Poltergeist
Antiquariats?« Ich bemerkte, dass ich die ganze Zeit in der Vergangenheit über Mark sprach. Doch zu meiner Erleichterung schien Phoebe nichts aufzufallen.
»Mark arbeitet so etwa seit drei Jahren für mich, glaube ich. Er ist immer zuverlässig gewesen, auch wenn er wirklich gerne flirtet und seine Späßchen macht. Er bringt die Leute zum Lachen und treibt seine Spielchen mit ihnen, aber die mögen das. Man merkt gleich, dass er nichts Gemeines an sich hat. Er ist ein netter Junge und kommt sowohl mit seinen Kollegen als auch mit den Kunden gut aus, ist intelligent und liest natürlich viel. Du weißt ja, dass ich niemanden einstellen würde, der nicht gerne liest. Alle mögen ihn – vor allem die Frauen. Na ja, kein Wunder bei diesen großen dunklen Augen und den wilden Haaren, die ihn irgendwie so romantisch wirken lassen. Vermutlich mögen ihn auch einige Männer, aber daran ist er nicht interessiert, so weit ich das sagen kann.«
»Hat er eine Freundin?«
»Momentan nicht. Er ist eine Zeit lang mit Amanda zusammen gewesen, aber das ist schon wieder vorbei. Ist mir
auch ganz recht so. Ich schätze keine Romanzen am Arbeitsplatz. Seit einiger Zeit ist er wohl Single. Vermutlich hat er zu viel zu tun.«
»Was hat er denn getan – außer hier zu arbeiten?«
»Ich glaube, er versucht ein Volontariat oder so etwas zu bekommen.«
»In welcher Sparte?«
»Na ja, er hat letztes Jahr seinen Abschluss in Bühnenbeleuchtung und Bühnenbild gemacht. Ich glaube, er wollte für die Oper arbeiten, aber leider brauchen sie da gerade niemanden, und jetzt bewirbt er sich bei kleineren Theatern. Soweit ich weiß, will er am liebsten hier in der Stadt bleiben, aber die einzigen Angebote, die er bekommen hat, kamen aus dem Mittleren Westen und von der Ostküste.«
»Und in letzter Zeit? Was war da los? Du meintest, dass er das Pech anzuziehen schien.«
Phoebe lachte. »Nein, so direkt kann man das nicht sagen. Aber vor etwa einem Monat wurde hier im Laden eingebrochen und alles durcheinandergeworfen. Nichts Schlimmes. Hinten im Lager und im Büro herrschten ein ziemliches Durcheinander, Bücher waren aus den Regalen gerissen worden, und der Alarm ging los. Und dann hatten wir den Poltergeist.«
»Was?« Ich starrte sie fassungslos an.
»Ich weiß nicht, wie ich es sonst nennen soll. Du weißt, dass ich normalerweise niemand bin, der an so etwas glaubt. Aber was kann das sonst sein, wenn plötzlich Bücher von ganz allein durch den Raum fliegen oder Dinge verschwinden, um dann an den unmöglichsten Stellen wieder aufzutauchen? Und die Katzen verstecken sich seit neuestem unter den Regalen!« Sie zeigte in den Laden hinaus. »Oder siehst du irgendwelche Katzen?«
Ich blickte mich um und schaute in den Spiegel. »Ich kann Möbius auf der Kasse liegen sehen.«
»Möbius ist ja auch nur ein Bauch mit Beinen dran, der glaubt, dass er ein Stück von Amandas Sandwich abbekommt, wenn er sie lange genug anstarrt. Bisher hat es noch nie funktioniert, aber er gibt die Hoffnung nicht auf. Meiner Meinung nach hat diese Katze einen Hirnschaden. Aber was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass sich die Katzen neuerdings verstecken, wenn Mark hier ist. Jetzt kommen sie allmählich wieder hervor, weil er nicht mehr da ist.«
»Die Katzen mögen Mark also nicht?«
»Mann, Mädchen! Heute bist du aber etwas schwer von Begriff. Nein – sie waren früher ganz verrückt nach ihm. Jetzt haben sie nur Angst, weil immer so seltsame Dinge passieren, wenn er hier ist. Tiere sind nicht dumm, weißt du? Die spüren häufig mehr als wir. Mark kommt hereingeschneit, und sofort herrscht Chaos. Dem armen Möbius fiel zum Beispiel letzte Woche ein Band des Oxford English Dictionary auf den Schwanz, und in der Happy Hour brach vor einiger Zeit dieser Dinosaurierkopf da drüben plötzlich aus der Wand.«
Sie zeigte auf die Reproduktion eines Tyrannosaurus-Schädels, der über der Espresso-Bar hing. »Ich sage dir eins – das muss aufhören, denn sonst wird mir nichts anderes übrig bleiben, als Mark zu kündigen.«
Ich schaute auf meine Tasse und stellte überrascht fest, dass ich sie leer getrunken hatte. »Dann hat Mark also heute hier gearbeitet?«
»Ja, er hat sich heute mit einem anderen Mitarbeiter die Schicht geteilt. Die erste Hälfte hat er bereits hinter sich, und um zehn kommt er wieder, um weiterzumachen.«
»Um wie viel Uhr ist er denn weg?«
»Um zwölf. Er ist um acht gekommen. Mittwochs muss er immer an die Uni … Ach, das
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