Polifazios Vermächtnis (German Edition)
geraume Zeit an. Noch immer war der Esel voll bepackt mit all den Taschen.
„Das gibt es doch gar nicht! Hast du den armen Bruno etwa schon wieder geärgert?“ lachte Himbi.
„ Hol den blöden Esel sofort von mir runter! Sofort!“ schrie Mugel, dem das Verhalten von Bruno langsam wirklich auf den Geist ging.
Schließlich hatte Himbi erbarmen und ging zu Bruno herüber. Dann flüsterte er ihm etwas ins Ohr und sofort ließ er Mugel wieder frei. Dieser sprang vom Boden auf und ging hastig zum Holz. Schnell nahm er sich einige Scheite und begann damit, ein herrliches Feuer an ihrer Lagerstätte zu entzünden. Für den Rest des Abends war Mugel derart bedient, dass er nur noch das aller Nötigste sagte. Himbi hingegen amüsierte sich prächtig. Offenbar war Bruno wirklich ein ganz besonderer Esel, der ihm schon jetzt richtig Freude machte. Während Mugel das Feuer entzündete und anschließend eine köstlich duftende Suppe zubereitete, lud Himbi den Esel ab. Er fragte sich die ganze Zeit, warum Bruno wieder über Mugel hergefallen war. Doch das Einzige, was er aus Mugel heraus bekam, war, dass er den Esel lediglich abladen wollte. Offensichtlich hatte Bruno etwas dagegen gehabt, oder vielleicht war er ja auch einfach noch sauer wegen Mugels Gelächter heute Mittag. Wie dem auch sei, mit einem stetigen Grinsen im Gesicht bereitete Himbi mit all den Decken, die sie hatten, ein gemütliches und weiches Schlaflager um die Feuerstelle. Die Suppe schmeckte köstlich und Himbi fiel auf, dass Mugel ein ausgezeichneter Koch zu sein schien. Nachdem sie sich ihre Bäuche vollgeschlagen hatten, legten sie sich unter ihre Decken. Bruno legte sich an Himbis Kopf und schlief sofort ein. Mugel und Himbi lagen noch eine Weile still nebeneinander und starrten zwischen den Bäumen hindurch in den sternenklaren Himmel. Es dauerte nicht lange und sie schliefen ebenfalls ein. Am nächsten Morgen wachten sie schon zeitig auf. Ihre Decken waren klamm und soweit sie sehen konnten lag ein etwa handbreiter Dunst über dem Sumpfboden. Das Feuer war bereits heruntergebrannt und qualmte nur noch ein wenig. Mit der restlichen, noch verbliebenen Glut, schaffte es Mugel, das Feuer noch einmal zu entfachen. Wie er das, mit dem jetzt feuchten Holz, schaffte, blieb sein Geheimnis. Zwar brannte das Feuer nicht mehr so stark wie gestern Nacht, aber es reichte dennoch dafür aus, eine Kanne Kaffe zu kochen. Nachdem sie ein kleines Frühstück zu sich genommen hatten, machten sie sich wieder reisefertig.
„Na, möchtest du den Esel beladen?“, neckte Himbi Mugel.
Dieser sah ihn böse von der Seite an und winkte nur kurz ab. Offensichtlich war er noch immer etwas angefressen wegen gestern Abend. Schließlich hatten sie alle ihre Sachen wieder zusammengepackt und marschierten weiter. Gegen Mittag hatte sich der leichte Dunst auf dem Boden aufgelöst und die Schwüle des Sommers war stattdessen wieder zurückgekehrt. Bruno machte den ganzen Morgen über viele Anstalten und weigerte sich oft weiterzugehen. Immer wieder mussten die beiden ihn ziehen, oder mit Möhren bestechen. Himbi fragte sich, wie lange der Vorrat an Karotten noch ausreichen würde. Langsam ärgerte er sich auch ein bisschen über den störrischen Esel. Kurz nach ihrer Mittagspause erreichten sie ein weitaus besser begehbares Stück Weg, als zuvor. Von weiten sahen sie einen riesigen Baumstumpf am Wegesrand stehen, doch schon beim Näherkommen erkannten sie, dass es ein umgekippter Wagen war. Schnell gingen sie näher an den Wagen heran und erkannten sofort, dass dieser noch völlig intakt war. Er wurde lediglich auf die Seite geworfen.
„Das ist komisch! Wie kann ein Wagen auf einer Geraden umkippen?“ fragten sich die beiden und untersuchten den Karren genauer.
Die beiden gingen einmal um den Wagen herum und erschraken sofort. Auf der Stelle, an der der Kutscher normalerweise saß, befand sich ein riesiger Blutfleck. An der Seite des Karrens steckten vereinzelt schwarz gefiederte Pfeile. Ansonsten war der Wagen leer.
„Das waren Straßenräuber!“, sagte Mugel ernst.
Er berührte mit seinem Zeigefinger die Blutlache und zerrieb den Blutfleck dann auf seinem Daumen.
„Keinen Tag alt!“, sagte er schließlich bedrückt und sah Himbi dabei ernst an.
„ Kennst du die Straßenräuber in diesem Gebiet?“, fragte Himbi.
„ Nicht persönlich, wenn du das meinst. Aber ja, ich habe schon oft von ihnen gehört, oder wie hier, ihre Werke
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