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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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sich zurückzuhalten, aber nach einer Weile muß man ganz einfach über Wolowoi und seine Spitzel herziehen, will man nicht verrückt werden. Die Hölle - das ist für mich nicht zuletzt die Polar Star. Und wie steht’s mit Ihnen?«
    »Sagen wir, die Vorhölle.«
    »Es wäre durchaus möglich, alles als Joint-venture zu planen«, sagte Hess. »Der kürzeste Seeweg zwischen Europa und dem Pazifik führt über den nördlichen Polarkreis. Wir könnten die Eisbrecher bereitstellen, genau wie jetzt die Polar Star die Eagle durchs Eis führt.«
    »Sie meinen, wir sollten uns von euch abhängig machen«, fragte Morgan. »Nun, ich glaube, so sehr haben sich die Verhältnisse nun doch nicht geändert.«
    »Sie hatten Sina gern, nicht wahr?« fragte Arkadi. »Sie haben ihr Ihren Bikini geliehen und Ihre Sonnenbrille. Und was haben Sie dafür bekommen?«
    Susan ließ sich mit der Antwort Zeit. Arkadi kam sich vor, als führe er im Dunkeln ein Gespräch mit einer schwarzen Katze.
    »Spaß«, sagte sie endlich.
    »Sie erzählten ihr von Kalifornien, und Sina hat Ihnen von Wladiwostok erzählt. Ist das ein gerechter Handel?«
    »Sie war halb Unschuld, halb Berechnung. Eine russische Norma Jean, gewissermaßen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ist doch ganz einfach. Norma Jean bleichte sich die Haare und wurde Marilyn Monroe. Sina Patiaschwili bleichte sich die Haare und blieb Sina Patiaschwili. Beide Male der gleiche Ehrgeiz, aber mit unterschiedlichem Ergebnis.«
    »Sie waren befreundet.«
    Susan schenkte ihm nach und goß dabei sein Glas so voll, daß der Scotch wie eine Ölschicht auf dem Rand zitterte. Dann bediente sie sich genauso reichlich. »Das ist ein norwegisches Trinkspiel«, sagte sie. »Wer als erster was verschüttet, muß austrinken. Wer zweimal hintereinander verliert, muß sich auf einen Stuhl setzen, während sein Gegner ihm eins über den Schädel gibt und versucht, ihn umzuwerfen.«
    »Das mit dem Schlagen lassen wir lieber. Also Sie waren mit Sina befreundet«, wiederholte Arkadi.
    »Auf der Polar Star kommt man sich vor wie in Isolierhaft. Wissen Sie, wie schwer es ist, auf so einem Schiff jemanden zu finden, der ein bißchen Leben ausstrahlt und nicht total langweilig ist? Das Problem ist, daß ihr Russen eine so komische Vorstellung von Freundschaft habt. Wir sind lauter friedliebende Völker, bereit, einander zu helfen und beizustehen, aber Gott behüte, daß ein Amerikaner und ein Russe sich einmal zu nahe kommen! Das nächste, was man von so einem Russen dann hört, ist, daß er jetzt irgendwo vor Neuseeland angeheuert hat.«
    »Sina hat man nicht fortgeschickt.«
    »Nein, und damit war klar, daß sie uns bespitzelt und, wenigstens bis zu einem gewissen Grad, Informationen über uns weitergeleitet hat. Ich war bereit, das in Kauf zu nehmen, weil sie so lebendig war, so lustig und so viel gescheiter, als die Männer alle ahnten.«
    »Mit wem von den Männern hat sie geschlafen?«
    »Woher wissen Sie, daß sie überhaupt mit einem geschlafen hat?«
    »Weil sie das immer tat. Es war ihre Arbeitsmethode. Wenn vier Amerikaner an Bord waren, dann hat sie mit mindestens einem von ihnen geschlafen.«
    »Lantz.«
    Arkadi erinnerte sich an Lantz, den schmächtigen, desinteressierten Beobachter aus der Sauna. »Und dann haben Sie sie zurückgepfiffen? Wolowoi hätte das nämlich bestimmt nicht getan.« Arkadi nahm einen vorsichtigen Schluck. »Guter Scotch.«
    Der gefährlich hohe Whisky-Spiegel auf Susans Glas erzitterte leicht, doch es löste sich kein Tropfen von der Oberfläche, auf der das Neonlicht badete wie ein Mond.
    »Mit wem schlafen Sie auf der Polar Star?« fragte sie.
    »Ich? Mit niemandem.«
    »Dann sitzen Sie also auch in Isolierhaft. Ich trinke auf Sie, Renko.«
    Zum erstenmal wandte Morgan den Kopf nach Susan um, widmete sich aber gleich wieder Hess, der ihm eben eine Schilderung der jüngsten Invasion Moskaus gab. »Die Japaner sind einfach überall, jedenfalls in den besten Hotels. Das beste Restaurant in Moskau ist ein japanisches Lokal, aber es ist unmöglich, da hineinzukommen, weil sie ständig selbst alle da sind.«
    »Sina hat Ihnen doch von sich und Kapitän Martschuk erzählt, stimmt’s?« forschte Arkadi weiter. »Haben Sie mir darum verschwiegen, daß Sie die beiden am Abend des Festes zusammen an der Heckreling gesehen haben? Weil Sie ihn nicht in Verlegenheit bringen wollten?«
    »Es war dunkel.«
    »Er glaubt nicht, daß Sina der Typ war, der freiwillig aus dem Leben scheidet.

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