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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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aus«, sagte Slawa. »Das bedeutet nicht notwendigerweise, daß ich weitere Ermittlungen anstellen werde.«
    »Ich verstehe, das ist doch immer die beste Art der Untersuchung.« Arkadi nickte. »Ein geradliniges Verfahren, ohne gefährliche Kurven. Dabei fällt mir ein«, fuhr er an Hess gewandt fort, »könnte ich mein Messer zurückbekommen? Sie erinnern sich doch? Sie haben es an sich genommen, bevor wir an Land gingen.«
    »Das müßte ich erst suchen.«
    »Bitte, tun Sie das. Es ist schließlich Staatseigentum.«
    Martschuk drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und warf einen Blick aufs Bullauge, über dem eine dicke Eisschicht lagerte. »Tja, Renko, damit wären Ihre Tage als Ermittlungsbeamter wieder einmal gezählt. Der Tod Sina Patiaschwilis wird zu den Akten gelegt, bis wir den Heimathafen anlaufen. Meine Herren, die Fische warten auf uns.« Er erhob sich, zog seine Mütze in die Stirn, klaubte den noch glühenden Stummel aus dem Aschenbecher und zündete sich damit eine neue Zigarette an. Seit Dutch Harbor rauchte jeder auf dem Schiff nur noch Marlboro.
    »Sie sind mir nicht unsympathisch, Renko, aber lassen Sie sich eines gesagt sein: Falls der Genosse Wolowoi nicht im Feuer erstickt ist, falls man ihm, nur mal angenommen, die Kehle durchgeschnitten hat, würde ich Sie als ersten verdächtigen. Noch haben wir allerdings keine Ahnung, wie es Ihnen gelungen sein könnte, ganz ohne Hilfe zwei Männer umzubringen und dann auch noch aus dem brennenden Bunker zu entkommen. Mir gefällt, wie Sie schließlich im Wasser gelandet sind. Auf diese Weise konnte man hinterher weder Rauch an Ihren Kleidern riechen noch irgendwelche Spuren an Ihren Stiefeln finden.« Er schlug seinen Mantelkragen hoch. »Meine Amerikaner warten. Ich komme mir vor, als sollte ich eine Schar kleiner Mädchen über einen zugefrorenen Teich lotsen.«
    Susan stand an der Heckreling und richtete ihren Feldstecher auf das Kielwasser der Polar Star. Mit der bis ans Kinn zugeknöpften Jacke, den Fäustlingen und der Wollmütze sah sie aus wie eine Skifahrerin.
    »Na, gibt’s was Interessantes?« fragte Arkadi.
    »Ich habe nur die Eagle beobachtet. Ein Golfschiff sollte nicht hier oben rumfahren.«
    »Ich habe Sie gesucht.«
    »Das ist ja komisch«, sagte Susan. »Ich bin Ihnen nämlich aus dem Weg gegangen.«
    Schon gewohnheitsmäßig sah Arkadi sich um, um festzustellen, ob Karp in der Nähe war. »Auf einem Schiff ist es ziemlich schwer, jemandem aus dem Weg zu gehen.«
    »Scheint so.«
    »Darf ich mal durchsehen?« fragte er.
    Sie reichte ihm den Feldstecher. Arkadi richtete das Glas auf die Wellen, die bis an die Rampe der Polar Star hinaufreichten und fast tropisch blau gegen den rostigen Schlund der Wasserrinne schimmerten. Wasser so kalt wie dieses sah aus wie geschmolzenes Blei. Meerwasser kristallisiert erst unter dem Gefrierpunkt, und weil es salzhaltig ist, wird es nicht gleich zu Eis, sondern wabert zunächst wellenförmig und durchscheinend auf schwarzer Dünung, ehe es, zu mattem Grau erlöschend, fest wird.
    Die Trawler mußten sich dicht hinter ihrem Mutterschiff halten. Durch den Feldstecher beobachtete Arkadi, wie die Merry Jane an der Eagle vorbeiglitt und ein Netz einholte, das prall und naßglänzend auf Deck aufschlug. Die Eagle machte sich eben bereit, erneut ihr Netz auszuwerfen, und als der Trawler sich mit einer Woge hob, bekam Arkadi zwei Matrosen in gelben Regenmänteln ins Visier. Die Amerikaner benutzten keine Sicherheitsgatter. Das Wasser floß also ungehindert auf die Rampe und wieder zurück, doch die Männer kalkulierten geschickt jede Bewegung und retteten sich mit einem Sprung auf die Sprossen des Ladebaums, sobald eine größere Welle über den Schandeckel schwappte. Durch den Feldstecher erkannte Arkadi, daß es der ehemalige Polizist Coletti war, der die hydraulische Kranwinde bediente. Der Mann neben ihm warf aussortierte Krabben über Bord, und erst, als er sich umdrehte, erkannte Arkadi das spitze Gesicht und das schiefe Grinsen von Ridley.
    »Arbeiten die nur noch mit zwei Mann?« fragte Arkadi. »Haben sie niemanden als Ersatz für Mike an Bord genommen?«
    »Es sind eben Kapitalisten. Auf diese Weise brauchen sie ihre Heuer nur noch durch zwei zu teilen.«
    Ein Fischnetz auszulegen, erforderte selbst unter günstigsten Bedingungen, nämlich bei ruhiger See und mit reichlich Spielraum zum Manövrieren, sehr viel Geschicklichkeit und Fingerspitzengefühl. Die Aurora hatte im Eis ihre Trawlleinen

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