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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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Martschuk erzählt hatte. Mit Freunden von seinem Truppenstützpunkt war er ins Goldene Horn gegangen. Alle hatten sie sich für Sina interessiert, doch sie schien nur Augen für ihn zu haben. Als das Lokal geschlossen wurde, nahm sie ihn mit zu sich nach Hause, wo sie Musik hörten, tanzten und schließlich miteinander ins Bett gingen. Und dann hatte er sich verabschiedet und sie nicht wiedergesehen, bis er seinen Dienst auf der Polar Star antrat.
    »Ich dachte, die Ermittlungen wegen Sina wären ausgesetzt worden«, sagte er kleinlaut. »Man hat mir erzählt, Sie würden wieder in der Fabrik arbeiten.«
    »War sie eine gute Kellnerin?«
    »Miserabel!«
    »Worüber habt ihr euch unterhalten?«
    Arkadi spürte, wie das Hirn des Funkers erstarrte, gleich einem verschreckten Kaninchen, das nicht weiß, wohin es fliehen soll. Nicht nur, daß er hier in eine mögliche Verschwörung an Bord des Schiffes verwickelt wurde, auf dem er Dienst tat, nein, schlimmer noch, das Verhör hatte sich zuletzt gefährlich auf die Vergangenheit verlagert, was ihn wiederum mit einem Verrat in Verbindung bringen konnte, und sei es auch nur rein zufällig. Die schlimmste Auslegung würde die sein, daß Sina die Pazifikflotte nicht nur einmal, sondern gleich doppelt unterwandert habe, und zwar beide Male mit seiner Hilfe. Wenn auch nicht unbedingt als Auslandsagentin; der KGB war allzeit darauf versessen, seine Spitzel in die Militärdienststellen einzuschleusen, und der Marinenachrichtendienst unternahm immer wieder geradezu paranoide Versuche, die Wachsamkeit der Offiziere aus den eigenen Reihen zu testen, um festzustellen, ob er das eigene Sicherheitssystem durchbrechen konnte.
    Wie andere Männer in ähnlich prekärer Lage beschloß Nikolai, ein kleineres Verbrechen auf sich zu nehmen, um damit seine Aufrichtigkeit zu dokumentieren. »In Wladiwostok habe ich die besten Empfangsgeräte der Welt. Ich kann den amerikanischen Militärsender empfangen oder auch Manila oder Nome. Von Zeit zu Zeit muß ich sie ohnehin dienstlich abhören, also schneide ich auch gleich mit - bloß Musik und nur für mich, Geschäfte habe ich damit nie gemacht. Sina habe ich aus reiner Freundschaft ein Band angeboten und ihr gesagt, wir sollten irgendwohin gehen, wo wir es hören könnten. Schön, ja, das war Anmache, aber wir haben über nichts weiter gesprochen als über Musik. Sie wollte, daß ich die Bänder kopiere und durch sie vertreibe. Sina war eben durch und durch Georgierin. Aber ich habe nein gesagt. Wir sind zu ihr nach Hause gegangen und haben uns mein Band angehört. Sonst ist nichts gewesen.«
    »Nicht ganz. Immerhin hast du erreicht, was du wolltest, - und Sina ist mit dir ins Bett.«
    Arkadi erkundigte sich nach Sinas Wohnung, und wieder ähnelte Nikolais Beschreibung der von Martschuk. Eine geräumige Wohnung in einem relativ neuen Gebäude, möglicherweise ein Genossenschaftshaus. Fernseher, Videorecorder, Stereoanlage. Japanische Drucke und Samurai-Schwerter. Türen und Bar mit rotem Plastik gepolstert. Eine Gewehrsammlung in einem verschlossenen Schaukasten. Zwar hatte Nikolai nirgends ein Foto gesehen, aber es war klar, daß ein Mann mit in der Wohnung lebte, und Nikolai hatte angenommen, daß Sinas Freund einflußreich sei und sehr vermögend, entweder ein Schwarzmarktmillionär oder ein hohes Tier in der Partei.
    »Bist du Parteimitglied?« fragte Arkadi.
    »Ich bin bei den Jungen Kommunisten.«
    »Erzähl mir was über die Funkausrüstung hier auf dem Schiff.«
    Nikolai war froh und erleichtert, das brenzlige Thema Sina Patiaschwili gegen seine vertraute Technik eintauschen zu können. Der Funkraum der Polar Star war ausgestattet mit einem VHF-Radio mit einer Reichweite von etwa fünfzig Kilometern zur Verständigung mit den Fangbooten; daneben standen zwei SSB-Anlagen für größere Reichweiten zur Verfügung. Eine dieser Anlagen war normalerweise auf den Flottensender eingestellt, während die zweite für Funkkonferenzen mit anderen russischen Schiffen im Beringmeer freigehalten wurde oder für den Kontakt mit der Flottenzentrale in Wladiwostok, respektive mit den Büros der Gesellschaft in Seattle. Dazwischen schaltete das Radio immer wieder auf einen Notrufkanal, den alle Schiffe vorschriftsmäßig offen hielten.
    Über einen Kurzwellenempfänger konnten ferner Radio Moskau oder die BBC empfangen werden. »Ich werde Ihnen noch was zeigen.« Unter dem Schreibtisch holte Nikolai einen Apparat hervor, der nicht größer war als ein

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