Polgara die Zauberin
herumfuchteln mußte. »Seht in Euren Spiegel, Sally. Das werde ich derjenigen Salmissra antun, die das Pech hat, mich zu erzürnen.«
Salmissra – irgendeiner Salmissra – zu sagen, sie solle in ihren Spiegel blicken, war vermutlich dasselbe, wie Wasser zu sagen, es solle bergab fließen. Sie warf einen Blick in den großen Spiegel neben ihrem Thron und kreischte in tödlichem Entsetzen auf. Das Bild einer mächtigen, gefleckten Schlange mit starrem Blick und vorschnellender Zunge sah sie aus dem Spiegel an. »Nein!« schrie die Schlangenkönigin, während sie mit fliegenden Händen ihr Gesicht, ihr Haar und ihren Körper betastete, um sich verzweifelt zu vergewissern, daß das abstoßende Spiegelbild nicht ihren wahren Zustand wiedergab. »Macht, daß es verschwindet!« winselte sie.
»Noch nicht, Sally, meine Beste«, sagte ich kühl. »Ich möchte, daß es Euch in immerwährender Erinnerung bleibt. Also, hat unser Chammiechen hier versucht Euch sein abgedroschenes Versprechen aufzudrängen? Ihr habt doch nicht wirklich geglaubt Torak würde Euch heiraten?«
»Er hat es mir versprochen!« erklärte Salmissra und zeigte anklagend auf den zitternden Grolim.
»O Chammiechen, Chammiechen, Chammiechen!« schalt ich ihn. »Was soll ich nur mit dir machen? Du weißt doch, daß das gelogen war. Du weißt ganz genau, daß Toraks Herz einer anderen gehört« Ich bluffte natürlich. Ich war mir nicht völlig sicher, ob Chamdar in Vo Mimbre gewesen war.
»Wen liebt Torak denn?« wollte Salmissra mit betroffener Stimme wissen. Bis zu diesem Zeitpunkt muß sie, wie ich annehme, sich noch Hoffnungen gemacht haben.
»Wen?« antwortete ich. »Na, mich selbstverständlich, Sally. Ich dachte, jeder wüßte das. Er hat mir sogar einen Antrag gemacht und war schrecklich geknickt als ich ihm einen Korb gab. Um bei der Wahrheit zu bleiben, das war der Grund, warum er den Zweikampf gegen Brand vor Vo Mimbre verloren hat. Der Arme hat doch nur ein Auge, und das war so voll von Tränen der Enttäuschung, daß er Brands Schwert nicht kommen sah. Ist es nicht hinreißend, wenn deine Verehrer sich um dich schlagen, um dir ihre Liebe zu beweisen? Es ist ja so romantisch, das ganze Blut spritzen zu sehen. Ich habe am ganzen Leib gezittert, als Torak da stand mit diesem Schwert durch den Kopf, oh!«
Ich vernahm ein unterdrücktes Schluchzen und warf einen raschen Blick zu Chamdar herüber. Der Murgo weinte doch tatsächlich! Nun ja, schließlich war Torak sein Gott.
»Also dann, Sally, ich denke, Ihr erkundigt Euch am besten bei diesem Salas danach, was der Salmissra widerfuhr, die den Mord an dem rivanischen König in Auftrag gab. Wenn Ihr Chammiechens Lügen weiterhin Glauben schenkt, geht Ihr denselben Weg. Wenn die Alorner Euch in die Finger bekommen, verbrennen sie Euch auf dem Scheiterhaufen. Denkt darüber nach, und dann werft noch einen Blick in den Spiegel. Scheiterhaufen oder Schlange, Ihr habt die Qual der Wahl, Sally.« Dann richtete ich den wohlbekannten ›stählernen Blick‹ auf den noch immer rotäugigen Chamdar. »Chammiechen, du böser, böser Junge! Jetzt verlaß sofort diesen Raum und geh zurück nach Rak Cthol. Sag Ctuchik, er soll sich etwas Neues einfallen lassen. Oh, und richte ihm bitte meine Empfehlungen aus, ja? Sag ihm, ich brenne darauf, ihn zu sehen.«
»Aber –«, wollte er einwenden.
»Ihr habt gehört, was sie gesagt hat, Chamdar!« fuhr Salmissra ihn an. »Geht mir aus den Augen. Und sputet Euch. Eure diplomatische Immunität endet in genau einer halben Stunde, und nach Ablauf dieser Frist werde ich einen Preis auf Euren Kopf aussetzen. Und jetzt hinaus!«
Chamdar floh.
»Nett gesagt«, lobte ich Salmissra.
»Kann ich das wirklich tun, Pol?« wollte sie in ungläubigem Tonfall von mir wissen.
»Es ist Euer Königreich, meine Liebe«, bestätigte ich ihr. »Ihr könnt tun, was immer euch beliebt.«
»Können wir nicht Freunde sein, Ihr und ich?« meinte sie.
»Ich denke, das sind wir bereits«, versetzte ich lächelnd.
»Könntet Ihr dann wohl bitte diese gräßliche Schlange aus meinem Spiegel nehmen?«
Ich blieb noch mehrere Monate in Sthiss Tor und reinigte Salmissras Blut allmählich von den Rückständen der Rauschmittel, bis sie wieder zusammenhängend denken konnte. Sie war kein Geistesriese, aber nachdem sie erst einmal diesen giftigen Nebel durchdrungen hatte, begann sie vernünftig zu denken. Die Eunuchen, denen die tatsächliche Regierung oblag, waren über meine Einmischung mehr als nur ein wenig
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