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Ploetzlich Mensch

Ploetzlich Mensch

Titel: Ploetzlich Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary-Anne Raven
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hätte.“
    „ Warum? Dieser Priester im Tempel sagte doch, dass dich niemand zwingen würde, ihn in dir zu tragen. Du müsstest nur mit den Kons e quenzen leben.“
    Sie versuchte das Bild von Samoels Tod, das sich ihr sofort wieder aufdrängte, zu ignorieren. Ein bitteres Lachen über die Ironie seiner Worte drang aus ihrem Mund. „Eine tolle Wahl, die ich da habe. Die Konsequenzen wären schlicht und einfach mein Tod. Ich kann mich also entscheiden, ob ich als Prinzessin leben will mit ihm in mir versi e gelt und mich den Regeln des Tempels unterwerfe, oder aber ich höre auf zu existieren.“
    Dean starrte sie mit großen Augen an. „Das klingt nach keiner ec h ten Alternative“, bemerkte er. „Aber warum müsstest du sterben, wenn Luminis dich nicht töten würde?“
    „ Weil mein Herz ohne ihn nicht in der Lage wäre, mich noch weiter am Leben zu halten. Ich war damals im Tempel, weil meine Eltern hofften, die Trägerin des Lichts könnte mich retten. Wäre Luminis nicht in mir versiegelt worden, hätte ich vermutlich nicht mehr lange überlebt. Es ist seine Energie, die mich am Leben hält.“
    „ Aber du kannst doch alle Verletzungen heilen. Du hast sogar das Loch in meiner Schulter völlig verschwinden lassen.“
    „ Ja, aber mich selbst kann ich nicht heilen. Es ist kompliziert.“
    „ Das heißt, sie haben dir zwar einerseits das Leben gerettet, indem sie ihren Gott in dir versiegelten, haben dir aber andererseits dadurch auch jegliche Chance auf eine Heilung genommen“, stellte Dean sac h lich fest.
    Sie nickte. „Verrückt, nicht? Andererseits hätte ich mir eine Heilung meines Herzleidens sowieso nicht leisten können. So gesehen hat es das Schicksal vielleicht doch gut mit mir gemeint.“
    „ Heißt das, der Tempel lässt sich die Heilungen bezahlen?“
    „ Ja sicher. Ein Sterbenskranker würde alles geben, um wieder gesund zu werden, und das nutzen die Priester schamlos aus. Die Leute ko m men aus der ganzen Welt, um von mir berührt zu werden. Aber nur wenige haben die Chance , auserwählt zu sein. Ich durfte nur die heilen, die die Priester zu mir brachten, und das waren immer jene, die dem Tempel zuvor ein hübsches Sümmchen Geld gestiftet hatten. Als fre i willige Spende versteht sich.“
    „ Klingt so, als hätten die Kinder des Lichts ordentlich Zaster mit i h rem Gott verdient“, bemerkte Dean. „Kein Wunder, dass sie mit a l len Mitteln versuchen, dich zurückzubekommen.“
    Da hatte er recht. Sie musste an ihre Kammerzofe Lucile denken. Die junge Frau, die immer wie eine liebevolle große Schwester zu ihr gewesen war, war eines Morgens in ihrem Zimmer zusammengebr o chen. Clara hatte sie nur kurz berühren müssen, um zu erkennen, dass ihr zarter Körper von metastasierenden Krebszellen durchwachsen war, die kurz davor standen sie zu töten. Aus Angst, die enge Vertraute zu verlieren, hatte sie Lucile in die Arme geschlossen und all ihre Krä f te darauf konzentriert, die bösartigen Geschwüre aus ihrem Inneren zu verbannen. Es war ein so gutes Gefühl gewesen, ihre Fähigkeiten für einen ihr wertvollen Menschen einsetzen zu können. Doch als sie aus ihrem Regenerationsschlaf erwachte, war Lucile fort gewesen und sie kehrte niemals wieder zu ihr zurück.
    Stattdessen wurde sie mit der Wut der Priester konfrontiert, die ihre eigenmächtige Nutzung der Kräfte für ein so unwürdiges Ziel als große Sünde dogmatisierten und sie schlimm dafür bestraften. Erst später erfuhr Clara, dass in der Zeit, in der sie geschlafen hatte, der von den Priestern erwählte Würdige, ein Prinz aus mehr als wohlhabendem Hause , seinen Verletzungen erlegen war.
    Es war wie immer Geld gewesen, das die Kinder des Lichts antrieb. All die Reden von Erlösung und Glauben dienten nur einem einzigen Ziel und sie selbst war in ihren Augen nichts weiter als ein Werkzeug, das zu funktionieren hatte.
    Zum Glück war Luciles Bruder Camille ihr Türwächter. Von ihm e r fuhr sie, dass ihre Zofe als anmaßende Sünderin aus dem Tempel ve r bannt worden war. Doch dank Claras Heilung war sie nach wie vor am Leben und Camille war unendlich dankbar für die Rettung seiner Schwester.
    Er zeigte diese Dankbarkeit, indem er Abend für Abend ihre Tür u n verschlossen ließ und ihr gelegentlich einen Brief seiner Schwester z u steckte. Diese kleinen Briefe wurden zusammen mit ihren nächtlichen Ausflügen der Höhepunkt ihres tristen Tempelalltag s . Ihr kleines Fen s ter nach draußen, in die reale Welt, in der

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