Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Polar Star

Polar Star

Titel: Polar Star Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz Smith
Vom Netzwerk:
lesen?
    Day bat Slawa gerade: »Bitte noch einmal. Wer ist er?«
    »Unsere Arbeiter sind vielseitig. Genosse Renko ist eigentlich in der Fabrik beschäftigt, aber er hat auch Erfahrung mit Unfallrecherchen.«
    »Das mit Sina ist schrecklich«, sagte Bernie. »Sie war ‘ne Wucht.«
    Lantz blies einen Rauchkringel und erkundigte sich dann träge auf englisch: »Woher willst du das wissen?«
    »Was ist ihr eigentlich zugestoßen?« fragte Day.
    Arkadi stöhnte innerlich, als Slawa antwortete: »Es scheint, ihr ist schlecht geworden, weshalb sie an Deck ging, wo sie dann womöglich das Gleichgewicht verloren hat.«
    »Und dann womöglich im Netz wieder hochgekommen ist?« fragte Lantz.
    »Hat jemand gesehen, wie sie über Bord fiel?« fragte Bernie.
    »Nein«, sagte Slawa. Das war der Hauptfehler, den Neulinge bei Ermittlungen machten: die Neigung, Fragen zu beantworten, statt sie zu stellen. »Es war stockdunkel und neblig. Sie war allein. So was passiert eben manchmal auf See. Tja, das ist vorläufig alles, was wir an Informationen haben, aber wenn Sie etwas wissen …«
    Slawa zu assistieren, das war, als folge man einem Lemming. Die drei Amerikaner zuckten die Achseln und sagten im Chor: »Nein.«
    »Eigentlich sollten wir auf Susan warten, aber ich glaube nicht, daß wir noch Fragen haben«, wandte Slawa sich an Arkadi.
    »Ich jedenfalls nicht«, sagte Arkadi und fügte auf englisch hinzu: »Ihr Russisch ist ausgezeichnet.«
    »Wir studieren noch«, antwortete Day. »Diesen Job haben wir nur angenommen, um unser Russisch zu verbessern.«
    »Und ich staune, wie gut Sie unsere Mannschaft kennen.«
    »Alle kannten Sina«, sagte Bernie.
    »Sie war sehr beliebt«, sagte Day.
    Arkadi merkte, wie Slawa das Gespräch im stillen übersetzte, bemüht, den Faden nicht zu verlieren.
    »Sie hat in der Mannschaftsküche gearbeitet«, sagte Arkadi zu Day. »Sind Sie auch von ihr bedient worden?«
    »Nein, wir essen in der Offiziersmesse. Sina hat nur zu Anfang der Reise da gearbeitet, dann wurde sie versetzt.«
    »Später haben wir sie eigentlich nur noch an Deck gesehen - genauer gesagt an der Heckreling«, sagte Bernie.
    »Ist das Ihr Posten?«
    »Ja. Einer von uns ist immer am Heck, wenn der Fang übergeben wird. Sina kam rauf und sah sich zusammen mit uns an, wie das Netz eingeholt wurde.«
    »Oft?«
    »O ja.«
    »Und Sie arbeiten wo?« erkundigte Arkadi sich bei Lantz. »Auf dem Trawldeck.«
    »Sie hatten Dienst, als das Netz mit Sina an Deck kam?«
    Lantz klopfte sich Zigarettenasche vom Sweater und setzte sich auf. Für seine Größe hatte er einen erstaunlich kleinen Kopf, sein penibel frisiertes Haar ließ auf einen Narzißten schließen. »Es war eine kalte Nacht. Ich bin reingegangen und hab einen Tee getrunken. Die Matrosen wissen, daß sie mir Bescheid geben sollen, wenn ein Netz die Rampe hochkommt.«
    Sogar bei dem Krach, der unten in der Fabrik herrschte, konnte Arkadi hören, wann ein Netz an Bord kam; er merkte es am schrillen Kreischen der hydraulischen Winsch und dem Drosseln der Maschinen von halber auf langsame Fahrt, wenn das Netz aus dem Wasser auftauchte, und schließlich wieder dem Wechsel zurück auf halbe Fahrt, wenn das Netz auf der Rampe gelandet war. Selbst im Schlaf wußte er, wann eine Ladung Fisch an Bord kam. Niemand hatte Lantz von seiner Teepause fortzurufen brauchen.
    »Hat Ihnen das Fest gefallen?« fragte Arkadi.
    »Großartig«, sagte Bernie.
    »Vor allem Slawas Band«, lobte Day.
    »Haben Sie mit Sina getanzt?« fragte Arkadi weiter.
    »Sina interessierte sich mehr für die Motorradclique«, sagte Lantz.
    »Clique?«
    »Ein paar von den Fischern«, erklärte Bernie. »Amerikaner, keine von Ihren Leuten.«
    »Mann, Ihr Englisch ist wirklich gut«, sagte Day anerkennend.
    »Sie sind aus der Fabrik?«
    »Einer von den Schleimputzern.«
    Susan kam herein und warf ihre Jacke auf eine der Kojen. Sie streifte eine Wollmütze vom Kopf, unter der kurzgeschnittenes, dichtes blondes Haar zum Vorschein kam. »Sie haben ohne mich angefangen, Slawa. Aber ich bin hier der Chef. Sie wissen doch, daß Sie ohne mich nicht mit meinen Leuten zu reden haben.«
    »Tut mir leid, Susan«, sagte Slawa zerknirscht. »Schon gut, ich wollte das bloß klarstellen.«
    »Ja, natürlich.«
    Susan hatte unverkennbar das Kommando übernommen, und zwar mit jener herrischen Art, in der kleine Leute sich manchmal in den Mittelpunkt des Geschehens rücken. Ihr Blick schoß wie zum Appell durch die Kabine.
    »Es geht um Sina

Weitere Kostenlose Bücher