Polgara die Zauberin
glaubt doch sicher nicht, daß er sie dann befolg'n tut?«
»Er wird sie befolgen, Killane. Glaub mir, er wird sie befolgen.«
»Tät mich absolut faszinier'n tun, zu seh'n, wie Ihr das anstellt, Fräuleinchen.« Er griff sich einen schweren Stuhl und nahm ihn sehr gemächlich und beinah ohne jede Geräuschentwicklung auseinander. Als er vollständig in seine Einzelteile zerlegt war, suchte er sich eins der Beine aus und ließ es ein paarmal durch die Luft zischen. »Das wird geh'n, will ich mal sagen«, stellte er fest, während er seine improvisierte Keule schwang.
»Wozu soll das gut sein?« fragte ich ihn.
»'ch werd was brauch'n, womit ich die Wachen ausschalt'n kann.«
»Warum fragst du mich nicht, bevor du noch mehr Möbel zerlegst?« legte ich ihm nahe. »Die Wachen sind kein Problem.«
»'ch würd nie Eure phänomenal'n Fähigkeiten in Zweifel zieh'n, Fräuleinchen«, sagte er, »aber ich denk mal, ich werde meine Keule hier behalt'n, nur für alle Fälle, will ich mal sagen.«
»Wenn es dir Spaß macht.« Ich lauschte einige Augenblicke an der Tür. Stille senkte sich über die Burg. Hier und da schlug eine Tür zu, und von ziemlich weit weg hörte man gelegentlich Gelächter und zotige Lieder. Ich öffnete die Tür einen Spalt und schaute auf zwei gelangweilt dreinblickende Wachen vor Nerasins Tür. »Schlaft«, murmelte ich ihnen leise zu, und einen Moment später lagen sie schnarchend am Boden, einer auf jeder Seite der Tür. »Komm«, sagte ich zu Killane, und wir beide traten in den Korridor hinaus.
Die Tür war nicht verschlossen, da man sie ja für bewacht hielt und Killane und ich standen binnen einer Minute in Nerasins Quartier.
Ich schickte meine Gedanken durch die Flucht miteinander verbundener Räume und fand heraus, daß niemand mehr wach war. Sodann schlichen Killane und ich weiter in das Schlafzimmer, wo Nerasin schnarchend und nur unvollständig entkleidet bäuchlings auf dem Himmelbett lag. Mir fiel auf, daß seine nackten Füße überaus schmutzig waren.
Killane schloß leise die Tür. »Hättet Ihr gern, daß ich ihn weck'n tät?« flüsterte er.
»Noch nicht«, sagte ich leise. »Zuerst nüchtere ich ihn lieber aus. Dann ist er bei Bewußtsein, wenn er aufwacht« Vorsichtig untersuchte ich den Mann, der sich selbst ›Herzog von Asturien‹ nannte. Er war von mittlerer Größe, hatte eine dicke Knollnase und kleine, tief eingesunkene Augen. Seine Haut war schlaff, sein Haar schütter und dunkel. Er war nicht allzu reinlich, und sein Atem roch wie ein Hauch aus einem frisch geöffneten Grab.
Die Rückstände starken Trinkens aus dem Körper eines Mannes zu entfernen, ist nicht besonders schwer, aber bevor ich dazu kam, wollte ich noch etwas in Nerasins Körper einsetzen. Ziemlich behutsam schickte ich einen Gedanken auf die Suche, lokalisierte seinen Magen und entfernte sorgfältig die Schleimhaut im unteren Drittel. Dann schabte ich die Magenwand selbst weg, bis sich dort eine offene Wunde befand. Nerasins Verdauungssäfte sollten den Rest besorgen. Anschließend reinigte ich seinen Körper von allem, was er an jenem Abend getrunken hatte, immer auf der Hut, nicht zu hastig vorzugehen. Als ich die Überzeugung gewann, er stehe kurz davor, den Brand zu bemerken, den ich soeben in seinem Bauch gelegt hatte, lockerte ich die Muskeln in seinem Kehlkopf soweit, daß er nicht mehr schreien konnte – nun, jedenfalls nicht hörbar.
Der vermeintliche Herzog von Asturien erwachte ziemlich abrupt.
Dem etwas enttäuschten Ausdruck auf seinem Gesicht entnahm ich, daß lautloses Schreien nicht sehr befriedigend ist. Es beflügelte jedoch, mit anzusehen, wie er sich vor Schmerzen wand.
»Guten Abend, Euer Gnaden«, begrüßte ich ihn freundlich. »Ist das Wetter nicht ausgesprochen milde für diese Jahreszeit?«
Nerasin krümmte sich zu einer Kugel zusammen, preßte die Hände auf seinen Magen und versuchte mit aller Kraft, zumindest ein leises Piepsen auszustoßen.
»Ist irgend etwas nicht in Ordnung, lieber Junge?« fragte ich, Besorgnis heuchelnd. »Ihr habt vermutlich etwas Falsches gegessen oder getrunken.« Ich legte ihm die Hand auf die stark schwitzende Stirn. »Nein«, entschied ich, »das scheint nicht auf das Essen zurückzuführen zu sein. Laßt mich kurz nachdenken.«
Ich setzte eine Miene übertriebener Nachdenklichkeit auf, während mein ›Patient‹ in seinem Bett um sich trat.
Dann schnippte ich mit den Fingern, als sei mir plötzlich eine Idee gekommen. »Aber natürlich!« rief ich
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