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Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
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sich sicher verstecken können, ist hier, unter dem arktischen Eis, und der einzige Weg, auf dem die Amerikaner uns vom Pazifik aus folgen können, führt übers Beringmeer und durch die Beringstraße. Hier also haben zur Abwechslung einmal wir die Chance, sie abzuwürgen.«
    Gastgeber und Gast tranken auf die Geographie. Als Arkadi sich zurücklehnte, quietschte das Feldbett unter ihm, und unwillkürlich dachte er an Sina, die auf ebendieser Pritsche gelegen hatte. Damals hatte freilich niemand Vorträge über Geographie oder Geschichte gehalten. »In gewissem Sinne haben also auch Sie Ihr Soll an Fischen«, sagte er.
    »Schon, aber ich muß sie nicht fangen, sondern bloß belauschen. Sie wissen doch, daß die Polar Star im Trockendock war.«
    »Ich hab mich schon die ganze Zeit gefragt, was für Arbeiten da eigentlich durchgeführt worden sind. Wir unten in der Fabrik konnten nämlich keinerlei Verbesserungen feststellen.«
    »Ganz recht, Renko, was wir der Polar Star verpaßt haben, sind ein Paar Extra-Ohren!« Hess nickte zu der weißen, ins Deck eingelassenen Kuppel hinüber. »Ist eine hochempfindliche Sonar-Anlage, ein passives System, ein Kabel mit Hydrophonen, die mittels einer elektrischen Winsch unter dieser Kugel betrieben werden. Auf U-Booten installieren wir den Hohlbohrer, so nennt man das Ding, über dem Heck. Aber hier auf der Polar Star haben wir ihn am Bug montiert, um zu verhindern, daß sich das Kabel womöglich in einem amerikanischen Netz verfängt.«
    »Und bevor ein Netz angeliefert wird«, ergänzte Arkadi, »holen Sie das Kabel ein.« Darum also hatte Nikolai Zeit gehabt, sich mit Sina zu beschäftigen - weil gerade eine Ladung Fisch an Bord kam.
    »Für die Tiefsee ist das System nicht gerade effektiv, doch hier befinden wir uns zum Glück in relativ seichten Gewässern. U-Boote, selbst amerikanische, kommen mit seichten Gewässern sehr schlecht zurecht. Sie versuchen, eine Meerenge so schnell wie möglich zu passieren, aber je schneller sie fahren, desto lauter werden sie, und wir können sie dann wunderbar anpeilen. Jedes Schiff gibt nämlich seine eigenen, ganz unverwechselbaren Geräusche von sich, wissen Sie.« Hess wandte sich in seinem Drehstuhl einem Pult mit Computer, Monitor und einer Diskettendatei zu. »Hier haben wir die Klangkombinationen von fünfhundert U-Booten archiviert, eigenen und amerikanischen. In vergleichender Abstimmung ermitteln wir ihre Routen und Einsätze. Natürlich könnten wir das auch auf einem unserer U-Boote oder Vermessungsschiffe machen, aber vor denen halten sie ihre Unterseeboote tunlichst versteckt. Die Polar Star dagegen, nun, das ist nur ein Fabrikschiff irgendwo im Beringmeer.«
    Arkadi dachte an die Karte, die er in der Kabine des Flotteningenieurs gesehen hatte. »Eins von fünfzig harmlosen sowjetischen Fabrikschiffen in ihren Hoheitsgewässern?«
    »Genau. Das ist der Leitgedanke, harmlos und unauffällig. Eines von vielen Erfolgsgeheimnissen.«
    »Raffiniert.«
    »Aber nein.« Hess winkte ab. »Ich will Ihnen mal ein raffiniertes System elektronischer Nachrichtenbeschaffung schildern. Die Amerikaner plazieren nukleargespeiste Monitore vor der sibirischen Küste. Ihre Container fassen sechs Tonnen Aufklärungsgerät plus einen gehörigen Plutonium-Vorrat, mit dem sie unbegrenzte Zeit direkt vor unserer Nase senden können. Amerikanische U-Boote laufen den Hafen von Murmansk an und montieren ihre Hydrophone direkt an unsere Unterseeboote. Die Amerikaner brüsten sich nun mal gern mit Trophäen. Umgekehrt würden sie, falls ihnen unser Kabel in die Hände fiele, das selbstredend in Washington an die große Glocke hängen, mit dem entsprechenden Medienrummel, versteht sich, den sie ja wahrlich meisterhaft zu inszenieren verstehen. Sie würden sich aufführen, als hätten sie nie zuvor eine Konservendose an einem Strick gesehen.«
    »Das also ist Ihr heißer Draht - eine Dose an einem Strick?«
    »Mikrophone, befestigt an einem dreihundert Meter langen Kabel, das ist im wesentlichen die Konstruktion, ja.« Hess gestattete sich ein flüchtiges Lächeln. »Interessant ist die Software; die wurde ursprünglich in Kalifornien zum Aufspüren von Walen entwickelt.«
    »Kommt es auch vor, daß Sie mal ein Schiff mit einem Wal verwechseln?«
    »Nein.« Hess strich mit dem Finger über den runden Schirm des Oszilloskops, so behutsam, als wäre es die Kristallkugel eines Hellsehers. Und wirklich zeugte das Gerät von jener besonderen handwerklichen

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