sich von mir abwandten. Trotzdem waren sie eifrig bemüht zu gefallen, brachten ihre besten Schuhe in meiner Größe, zeigten uns eine gigantische Auswahl an Handtaschen, die ich niemals brauchen würde, und präsentierten Ohrringe, die meine Augenfarbe unterstreichen würden. Zu diesem Zeitpunkt entdeckte Leanansidhe dann auch, dass ich keine Ohrlöcher hatte. Dreißig Minuten später saß
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