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PolyPlay

PolyPlay

Titel: PolyPlay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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es auch in diesem Tümpel hier an groben Lebewesen geben mag, die alle sind ins Netz hineingeraten. Wenn sie hochtauchen, tauchen sie als gebunden hoch; wenn sie hochtauchen, tauchen sie hier als gefangen, als ins Netz hineingeraten hoch – ebenso auch, ihr Mönche: Alle diejenigen Büßer und Brahmanen, die sich mit dem Voranfang befassen, die sich mit der Zukunft befassen, die sich mit Voranfang und Zukunft befassen, die über Voranfang und Zukunft spekulieren, in Bezug auf Voranfang und Zukunft verschiedenartige hochtrabende Lehrsätze vortragen, alle die sind in Bezug auf diese zweiundsechzig Besonderheiten ins Netz hineingeraten. Wenn sie hochtauchen, tauchen sie hier als gebunden hoch; wenn sie hochtauchen, tauchen sie hier als gefangen, als ins Netz hineingeraten hoch.«
    Kramer hatte sich schon nach den ersten Sätzen des Weißen nicht mehr konzentrieren können und in den immer dunkleren, von Fledermäusen gekreuzten Abendhimmel geblickt. Zweifellos hatte der Weiße das bemerkt, aber seinen Vortrag hatte er trotzdem gehalten. Was ist das eigentlich hier?, dachte Kramer.
    »Verstehen Sie, was der Buddha damit sagen will?«, fragte der Mann, anscheinend ehrlich an einer Antwort interessiert.
    »Nein«, sagte Kramer.
    »Ah«, seufzte der Weiße. Er klang enttäuscht. »Dieses Gleichnis vom Fischergehilfen erfrischt mich jedes Mal, wenn ich es lese. Geistig gesprochen.«
    »Aha«, sagte Kramer und sah den Weißen an. Es war schon zu dunkel, um seine Augen noch richtig sehen zu können, die Hutkrempe verdunkelte das Gesicht zusätzlich. »Kann schon sein. Aber ich bin nicht hergekommen, um mir irgendwelchen mystischen Unsinn anzuhören. Was wissen Sie über Michael Abusch?«
    »Über Michael Abusch? Wenig und doch sehr viel. Sie sind immer so direkt, Genosse Oberleutnant. Manchmal führen Umwege schneller und sicherer zum Ziel als die breite Schnellstraße. Es ist nicht alles wie es scheint. Denken Sie doch einmal an Herr Schwernik und seinen Todesgarten. Denken Sie doch überhaupt einmal.«
    Kramer hatte genug. Der Fall mochte abgeschlossen sein, aber hier hatte er einen Verdächtigen – den ersten konkreten Verdächtigen, der ihm überhaupt über den Weg gelaufen war –, und selbst wenn Lobedanz ihn in der Luft zerreißen würde, wollte er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen.
    »Wissen Sie was?«, sagte er. »Wir machen das jetzt ganz anders. Ich nehme Sie fest, und dann reden wir auf der Inspektion mal Klartext. Wie finden Sie das?«
    Der Weiße lächelte so breit, dass man seine Zähne sehen konnte. »Sie nehmen mich fest?«, sagte er. »Wie putzig!«
    Dann sprang er schockierend schnell auf und lief weg. Als Kramer ihm hinterhersetzen wollte, stolperte er über einen der Sitzränge und fiel hin. Kaum hatte er sich aufgerappelt, wurde er wie von einem leichten Faustschlag an der Brust getroffen. Verwirrt taumelte er zurück. Eine Fledermaus, dachte er, das muss eine Fledermaus gewesen sein. Er fing sich und suchte die Umgebung nach dem Flüchtigen ab. Plötzlich konnte er den Mantel des Weißen durch die Büsche des Hinterhofparks schimmern sehen. Offenbar hatte er vor, sich dort zu verstecken. Dumm gelaufen, dachte Kramer. Hättste nur den offiziellen Ausgang genommen. Er warf sich mit gezogener Pistole in das Strauchwerk und nahm die Verfolgung auf.
    So schnell der Weiße davongelaufen war, so unbeholfen bewegte er sich durch die Büsche. Er hatte seinen Hut verloren und schien auch ein wenig kleiner zu sein als vorhin, aber das kam wohl daher, dass er sich geduckt hielt. Kramer holte ihn ein. Hat ihm schon, dachte er, als er den Weißen am Arm packte. Aber noch während er ihn herumriss, dachte er: Hier stimmt was nicht.
    »Nicht schießen!«, schrie eine hohe Stimme, und Kramer sah in ein Frauengesicht, das ihm bekannt vorkam. »Nicht! Ich ergebe mich!«
    Es dauerte eine Weile, bis er sie erkannte: Vor ihm stand Katharina Abusch, hell gekleidet wie der Weiße, keuchend und schluchzend, ganz Angst und Verzweiflung.
    »Frau Abusch!«, sagte er entgeistert, während er die Pistole sinken ließ und den Griff an ihrem Arm lockerte. »Was machen Sie denn hier?«
    »Nicht schießen«, sagte sie weinend.
    »Nein«, stammelte er, »natürlich nicht.« Er steckte die Pistole weg.
    »Ich habe zufällig gesehen, wie Sie vorhin aus dem Auto gestiegen sind. Dann bin ich Ihnen gefolgt. Lassen Sie mich in Ruhe!«
    Sie wollte sich seitlich an ihm vorbeidrücken. Kramer hielt sie auf.
    »Sie sind mir gefolgt?

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