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Polizei-Geschichten

Polizei-Geschichten

Titel: Polizei-Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Dronke
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Kind. Sie betrach-
    tete lachend und weinend in Freude die kleinen Züge ihres
    Ebenbildes, kaum wagte sie aus liebender Besorgniß das-
    selbe zu küssen und zu liebkosen, ihre selige Lust nahm
    all ihr Denken und Sinnen gefangen. Umsonst suchte ihre
    frühere Herrschaft sie zur Rückkehr zu bewegen, umsonst
    stellten sie ihr vor, daß sie ja nicht im Stande sei, ihren
    Unterhalt zu gewinnen: sie wollte sich nicht von ihrem
    Kinde trennen, und nichts vermochte sie abzuhalten, ihm
    selbst die Brust zu reichen. Ihre Zukunft kümmerte sie
    nicht, — was würde denn auch ihre Zukunft ohne ihr Kind
    sein?
    Als sie zu der Frau gezogen war, hatte sie eine kleine
    Summe mitgebracht, die sie sich aus Ersparnissen und
    Weihnacht- und Neujahrgeschenken gesammelt hatte. Da
    außerdem die Kosten ihrer Entbindung von den Wirthsleu-
    ten bezahlt worden waren, so war sie für’s Erste im Stande,
    bei der Frau noch eine Zeitlang ihren Aufenthalt nehmen
    zu können. So blieb sie denn auch volle drei Monate hier,
    einzig und allein für die Pflege ihres Kindes besorgt. End-
    lich aber schwand auch der letzte Rest ihres kleinen Besit-
    zes. Sie theilte dies offen ihrer Wirthin mit, und diese, wel-
    che sie nun nicht länger behalten wollte, gab ihr den Rath,
    sich zu einer ihrer Nachbarinnen, einer alten Wäscherin, zu
    begeben, welcher sie dann Hülfe bei der Arbeit leisten solle.
    Nach einigen Unterhandlungen zeigte sich die Wäscherin
    auch dazu erbötig und Mathilde zog noch am selbigen Tage
    mit ihren Habseligkeiten in die Wohnung derselben.
    
    Ihre neue Wirthin war freundlich und zuvorkommend ge-
    gen sie. Es war eine kleine, ältliche Frau von eben nicht
    einnehmenden Zügen, aber Mathilde fühlte den mißtrau-
    ischen Widerwillen, den ihr die Alte beim ersten Anblick
    einflößte, bald wieder vor ihrem gutmüthigen Geschwätz
    und ihrer hilfreichen Aufmerksamkeit für das Kind ver-
    schwinden. Die Alte schaffte und sorgte für sie auf die be-
    ste Weise. Nur über die Arbeit und den Verdienst klagte
    sie beständig, und allerdings bemerkte Mathilde, daß die
    Alte eben keine Beschäftigung hatte. Da suchte sie der Al-
    ten Trost und Muth zuzusprechen, sie, deren eigne Lage
    doch selbst der Hülfe so bedürftig war, — allein für was
    hat ein glückliches Mutterherz keinen Trost? Da sie jung,
    geschickt und arbeitsam war, so erbot sie sich, um sich
    der Wirthin ebenfalls hülfreich zu zeigen, für fremde
    Leute Näh- oder Stickarbeit zu machen, falls sie derglei-
    chen Aufträge erhalten könnte. Die Alte war damit zufrie-
    den, meinte aber doch gleich, daß das auch sehr ungewiß
    sei.
    Mittlerweile waren die ersten Tage dieser neuen Ein-
    richtung verflossen. Da gegen Ende der Woche kam eines
    Morgens die Alte ganz bestürzt in Mathildens Kammer,
    und sagte, der Polizeikommissair sei unten und verlange
    mit ihr zu sprechen. Mathilde erschrak, ohne eigentlich zu
    wissen, warum, aber der bloße Name der Polizei genügt
    bei den Armen und Hülflosen, um auch dem unschuldig-
    sten, reinsten Gemüth Angst und Entsetzen einzujagen. Sie
    warf ein Tuch über, bat die Alte bei dem Kinde zu bleiben,
    und eilte mit einem in bebender Ahnung klopfenden Her-
    zen hinunter zu dem Mann, in dessen Händen ihre ganze
    Zukunft lag.
    Der Polizeikommissair schien beim ersten Anblick von
    dem Ausdruck ihrer kindlichen Züge, auf welchen sich
    Scham und spannende Besorgniß malten, und von ihrem
    ganzen sittsamen Wesen überrascht zu sein. Aber eine
    lange Erfahrung hatte ihn mißtrauisch gegen das günstige
    Vorurtheil eines solchen ersten Eindruckes gemacht, und
    gleichsam um sein Gefühl zu bewältigen, wurde seine
    Stimme noch rauher und mürrischer als sonst.
    Er begann mit der Vorhaltung, daß sie nun schon län-
    gere Zeit, als dies die Polizeivorschriften gestatteten, hier
    bei der Alten wohne, ohne sich einen neuen Dienst zu
    verschaffen, und fragte dann ziemlich grob: was sie denn
    treibe? was sie überhaupt hier wolle?
    Mathilde erzählte ihm mit befangener Stimme, auf wel-
    che Weise sie zu der Alten gekommen sei, und wie sie ihr
    die Kosten ihres Aufenthalts durch häusliche Arbeit und
    Hülfleistung beim Waschen ersetzen wolle.
    „Das sind faule Fische!“ erwiderte der Polizeibeamte
    barsch. „Die Alte hat selbst nichts zu leben und die Wä-
    scherei ist nur so ein fauler Vorwand. Die Vettel hat schon
    zweimal im Arbeitshaus gesessen, und wenn sie nicht hier
    geboren und heimisch wäre, würden wir sie schon

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