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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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– ich weiß natürlich, dass eine Frau, deren Mann gestorben ist, Trauer tragen muss, aber braucht sie deshalb die Augenlider mit Rouge beschmieren? Haben Sie das nicht bemerkt, Hastings? Nein? Ich sage ja immer, Sie sehen nichts!
    Ja, so war es! Es gab zwei Möglichkeiten. Hatte Blacks Erzählung Mr Maltravers auf die Idee gebracht, auf raffinierte Weise Selbstmord zu begehen, oder kam der andere Zuhörer dieses Abends, seine Frau, auf die Idee, einen raffinierten Mord zu begehen? Ich neigte zu der zweiten Version. Hätte er sich in der erwähnten Art erschießen wollen, hätte er, meiner Meinung nach, wahrscheinlich den Abzug mit seiner Zehe auslösen müssen. Aber dann wäre ein ausgezogener Schuh bei ihm gefunden worden, und das hätte jemand berichtet – so etwas fällt auf.
    Nun, wie ich sagte, ich neigte zu der Ansicht, dass es Mord war, nicht Selbstmord. Ich war mir allerdings darüber im Klaren, dass ich nicht den geringsten Beweis für meine Theorie hatte. Und daher die sorgfältige kleine Komödie, die Sie heute Abend sahen.«
    »Aber selbst jetzt sehe ich noch nicht alle Details des Verbrechens«, sagte ich.
    »Lassen Sie uns von vorne beginnen. Da ist eine schlaue, raffinierte Frau, die den ältlichen Mann nur des Geldes wegen geheiratet hat. Sie erfährt von dem bevorstehenden finanziellen Zusammenbruch ihres Mannes und veranlasst ihn, eine hohe Lebensversicherung abzuschließen. Dann sucht sie einen Weg, um zum Ziel zu kommen. Ein Zufall zeigt ihn ihr – die sonderbare Erzählung des jungen Offiziers. Am nächsten Nachmittag, als sie Monsieur le Capitaine auf hoher See wähnt, gehen sie und ihr Mann spazieren. ›Eine merkwürdige Geschichte, die da der junge Black gestern Abend erzählt hat!‹, bemerkt sie. ›Kann sich denn ein Mensch überhaupt auf diese Art erschießen? Zeig mir doch, ob das möglich ist!‹ Der arme Narr – er zeigt es ihr. Er legt das Ende des Gewehrs in seinen Mund. Sie beugt sich herunter, und ihre Finger umfassen den Abzug. Sie lacht ihn an. ›Und jetzt, mein Lieben, sagt sie höhnisch, was, wenn ich jetzt den Abzug durchdrücken würde?‹ Und dann – dann, Hastings, drückte sie ab!«

Die mysteriöse Wohnung
     
    I n den Fällen, die ich bis jetzt aufgezeichnet habe, fingen Poirots Untersuchungen – ob es nun Mord oder Raub war – immer an einem bestimmten Punkt an und entwickelten sich logisch bis zur erfolgreichen Endlösung. Der Fall, über den ich jetzt berichten will, war ganz ungewöhnlich. Zuerst erregten anscheinend triviale Ereignisse Poirots Aufmerksamkeit, später folgten recht düstere Begebenheiten.
    Ich hatte den Abend mit einem alten Freund, Gerald Parker, verbracht. Es war ungefähr ein halbes Dutzend Leute da, und das Gespräch kam, wie es früher oder später immer geschah, wenn Parker dabei war, auf die Wohnungsnot in London. Häuser und Wohnungen waren Parkers spezielles Hobby. Seit Kriegsende zog er ständig um. Er hatte zumindest sechs bis acht verschiedene Etagen oder kleine Häuser bewohnt. Kaum war er irgendwo eingerichtet, stieß er unerwartet auf eine neue Wohnung und zog mit Sack und Pack wieder um. Seine Umzüge endeten meist mit einem kleinen pekuniären Gewinn, denn er war ein guter Geschäftsmann; aber letztlich war es pure Liebe zu seinem Hobby, die ihn dazu veranlasste. Eine Weile hörten wir Parker respektvoll zu. Schließlich war er der Experte auf diesem Gebiet. Dann trugen auch andere zu diesem Thema bei, und schließlich sprach alles durcheinander. Zuletzt behielt Mrs Robinson das Wort, eine kleine, reizende Person, die in Begleitung ihres Mannes da war. Ich hatte sie an diesem Abend zum ersten Mal gesehen, da die Robinsons erst kurze Zeit mit Parker bekannt waren.
    »Was Wohnungen anbelangt«, sagte sie, »haben Sie von unserm Glück gehört, Mr Parker? Wir haben endlich eine Wohnung! In Montague Mansions.«
    »Großartig«, sagte Parker, »ich habe ja immer gesagt, es gibt genug Wohnungen – aber zu welchem Preis!«
    »Ja, aber unsere ist nicht teuer, sie ist sogar spottbillig. Achtzig Pfund im Jahr!«
    »Was… aber, Montague Mansions. Das gehört doch zu Knightsbridge, nicht wahr? Ein großes, hübsches Gebäude. Oder gibt es außerhalb noch etwas mit ähnlichem Namen?«
    »Nein, es ist das Haus im Knightsbridgeviertel. Das ist ja gerade das Herrliche daran!«
    »Herrlich ist wirklich das richtige Wort dafür – es ist ein wahres Wunder. Aber ein Haken wird wohl dran sein? Müssen Sie eine hohe Mietvorauszahlung

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