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Poirot Rechnet ab

Poirot Rechnet ab

Titel: Poirot Rechnet ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zusammen mit ihrem Bruder in Washington lebte. Über das Vorleben der Miss Elsa Hardt war nichts bekannt, aber auch sie verschwand plötzlich, ungefähr zu demselben Zeitpunkt, als Valdarno tot aufgefunden wurde. Es gibt Gründe, anzunehmen, dass sie in Wirklichkeit eine gerissene internationale Spionin war, die unter verschiedenen Decknamen gefährliche Aufgaben gelöst hatte. Sie wurde von der amerikanischen Abwehr gesucht, die außerdem einige unbedeutende japanische Herren, die in Washington lebten, beobachtete. Bei der Abwehr vermutete man, dass sich Elsa Hardt nach Verwischung ihrer Spuren diesen Herren nähern würde. Vor vierzehn Tagen nun reiste einer der Japaner plötzlich nach London. Daraus kann man den Schluss ziehen, dass auch Elsa Hardt in England ist.«
    Poirot machte eine Pause, und dann fügte er sanft hinzu: »Die offizielle Beschreibung von Elsa Hardt lautet: Größe: einssiebzig, Augen: blau, Haare: rotbraun, schöner Teint, gerade Nase, keine besonderen Merkmale.«
    »Mrs Robinson!«, japste ich.
    »Zweifellos, möglich wäre es«, pflichtete er mir bei. »Außerdem habe ich gehört, dass ein dunkelhäutiger Mann, ein Unbekannter, erst heute Morgen nach den Bewohnern von Nummer vier gefragt hat. Daher, mon ami, fürchte ich, dass Sie auf Ihren Beauty-Schlaf heute Nacht verzichten müssen, um mir bei meiner Nachtwache Gesellschaft zu leisten, bewaffnet mit Ihrem ausgezeichneten Revolver – wohl verstanden!«
    »Natürlich«, rief ich voller Begeisterung. »Wann soll es losgehen?«
    »Ich glaube, Mitternacht wäre nicht nur ein feierlicher, sondern auch ein passender Zeitpunkt«, sagte Poirot. »Es ist nicht wahrscheinlich, dass vorher etwas passiert.«
    Genau um zwölf Uhr kletterten wir vorsichtig in den Kohlenaufzug und ließen uns zum zweiten Stock hinunter. Unter Poirots Händen öffnete sich die Tür schnell nach innen, und wir kletterten in die Wohnung. Aus dem Abstellraum gingen wir in die Küche und setzten uns dort bequem auf zwei Stühle. Die Tür zum Flur hatten wir leise geöffnet.
    »Jetzt brauchen wir nur zu warten«, sagte Poirot zufrieden und schloss die Augen.
    Das Warten erschien mir endlos. Ich hatte große Angst, einzuschlafen. Gerade als es mir so vorkam, als säße ich schon seit acht Stunden hier – dabei waren es, wie ich später feststellte, genau eine Stunde und zwanzig Minuten –, vernahm ich einen schwachen, kratzenden Laut. Poirots Hand berührte die meine. Ich stand auf, und wir bewegten uns vorsichtig in Richtung Flur. Das Geräusch kam von dort. Poirot legte seine Lippen an mein Ohr.
    »Draußen die Eingangstür. Sie schneiden das Schloss heraus. Erst wenn ich es sage, nicht vorher, fallen Sie von hinten über ihn her und halten ihn fest. Seien Sie vorsichtig, er hat sicher ein Messer.«
    Plötzlich hörte es sich an, als ob etwas nachgäbe, und ein kleiner Lichtschimmer drang durch die Tür! Es wurde sofort wieder dunkel, und die Tür wurde geöffnet. Ich hörte den Atem eines Mannes, der an uns vorbeiging. Während er die Taschenlampe anknipste, zischte Poirot mir ins Ohr:
    »Allez!«
    Wir sprangen gemeinsam auf den Eindringling los, und Poirot wickelte mit raschen Bewegungen ein wollenes Tuch um seinen Kopf, während ich ihm die Arme festhielt. Das Ganze ging schnell und lautlos vor sich. Ich entriss ihm einen Dolch, und Poirot zog das Tuch von seinen Augen herunter, ließ es aber fest um seinen Mund. Ich zog meinen Revolver, so, dass er ihn sehen konnte und sich klar werden musste, dass jeder Widerstand zwecklos war. Als er den Kampf aufgab, legte Poirot seinen Mund eng an sein Ohr und begann schnell zu flüstern. Nach einer Minute nickte der Mann. Dann machte Poirot mit der Hand ein Zeichen, verließ die Wohnung und ging die Treppe hinunter. Unser Gefangener folgte, und ich blieb mit meinem Revolver hinter ihm. Als wir auf der Straße waren, wandte sich Poirot an mich.
    »Vorne an der Ecke steht ein Taxi. Geben Sie mir den Revolver, wir werden ihn jetzt nicht brauchen.«
    »Aber wenn dieser Bursche versucht zu entfliehen?«
    Poirot lächelte.
    »Keine Sorge.«
    Ich kam nach einer Minute mit dem Taxi zurück. Zum ersten Mal sah ich jetzt das Gesicht des Fremden richtig, denn Poirot hatte ihm das Wolltuch abgenommen. Ich machte eine erstaunte Bewegung.
    »Es ist ja gar kein Japaner«, wisperte ich Poirot zu.
    »Beobachtung war immer Ihre starke Seite, Hastings! Ihnen entgeht auch gar nichts. Nein, dieser Mann ist kein Japs. Er ist Italiener.«
    Wir stiegen in

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