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Polaris

Polaris

Titel: Polaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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derartige Bemühungen geben werde. Und ein paar Tage später wurde der ganze Scherbenhaufen für einen Apfel und ein Ei verkauft.
     
    Harold Estavez war entzückt über Whites Armreif.
    Estavez war groß, ernst, ein Mann, den jedes Lächeln zu schmerzen schien. Auf den ersten Blick erschien er wie ein Mann, der in seinem ganzen langen Leben nie gelernt hatte, Freude zu empfinden. Er war düster und schwermütig, wartete stets auf den Sturm, der nie erschien, und war stets davon überzeugt, dass etwas Schlimmes geschehen würde. Alex erzählte mir, dass Estavez überzeugt war, die große Liebe seines Lebens verloren zu haben. Ich hegte den Verdacht, dass auch alle anderen Frauen der näheren Umgebung das Weite gesucht haben dürften.
    »Tut mir Leid, das zu hören«, sagte ich.
    »Ist ein halbes Jahrhundert her. Er ist nie darüber hinweggekommen.«
    Wie dem auch gewesen sein mag, ich hatte das Vergnügen mit anzusehen, wie sich seine Miene aufhellte, als er das Armband erhielt.
    Er rief uns an, kaum dass das Paket bei ihm eingetroffen war, und packte es in unserer Anwesenheit aus. Bis zu diesem Moment hatte er nicht genau gewusst, was er bekommen würde (als ich versucht hatte, ihm zu erzählen, was wir ihm schicken würden, hatte er mich aufgefordert zu schweigen). Aber seine Augen wurden ganz groß, als er Gold sah. Und sie wurden noch größer, als er den Namen erblickte, der auf dem Armreif eingraviert war.
    Nancy.
    Zu diesem Zeitpunkt erhielten wir Anrufe von all unseren Kunden, beinahe von jedem einzelnen Angehörigen unseres Kundenstamms. Jeder war an der Polaris interessiert. Sie alle hatten gehört, dass wir einige Artefakte hatten retten können. War vielleicht noch ein Objekt verfügbar?
    Tut uns schrecklich Leid, so sagten wir ihnen. Wir hätten Ihnen den Gefallen ja so gern getan.
    Ich war froh, dass wir die Jacke und das langstielige Glas behalten hatten. Alex erzählte mir, er habe mir auch etwas reservieren wollen, und falls ich das Glas haben wolle, wäre er bereit, es mir zu überlassen. Aber ich verstand die unausgesprochene Botschaft. Alex hoffte, dass ich ablehnen würde. Ich hätte das Glas zu gern zu Hause gehabt, aber, so überlegte ich, ein Boss, der sich in meiner Schuld fühlte, war mir mehr wert. Also sagte ich ihm, es sei okay, er möge sich nichts dabei denken. Ich würde es so oder so jeden Tag sehen. Er nickte, als täte er mir einen Gefallen, indem er es behielt.
    Die Registriernummer des Schiffs, CSS 117, war zehn Jahre nach dem Ereignis zurückgezogen worden. Kein Schiff würde je wieder so gekennzeichnet werden. Und, so nahm ich an, es würde auch keine zweite Polaris geben. Die Leute, die überlichtschnelle Schiffe benannten, waren sicher nicht abergläubisch, aber wozu das Schicksal herausfordern?
    Alex kaufte eine beleuchtete Vitrine für die Jacke, die, weit entfernt von der Aufzeichnungsoptik, in einer Ecke neben einem Aktenschrank Platz fand. Ich faltete die Jacke wieder und wieder neu, bis sie so aussah, wie sie sollte, sodass man Maddys Namen (der auf die linke Brusttasche gestickt war) sehen konnte. Wir schlossen die Vitrine und sahen sie an, standen eine oder zwei Minuten einfach nur da und bewunderten unseren neuesten Besitz.
    Aber wohin mit dem Glas? Wir brauchten einen Platz, an dem es nicht umgeworfen werden konnte und nicht verstauben würde. Und an dem es wenigstens ein Mindestmaß an Sicherheit gab.
    Bücherregale nahmen zwei der Wände ein. Außerdem gab es noch einen antiken Bücherschrank von Stratemeyer, ein halbes Jahrhundert alt, den Alex von seinem Onkel geerbt hatte. Er besaß Glastüren und war abschließbar. »Ja«, sagte er, »das ist perfekt.«
    Nicht ganz. Wir mussten ihn aus dem Aufnahmewinkel des Imagers bringen, und so rückten wir bald den Großteil des Mobiliars im Büro an einen neuen Platz. Aber nachdem wir fertig waren, sah der Raum richtig gut aus.
    Alex trat zurück, um die neue Anordnung zu bewundern, öffnete dann den Bücherschrank, machte auf dem obersten Brett Platz und reichte mir das Glas, um mir die Ehre zu überlassen.
     
    Später an diesem Nachmittag erhielt ich einen Anruf von Ida. »Sehen Sie sich die Nachrichten auf Kanal 16 an, Chase«, sagte sie. »Da ist so eine komische Meldung über die Polaris.«
    Ich bat Jacob einzuschalten, und im nächsten Augenblick manifestierten sich ein Mann und eine Frau im Büro. Die Frau war Paley McGuire, eine Reporterin von CBY. Sie standen neben fünf Transportkisten auf dem Dock von Skydeck.

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