Polarrot
mit der schwarzweiß-karierten Fahne abwinkte, schlug mit der Faust mehrere Male auf das Steuerrad, lachte, juchzte und trug sich mit goldener Füllfeder vor Hermann Lang und Rudolf Caracciola in das ledergebundene Siegerbuch ein.
Befriedigt und stolz fuhr er seinen Traction Avant über die Landstraßen, über Wohlen, Aarberg und Lyss nach Biel, parkte vor dem Hotel Elite, bezog ein Doppelzimmer, erkundigte sich nach dem Theater, aß etwas Kleines und ging zur Freiluftaufführung am See, in der Elsie die Zofe Mary in Shakespeares „Was ihr wollt“ spielte.
Elsie gefiel ihm, wie sie mit dem Narren und den anderen beiden die Intrige ausheckte, wie sie den Brief fälschte, und ihr glücklicher Gesichtsausdruck bei der Hochzeit im letzten Akt und beim Schlussapplaus senkte sich in Breiters Herz.
Nach der Aufführung ging er in das Zelt hinter der Bühne, das als Garderobe diente. Es roch nach Hautcrème, Schweiß und Nagellackentferner, einige Schauspieler waren bereits umgezogen, trugen noch die halbe Schminke im Gesicht, andere waren noch in voller Montur, herzten sich und freuten sich über die gelungene Vorstellung. Als Elsie Breiter sah, warf sie sich ihm an den Hals, liebkoste ihn und versicherte ihm, dies sei die schönste Überraschung, die er ihr heute machen konnte, nahm ihn bei der Hand und stellte ihn nicht ohne Stolz „als ihren allerliebsten Goldschatz“ den anderen Ensemblemitgliedern vor.
Man trank zusammen noch eine Runde Bier und Weißwein, Elsie machte sich auf, sich abzuschminken, während Breiter vor dem Zelt zwei Zigaretten rauchte und nachher noch ein paar Steine in den See warf.
Elsie kam, hakte sich bei ihm unter und so schlenderten sie noch ein paar Schritte am Seeufer entlang.
„Und, warst du eifersüchtig, als ich geheiratet habe?“, neckte sie ihn.
„Aber sicher. So eifersüchtig, wie man auf einen von Rülps sein kann. Aber die Szene mit dem Brief und wie du ihn hingeworfen hast, mit diesem „lieg du da“ – großartig. Und der Trottel Malvolio macht alles, was da drin steht, zieht sich gelbe Strümpfe an und lässt sich vom falschen Pfarrer noch weismachen, das Gefängnis sei gar kein Gefängnis, denn es gäbe ja überall Fenster. Wirklich komisch.“
„War ich wirklich gut?“
„Ja, sehr gut, du hast mir am besten von allen gefallen.“
„Das sagst du jetzt nur so.“
„Nein, wirklich.“
„Keine Schmiere?“
„Was ist Schmiere?“
„Wenn man allzu sehr übertreibt. Überspielt, weißt du.“
„Nein. Ich habe es dir geglaubt.“
„Glaubst du mir auch sonst?“
„Ja.“
„Ja?“
„Ja. Komm jetzt. Ich habe ein Zimmer im Elite genommen.“
„Toll. Gehen wir ein wenig im See schwimmen. Es ist so schön und warm.“
„Der See ist kalt.“
„Es ist gleich Juli. Komm, sei kein Frosch.“
„Da hinten bei den Bäumen.“
„Au ja, da hinten bei den Bäumen.“
Als sie das Hotel verließen, schlug Elsie die Richtung zum Bahnhof ein, Breiter fasste sie am Arm und führte sie in die Gegenrichtung bis zu einem nigelnagelneuen Citroën Traction Avant, ging zur Beifahrertüre, öffnete sie und bedeutete Elsie mit einem eleganten Armschwung, einzusteigen.
Elsies Mund blieb offen.
„Deiner?“
„Fang jetzt bitte nicht mit Einatmen, Ausatmen an.“
Sie drückte ihm demonstrativ ihre Tasche in die Hand, stieg so elegant sie konnte in den Wagen und setzte sich. So tief war sie noch nie in einem Automobil über der Straße gesessen.
„Da hat man ja den Hintern auf der Straße“, hörte Breiter sie noch sagen, ging um den Wagen, schwang die Tasche auf den Rücksitz, ließ sich auf der Fahrerseite in die Sitzbank sinken, legte die Hände auf das Steuerrad und sagte trocken: „Dafür hast du eine Straßenlage, ich sag dir.“
Er startete den Motor, fuhr zur Hauptstraße und bog ab Richtung Solothurn. Elsie sagte kein Wort, starrte geradeaus auf die Straße, mit einem Gesichtsausdruck, der das innere Wühlen und Wälzen nicht verbergen konnte.
Als Breiter die Hauptstraße verließ und sich aufmachte, über die Taubenlochschlucht in den Jura zu fahren, da konnte Elsie sich nicht mehr zurückhalten und fragte energisch: „Und?“
„Ja und? Gute Frage. Wir haben es. Wir haben es?“
„Ja?“
„Ja.“
Elsie rückte zu ihm rüber und drückte ihm einen großen Kuss auf die Wange.
Der Weg nahm an Steilheit zu. Breiter löste sich von ihr und schaltete zurück.
„Und jetzt, du großer Überraschungsjacques, du?“
„Haus.“
„Im
Weitere Kostenlose Bücher