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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Alster
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alleine lassen werde, dürfte selbstverständlich sein. Wir frühstücken gemeinsam, ruhen uns dann noch ein wenig aus, schlafen noch ein bisschen, duschen zusammen, und fahren dann – zur Abwechslung mal mit dem 148er Bus – nach Schöneberg, den ich eigentlich nie nehme, weil er zwar umsteigefrei und damit bequemer ist als die U-Bahn, aber dafür sind da immer mehr ... uhm... Sozialfälle dabei. Nicht, dass mich das vom Grundsatz her stören würde ... aber manchmal ist der Jeep oder die U-Bahn einfach cooler, lockerer. Und ich kenne mehr Kontrolleure, grinse ich.
    Wenn ich doch Shahin nur dazu bekäme, sich eine Fahrkarte zu kaufen ... inzwischen bin ich dazu übergegangen, ihm einfach eine mitzukaufen oder heimlich für ihn zu lösen – ich habe ja eine Jahreskarte -, denn irgendwo ist mir sein notorisches Schwarzfahren doch ein Dorn im Auge. Waren denn die vierzig Euro für Kalle und Co. nicht genug?
    »Nein«, sagt mein Mann, denn im Endeffekt ist es billiger, und außerdem – ab und zu kauft er sich ja eine Fahrkarte ... sagt er. Nicht, dass ich das wirklich mitbekommen hätte bisher. By the way, ich achte da inzwischen gar nicht mehr so wirklich drauf, weswegen es einfacher ist, ihm ein Ticket zu lösen, als jedes Mal zu diskutieren, ob oder ob nicht ... Und weniger peinlich ist es auf jeden Fall, denn natürlich werden wir im 148er kontrolliert. Shahin verdreht seine wundervollen Augen und zückt einen Fünfziger, während ich Rita – der Kollegin, die uns kontrolliert und die ich natürlich auch kenne und schätze –, einfach den Fahrschein, den ich für Shahin gelöst habe, und meine Stammkarte hinhalte. Hihi, das Gesicht meines Mannes ist phänomenal ... und Rita grinst ihn frech an und fragt ihn noch, ob er einen Frosch verschluckt habe.
    »Einen Frosch verschlucken« ist eine Redensart für »sich ganz gewaltig irren«, zumindest habe ich das bei meinen Kollegen so gelernt. Bingo, das versteht Shahin nämlich nicht. Er stutzt, schaut Rita fragend an, die scheinheilig ihren Rock glatt streicht, sich von mir verabschiedet und dann weitergeht, ohne zu antworten.
    »Ich hasse Frösche«, sagt Shahin mit einem Anflug von Ekel und Widerwillen in der Stimme. »Frösche sind so ... schleimig, so glatt ... widerlich, finde ich.«
    Ich muss grinsen. »Ich hab mal von einem Varietékünstler gehört, der sich Frösche ... uhm... eingeführt hat ... Du weißt schon, wo.« Natürlich ist das gelogen, aber es macht Spaß, meinen Mann anzusticheln. Und er reagiert wie erwartet. Er schüttelt sich, bekommt Gänsehaut, und scheint so irgendwie gar nicht mit Fröschen klarzukommen. Ich liebe diese Spielchen mit ihm, die natürlich nicht böse gemeint sind, aber die unsere Beziehung frisch halten ... zumindest rede ich mir Letzteres ein, denn eigentlich glaube ich nicht, dass wir unsere Beziehung frisch halten müssen, schon gar nicht nach einer Woche, denn langweilig ist es ganz bestimmt nicht.
    Wir fahren also in die Szene und trinken zunächst im »Joensson« einen Kaffee. Das »Joensson« ist ein Laden im skandinavischen Stil, der ausschließlich mit IKEA-Möbeln ausgestattet und mit Elchen und ähnlichem Krimskrams liebevoll eingerichtet ist. Hier verkehren eher die alternativen Schwulen, und eigentlich gehe ich eher selten in diesen Laden ... aber andererseits hat Shahin hier die größte Teeauswahl – 48 Sorten – Berlins, und wie ich inzwischen mitbekommen habe, liebt er Tee heiß und innig. Klar, er trinkt Kaffee, aber eher als normales Getränk. Die Teezeremonie ist für ihn etwas Besonderes, etwas Heiliges. Nun gut, ich habe nichts dagegen, im Gegenteil, ich tue ihm gerne einen Gefallen, weil ich mich freue, wenn es ihm gut geht. Was jedoch noch lange nicht bedeutet, dass ich ihm zuliebe so etwas Schwächliches wie Tee trinke. Für mich ist Kaffee ein absolutes Muss. Oder noch besser Espresso, schön stark jedenfalls. Zimttee! Ich sag besser nichts dazu ... Ja, ist denn schon Weihnachten? Dem Geruch zufolge ja.
    Als wir eine Stunde später im »Peaches« aufschlagen, ist Paul, der Wirt, gerade erst am Aufmachen. Auch wenn er mich sehr verwundert anschaut, weil ich wohl in meiner ganzen Zeit als Gast in diesem Laden kein einziges Mal früher als neun Uhr hier war, hat diese Aktion ihren Zweck erfüllt: Es ist nämlich leer, wir können in Ruhe reden und keiner nervt. Beziehungsweise wir könnten, wenn Ricardo, Yvonne, Jonas und der Rest pünktlich wären. Erwähnte ich bereits, dass ich es hasse, warten

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