PolyPlay
Druck machen, aber der Staatsanwalt hat sie angeordnet. Zum Glück ist er damit nicht zum Bezirksstaatsanwalt gelatscht. Verdacht § 98 c StGB, Computersabotage, du weißt schon. Uwe und seine Gruppe sind schon unterwegs, ich schalte sie euch gleich zu. Vergesst nicht, das darf auf keinen Fall so aussehen, als würde es sich gegen Katharina Abusch richten. Wir ermitteln in einem Mordfall und untersuchen mögliche kriminelle Kontakte des Opfers, darum geht es. – Ich bin auch mit dabei, wenn es dir recht ist.«
Nein, war es nicht.
»Ja natürlich, Achim«, sagte Kramer
Ein kleines schwarzes Fenster erschien, und Kramer hörte die Geräusche eines fahrenden Autos.
»Uwe, bist du das? Hier Kramer. Macht mal die Kamera an.«
Die Kamera ging an, und Kramer und Pasulke sahen durch die Frontscheibe eines fahrenden Autos auf eine nichts sagende Berliner Straße: Die Kamera steckte in der Brille des Fahrers. Kramer machte das Fenster mit der Maus größer.
»Wo seid ihr?«, fragte er.
»So gut wie da.«
»Also gut. Folgendes. Gestern war ich bei Frau Abusch, die ihr auch gleich kennen lernen werdet, und ich habe in dem Zimmer ihres toten Sohnes etwas sehr Seltsames gesehen: einen unglaublich modernen Rechner. Einen, den es gar nicht geben kann. Den will ich haben.«
»Du, Rüdiger«, sagte Uwe Merz, seines Zeichens Leiter der Durchsuchungs- und Dokumentationsgruppe 1 bei der Polizeiinspektion der VP Friedrichshain, »mit so was kenn ich mich aber gar nicht aus.«
Er sagte es in treuherzigem Tonfall. Seine beiden Begleiter lachten. Uwe Merz galt als einer, der mit Computern zaubern konnte. Pasulke rollte mit den Augen.
»Schon gut, Uwe. Wenn du's nicht blickst, dann wissen deine Kollegen ja vielleicht mehr. Ihr geht rein, zweite Tür im Flur rechts. Da ist das Jugendzimmer von Michael Abusch. Totales Chaos. Auf dem Tisch stehen zwei Rechner, der eine, den ich wirklich haben will, und so eine alte Vor-Wende-Knotte, die nehmt ihr auch mit. Greift euch auch ein bisschen von dem Müll, der sonst so rumliegt, Disketten, Bauteile, ihr werdet schon sehen. Das wirkliche Ziel ist dieser Rechner.«
»Jawoll, Genosse Oberleutnant Kramer«, sagte Leutnant Merz, und dann sangen er und seine beiden Begleiter das »Lied der Volkspolizei«: »Wir dienen der Arbeiterklasse / dem Volk, das so fleißig sich müht / dass endlich für immer die Erde / vom Unheil befreit voll erblüht.«
»Oh Mann«, sagte Pasulke.
Uwe Merz und seine Leute waren in der ganzen Dienststelle auch als Scherzkekse bekannt. Sie sangen und sangen, und Kramer stellte den Ton ab.
»Hältste ja nich aus.«
Sie parkten das Auto vor dem Gartentor zur Villa, und Kramer schaltete den Ton wieder zu. Der Kiesweg, die Sandsteintreppe, die Klingel: Kramer kannte das schon. Hundegebell, das gleiche Ritual mit dem Ausweis wie gestern.
Frau Abusch hatte sich anscheinend gefangen. Wenn sie noch erschüttert war, verbarg sie es gut. Merz sagte sein Sprüchlein von der Durchsuchungsanordnung wg. § 98 c StGB (Computersabotage) auf, und sie sagte: »Selbstverständlich.«
»Zweite Tür rechts«, gab Kramer ihm noch einmal durch, und sie standen in Michael Abuschs Zimmer. Ein Kollege von Merz führte Frau Abusch derweil ins Wohnzimmer, damit sie der Volkspolizei nicht ins Handwerk pfuschte. Der zweite blieb bei Merz. Der trat sofort auf den Tisch zu, den Kramer beschrieben hatte, und da sah auch Kramer, durch die Kamera in Merzens Brille (und er war sich peinlich der Tatsache bewusst, dass auch Pasulke und Lobedanz es sahen): Es stand nur ein Rechner auf dem Tisch. Und zwar der alte EC 1835.
»Scheiße«, sagte Kramer.
»Du sagst es«, gab Merz zurück. »Wo ist dein Wunderding? Hätte mich interessiert. Schon rein privat.«
»Sie hat es weggeschafft. Oder irgendwer sonst.«
»Ja und? Sollen wir die ganze Villa durchsuchen? Oder vielleicht ganz Berlin? Das Teil kann mittlerweile wer weiß wo sein.«
»Richtig«, sagte Kramer resigniert, »richtig.«
Er dachte nach. Er sagte: »Packt ein, was ihr tragen könnt, und dann ab durch die Mitte.«
Er wartete nicht einmal Merzens Entgegnung ab, bevor er das Fenster wegklickte. Alles, was jetzt noch in der Villa vorging, war nur ein Versuch, das Gesicht zu wahren. Kramer wartete auf den unvermeidlichen Kommentar von Lobedanz.
»Das war nicht gut«, sagte das Lobedanz-Abbild auf dem Schirm. Kramer kannte diesen Satz. Er drückte auf der persönlichen Wertungsskala seines Chefs die Stufe höchster Missbilligung aus. Wenn
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