Ploetzlich Vater
Thomas.“
Thomas stand auf und fingerte nervös an seiner Krawatte herum. „Ich sollte jetzt gehen.“
Sie kam auf die Füße. Einen Moment lang standen sie sich gegenüber und schauten einander in die Augen. Dann hatte sie eine Idee. Sie hob das Kinn, schloss die Augen und spitzte die Lippen.
„Was machst du da, Jill?“
„Küss mich.“ Sie hielt Ryan im einen Arm und tippte mit dem Finger der freien Hand an ihre Lippen. „Schnell, Thomas, bevor es zu spät ist.“
Er beugte sich zu ihr hinunter und tat es. Seine Lippen lagen zu lang auf ihren, und sie schob ihn sanft weg. „Nichts. Ich fühle überhaupt nichts.“
Thomas schüttelte den Kopf und ging zur Tür.
„Es tut mir leid“, sagte sie und folgte ihm. „Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du den langen Weg hierher auf dich genommen hast.“
„Sicher.“ Er öffnete die Tür und drehte sich wieder zu ihr um. „Ich werde morgen im Gericht sein. Deine Eltern kommen auch. Dein Vater hat mir zwei seiner besten Anwälte zur Seite gestellt. Wenn wir fertig sind, hast du das alleinige Sorgerecht.“
Also war Thomas wirklich von ihrem Vater hergeschickt worden. „Und wie willst du das machen?“
„Kinderleicht“, sagte er. „Wir machen kurzen Prozess, vertrau mir.“
„Also, ich will aber nicht, dass irgendwelche Gefühle verletzt werden. Es gibt keinen Grund, gemein zu werden.“
„Aber du willst doch das alleinige Sorgerecht, oder?“
Sie nagte an ihrer Unterlippe. „Ja, aber …“
„Überlass das mir, Jill. Zerbrich dir darüber nicht deinen kleinen Kopf.“
Sie ignorierte den „kleinen Kopf“ und wusste jetzt wieder, warum er ihr früher auf die Nerven gegangen war. „Ich will nur, dass ihr, du und deine Freunde, es nicht übertreibt“, verlangte sie. „Ich weiß, wie bösartig Dads Anwälte werden können. Es ist wie ein Blutrausch bei Haien, und dafür gibt es keinen Grund.“
„Ich werde so lieb sein, dass du deine Meinung änderst und mit mir nach Hause kommst.“
„Auf Wiedersehen, Thomas. Wir sehen uns im Gericht.“
Kapitel 24
Alle Hoffnung auf eine unkomplizierte Einigung über das Sorgerecht für seinen Sohn, die sich Derrick gemacht hatte, verflog in dem Moment, als Jill nicht nur in Begleitung ihrer Eltern durch die Tür kam, sondern zudem mit gleich drei Anwälten. Alle drei Männer trugen zueinander passende, doppelreihige, dunkelblaue Anzüge, blütenweiße Hemden und Seidenkrawatten in gedeckten Farben. Sie umschwärmten Jill, als ob ihr Leben davon abhinge, sie glücklich zu machen.
Jills Eltern schauten ihn nicht an, als sie an dem großen, rechteckigen Tisch mit den hochlehnigen Stühlen vorbeikamen. Ihnen wurde gesagt, sie sollten in der ersten Reihe der Sitze Platz nehmen, die in einem echten Verfahren für die Öffentlichkeit bestimmt waren.
Das heutige Treffen fand in einem richtigen Gerichtssaal statt. Der Tisch, an dem Derrick und Jill sich unterhalten sollten, stand zwischen der Richterbank und den Stühlen, auf denen Jills Eltern jetzt saßen.
Sie hatten eine Mediatorin, die am Ende des langen Konferenztisches saß und ein verknittertes Kostüm trug. Die Frau sah aus, als hätte sie Schlaf dringend nötig. Sie bedeutete Jill und ihren Anwälten, sich Derrick gegenüber hinzusetzen.
Derrick stand auf, beugte sich über den Tisch und schüttelte jedem der Anwälte die Hand. Als er bei Jill angelangt war, blickte er ihr tief in die Augen, während er ihre Hand festhielt und lächelte. Sie sah nervös aus. Es war viel zu lange her, seit er mit ihr geredet hatte. Es hatte ihn seine ganze Willenskraft gekostet, nicht an ihre Tür zu klopfen und zu versuchen, sie dazu zu bringen, mit ihm zu reden. Seine Schwestern hatten ihm das Versprechen abgenommen, dass er sich von ihr fernhalten würde und ihr ein wenig Zeit ließ. Sie hatten ihm gesagt, dass er nur verzweifelt wirken würde, wenn er dauernd vor ihrer Tür stand, obwohl sie ihn gebeten hatte, sich von ihr fernzuhalten.
Doch heute war der letzte Tag, an dem er sich von ihr fernhalten würde.
Egal, was heute in diesem Gerichtssaal geschah, ob er nun gewinnen oder verlieren würde, er würde nicht aufhören, an ihre Tür zu klopfen, bis sie ihn hineinließ. Und wenn sie nachgab und ihm die Tür öffnete, würde er ihr die Wahrheit sagen. Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Er liebte sie wie verrückt.
Es würde nicht leicht werden, sie zu überzeugen, doch Aufgeben kam nicht infrage.
Niemals.
Er hatte
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