PopCo
seltsamen Wesen? Ihr habt es sicher schon erraten: weibliche Teenager. Junge Mädchen. Das ist an sich nicht
weiter überraschend. Wie ihr alle wisst, waren die Verkaufszahlen der Videospiele mit Star Girl und Ursula enttäuschend, und
wir mussten die geplante
Ophelia-Dust -Reihe
in letzter Minute zurückziehen. Junge Mädchen wollen keine Videospiele, sie wollen keine Sammelkarten, und sie wollen auch
keine Gimmicks, mit denen sie ihre Freunde abknallen können. Was wirklich ein Jammer ist, denn in der Gesamtgruppe der Unter-Achtzehnjährigen
verfügen gerade sie über das höchste unabhängige Einkommen. Sie fangen früher als gleichaltrigeJungs damit an, ihr eigenes Geld zu verdienen, und haben den größeren Drang, dieses Geld dann auch aktiv auszugeben. Während
ein Junge im Teenageralter dazu neigt, sich auf möglichst unkomplizierte Weise das neueste angesagte Videospiel zu bestellen,
stöbern Mädchen in Geschäften und suchen nach Dingen, die ihnen Erfolg in ihrer Peergroup verschaffen, ihr Aussehen verbessern
oder sie noch beliebter machen. Das wissen wir alles längst. Aber haben wir durch dieses Wissen irgendwelche Produkte auf
den Markt gebracht, die junge Mädchen ansprechen? Nein. Kein einziges. Und genau da kommt ihr ins Spiel.» Er nickt uns zu
und macht dann Georges ein Zeichen, der daraufhin das Wort ergreift.
«Wir sind richtig schlecht darin, Produkte an diese Mädchen zu verkaufen», verkündet er kopfschüttelnd. «Das einzig Gute ist,
dass es Mattel, Hasbro und all den anderen auch nicht besser geht. Aber ist das vielleicht ein Grund zum Feiern? Nein. Wir
haben allesamt versagt. Und für PopCo ist das einfach nicht gut genug. Nenn mir irgendeinen Hype.» Er deutet auf die Assistentin
aus Battersea.
«Oh … äh … Pokémon», sagt sie.
«Noch einen.» Georges deutet auf jemand anderen.
«Die Power Rangers.»
«Gut. Jetzt du.» Er zeigt auf Dan.
«Einen Hype aus der Spielzeugbranche?», fragt Dan.
«Nein. Einfach irgendeinen», sagt Georges.
«Ja … äh … dann … Skateboardfahren.»
Es werden noch ein paar andere Hypes genannt. Die meisten beziehen sich auf bestimmte Marken, andere, wie das Skateboardfahren,
sind Sport- oder Freizeitaktivitäten, auf die diverse parasitäre Marken aufgesprungen sind. Als schließlich jemand
Hello Kitty
nennt, hebt Georges die Hand.
«Aha», sagt er. «Wenn ich ein junges Mädchen wäre, würde ich jetzt überhaupt erst zuhören. Da spricht ja wenigstensmal irgendwer meine Sprache. Sanrio ist offenbar das einzige Unternehmen der Welt, das halbwegs zu wissen scheint, wie man
einen Hype bei Teenies auslöst. Aber ist Sanrio wirklich ein Spielzeughersteller, oder fällt das nicht eher unter Merch?»
Merch
ist die Abkürzung für
Merchandise
, ein Ausdruck, der in letzter Zeit schwer in Mode gekommen ist. Soviel ich weiß, stammt er ursprünglich aus der Popmusikbranche
und bezieht sich auf die T-Shirts , CDs und Buttons, die bei Konzerten an kleinen Tischen verkauft werden. «Seien wir doch mal ehrlich», fährt Georges fort.
«Mit
Hello-Kitty -Pro
dukten
kann man eigentlich nicht spielen. Das Ganze ist also eher ein Modephänomen als ein Spielzeug-Hype. Man kann die Sachen anziehen
und sie sammeln, aber viel mehr geben sie eigentlich nicht her. Zum Spielen taugen sie nicht, und man kann auch nicht im eigentlichen
Sinn Spaß damit haben. Obwohl es also wie ein Spielzeug-Hype daherkommt, ist es in Wirklichkeit keiner. Aber ich will euch
hier nicht mit technischen Details nerven.» Er lächelt, und ich stelle ihn mir nach Dienstschluss vor, auf dem Rücksitz des
Firmenwagens …
Schluss damit, Alice
. «Ihr wisst zwar immer noch nicht, warum ihr eigentlich hier seid, aber vielleicht wagt ihr ja jetzt schon die eine oder
andere Prognose. Und ihr hättet recht damit. Ihr seid unser neues Spitzenteam, unsere Gardetruppe, unsere … jetzt gehen mir gerade die Metaphern aus …» Georges lacht.
«Unsere Elite», übernimmt Mac und erhebt sich lächelnd. «Es dreht sich um Folgendes. Ihr seid aus den verschiedenen europäischen
I D-Teams von PopCo speziell für dieses Projekt ausgewählt worden. Eure Aufgabe ist es, ein neues Produkt für weibliche Teenager zu
schaffen, mit einem ganz spezifischen Hype-Potenzial. Um euch dabei zu unterstützen, haben wir ein Programm aus Seminaren,
Vorträgen, Ideenentwicklungs-Workshops und noch ein paar weiteren Leckerbissenzusammengestellt. Ihr
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