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Polarrot

Polarrot

Titel: Polarrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Tschan
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wie?“
    „Willst du jetzt noch ein Bier oder nicht?“
    „Man kann das lernen, Jacques.“
    „Das muss man nicht lernen, das kann man einfach so.“
    „Was hat sie gesagt?“
    „Nichts.“
    „Nichts?“
    „Nichts!“
    Willy grinste.
    „Da gibt’s nichts zu grinsen.“
    Willy rief der Serviertochter: „Zahlen.“
    „Ich will aber noch nicht gehen.“
    „Wir gehen woanders hin. Ein wenig üben.“
    „Was machst du mit dem Knie, lieber Hans, mit dem Knie, lieber Hans, beim Tanz. Was lachst du, tu das nie wieder, Hans, tu das nie wieder, Hans, beim Tanz“, sang Breiter aus voller Kehle, während er seinen Opel durch die Kurven des Wiesentals jagte. Er hatte noch immer den Duft der kleinen Rosie in der Nase, den er aber mit dem von Charlotte zu übertünchen versuchte. Er wollte nicht untreu sein, obwohl Rosie ihm doch eine wunderbare Lehrstunde erteilt hatte. Vom Küssen, über das Streicheln der Brüste, das Fahren mit der flachen Hand über die Brustwarzen, den zarten, aber satten Griff um die Pobacken, den Einsatz der Zunge zwischen den Beinen bis zum lustvollen Einführen des Gliedes.
    Er freute sich auf heute Abend, da er, wie er es beim Abschied formulierte, „die Exerzitien noch ein wenig vertiefen müsse“, was ihn zwar einen schönen Batzen kostete, aber es war gut investiertes Geld, schließlich war Charlotte jeden Rappen Wert.
    Er beschloss ein weiteres Einmachglas zu kaufen und es mit „Charlotte“ zu beschriften. Das wäre dann nur für Geschenke für Charlotte. Er könnte heute Abend schon ein bisschen Geld reintun. Ob er gleich noch ein Kässeli für Rosie eröffnen sollte? Nein, nach heute Abend ist Schluss. Aber es wurmte ihn schon, dass er nicht schon früher auf die Idee gekommen war, solche Etablissements aufzusuchen. Aber er hatte sich immer weisgemacht, er habe solches nicht nötig. Und so hatte er es auch gehalten. „Falscher Stolz, Breiter“, sagte er zu sich, „so viel verpasst wegen falschem Stolz. Mehr Schein als Sein. Aber mit Charlotte wird alles anders. Du wirst sie erobern, kommst in die Familie rein, wirst mit ihr an den Stränden Ägyptens baden, im Grand Palace in St. Moritz unter den Augen von Camenisch Weihnachten feiern, mit ihr Ski fahren und Tennis spielen, vielleicht Kinder haben und sie immer wieder aufs Neue überraschen.“
    Er machte sich beinahe in die Hose vor Vorfreude, musste sich bei der Arbeit stark an die Kandare nehmen, dass er die Mischungsverhältnisse der neuen, hervorragend lichtechten Egalisierungsfarbstoffe für Wollgarn nicht durcheinanderbrachte, was leicht geschehen konnte, da alle Farben aus maximal drei Substanzen, deren Namen durchgehend mit der Vorsilbe „Erio“ begannen, zusammengesetzt wurden. Das satte Königsblau erforderte lediglich eine Zugabe von 3% Erioanthracencyanin JR, die dem Polarrot am nächsten kommende Farbe wurde mit 3,25% Erioechtfloxin BL, 0,25% Erioechtorange GL oder ein Breiter an seine Heimat erinnerndes Heugrün 0,75% Erioflavin 4G conc., 0,55% Erioanthracenreinblau 2GL und 0,25% Erioechtfloxin BL gemischt. Letztlich waren es nicht mehr als acht Grundsubstanzen, aus denen man neunzig klar unterscheidbare, lichtechte Modefarben mischen konnte. Bei erfahrenen Färbern, die mit den vagen Mengenangaben „10% kristallines Glaubersalz und 3–5% Schwefelsäure 66°Bé oder mit ca. 10% Weinsteinpräparat“ richtig umgehen konnten, waren die neuen Wollfarben rasch sehr beliebt, da sie einerseits sehr gute, wenn nicht die besten Ergebnisse aller zurzeit erhältlichen Textilfarbstoffe erzielten und andererseits als Nuancierungsfarbstoffe auf anderen Grundmaterialen wie beispielsweise Wollseide eingesetzt werden konnten.
    Weniger erfahrene Färber und vor allem Lehrlinge hatten oft mit dem Einsatz der Schwefelsäure Mühe. Und wenn sie Weinstein verwendeten, waren sie ganz aufgeschmissen.
    So rettete Breiter mit Fachwissen und gutem Händchen manche falsch angemachte, bereits kochende Flotte. Die ganze Färberei interessierte ihn tatsächlich leidenschaftlich und wenn er für seine besonderen Fähigkeiten gelobt wurde, wies er stolz darauf hin, dass die Breiters eben schon lange Farbe im Blut hätten. Und einem tief verankerten Reflex folgend, kramte er jeweils die Geschichte seiner färberischen Abstammung hervor: vom schweizweit berühmten Färber Gerig aus dem Toggenburg, der in Ebnat-Kappel eine Färberei und Schnapsbrennerei geführt hatte, vor deren Toren die Tuchherren aus dem hochlöblichen, katholischen St.

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